Am Samstag sollen sich über 100 Personen der feministischen Streikkollektive aus der ganzen Deutschschweiz getroffen und Forderungen für den feministischen Streik am 14. Juni 2023 diskutiert haben. Dies ging am Montag aus einer Medienmitteilung hervor.
Der diesjährige Streik soll an jene von 1991 und 2019 anknüpfen und als dritter grosser Streik «in die Geschichte eingehen».
Warum es «schon wieder» einen schweizweiten Streik braucht, weiss Anna-Béatrice Schmaltz vom feministischen Streikkollektiv Zürich: «Die Gleichstellung ist immer noch nicht erreicht, darum braucht es den Druck von der Strasse.»
Auch der Frauenkongress des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) hat einem neuen nationalen Streik zugestimmt. Schmaltz sagt: «Wir reden von einem Streik, das beinhaltet auch Arbeitsniederlegung. Umso wichtiger ist es, dass die Gewerkschaften an Bord sind.» So wie sie es 1991 und 2019 auch waren.
Die Streiks von 1991 und 2019 waren die «grössten öffentlichen Mobilisierungen» in der Schweiz seit dem Landesstreik von 1918. Hunderttausende Frauen beteiligten sich an Protest- und Streikaktionen, um auf systemische und strukturelle Probleme hinzuweisen. 2019 gingen über 500'000 FLINTAQ* (Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans, agender und queere Personen) auf die Strassen.
Am 14. Juni 1991 fand der Frauenstreik zum ersten Mal statt – zehn Jahre nach der Abstimmung vom 14. Juni 1981, in der sich das Volk für die Verankerung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Verfassung aussprach.
Dass der diesjährige Streik der «dritte grosse und geschichtsträchtige» werden soll, hat auch mit der Covid-19-Pandemie zu tun.
Der feministische Streik von 2019 hat einiges bewirkt: Im National- und Ständerat ist der Frauenanteil gestiegen, der Vaterschaftsurlaub ist eingeführt worden und die Revision des Sexualstrafrechts à la «Ja heisst Ja» hat sich im Nationalrat durchgesetzt – und ist wieder zurück in den Ständerat gewandert.
Schmaltz sagt: «Das war nur dank des erstarkten feministischen Bewusstseins möglich, das der Streik von 2019 ausgelöst hatte.»
Nach dem «High» von 2019 ging es aber wieder bergab. Es kam die Covid-19-Pandemie und mit ihr verschlechterte sich vieles: Die häusliche Gewalt und die klassischen Rollenverteilungen von Frau und Mann nahmen zu.
Ausserdem mussten die Streiks von 2020 bis 2022 mit mehr Zurückhaltung stattfinden, weil teilweise noch Massnahmen galten. Das dürfte dieses Jahr nicht mehr der Fall sein.
Jetzt wollen die Streikkollektive wieder voll aufdrehen. Schmaltz sagt: «Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ist mit zwei neuen Initiativen strittig gemacht worden. Ausserdem wurde das Frauenrentenalter erhöht, obwohl die Mehrheit der Frauen an der Urne dagegen gestimmt hat.»
An der Zusammenkunft am Samstag wurden Forderungen in folgenden Bereichen besprochen: Altersvorsorge, Gesundheit, Bildung, unbezahlte Care-Arbeit, Erwerbsarbeit, geschlechtsspezifische Gewalt und Mehrfachdiskriminierungen.
Schmaltz sagt: «Auf die Mehrfachdiskriminierungen wollen wir besonders viel Aufmerksamkeit legen.» Das heisst: Eine Person, die weiblich und schwarz oder weiblich und migrantisch ist, ist mit doppelt so viel Diskriminierung konfrontiert wie eine weisse Frau. Dies gilt auch für non-binäre oder trans Personen. «Darum sprechen wir auch vom ‹feministischen Streik› und nicht mehr nur vom ‹Frauenstreik›. Damit sich alle angesprochen fühlen.»
Dieser inklusive und intersektionale Ansatz unterscheidet die aktuelle Feminismusbewegung von ihren Vorgängerinnen.
„Ausserdem wurde das Frauenrentenalter erhöht, obwohl die Mehrheit der Frauen an der Urne dagegen gestimmt hat.“
Genau mein Humor! ;)
Warum nennt ihr es nicht einfach Gleichstellungsstreik. Dann würden sich auch Männer angesprochen fühlen, die benachteiligt werden. Oder sind euch benachteiligte Männer egal?