Nebel
DE | FR
Schweiz
Frauenstreik

Frauenstreik: So regeln Migros, Hiltl und Co. die Arbeit am 14. Juni

Around 400 women are on strike in Berne, Switzerland, on the occasion of the national women's strike on June 14, 1991. Women are asking for the implementation of the constitution article on the e ...
Am 14. Juni 1991 besetzten Frauen den Bundesplatz in Bern. Bild: KEYSTONE
Frauenstreik

Steht die Schweiz am 14. Juni still? So regeln Firmen den Frauenstreik

Kann ich am Frauenstreik in die Ferien fliegen? Ist der Spitalbetrieb sichergestellt? Und macht die Migros zu? So handhaben Unternehmen und Verwaltungen den Frauenstreik.
23.05.2019, 06:4312.06.2019, 10:51
Mehr «Schweiz»

Der Countdown läuft: Am 14. Juni legen landauf, landab tausende Frauen ihre Arbeit nieder und gehen auf die Strasse. Droht nun in der Schweiz das grosse Streik-Chaos? «Die Bewegung nimmt extrem an Fahrt auf», sagt Christine Flitner von der Gewerkschaft VPOD. So sei bereits praktisch alles Werbematerial wie Fahnen und Sticker vergriffen.

Aber wie reagieren die Schweizer Firmen auf den Frauenstreik?

Was passiert in den Spitälern?

In den Spitälern geht es nicht selten um Leben und Tod. 80 Prozent der Angestellten sind Frauen. Der Druck auf das Pflegepersonal habe in den letzten Jahren extrem zugenommen. «Es gibt Krankenhäuser, wo Protestpausen oder Streik-Cafés geplant sind», weiss Flitner weiter. Die Spitalleitungen seien gegenüber dem Frauenstreik «eher repressiv» eingestellt.

Aerzte bereiten im Operationssaal der Schaedel, Kiefer-und Gesichtschirurgie des Inselspitals Bern einen Patienten auf die Anaesthesie vor, aufgenommen am 26. Oktober 2004. (KEYSTONE/Gaetan Bally) === ...
Bild: KEYSTONE

Nicht so im Unispital Zürich:

«Es ist unseren Mitarbeiterinnen überlassen, ob sie sich an dieser Aktion beteiligen möchten oder nicht. Für das Unispital Zürich steht im Vordergrund, dass die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten jederzeit sichergestellt ist. Das wird der Fall sein, wobei wir im Hinblick auf die Dauer von einigen Stunden pragmatisch vorgehen. Mitarbeiterinnen des Universitätsspitals Zürich, die am 14. Juni 2019 am Frauenstreik teilnehmen, haben mit keinerlei personalrechtlichen Konsequenzen zu rechnen.»

Im Berner Inselspital sind Vorgesetzte angehalten, Wünsche der Frauen, die an einem Streik teilnehmen wollen, bestmöglich zu berücksichtigen. Dies schreibt der Bund.

Sind die Restaurants offen?

Deux assiettes avec de la nouriture sont photographiees lors d'une visite du nouveau restaurant vegetarien et vegan Tibits ce mercredi 5 decembre 2018 au Buffet de la gare CFF de Lausanne. (KEYST ...
Bild: KEYSTONE

Hungern wird am Frauenstreik niemand. Da und dort müssen Männer einspringen. Die Vegi-Kette Tibits mit Filialen in Basel, Luzern, Bern, Zürich und Lausanne steht «ganz klar» hinter den Anliegen des Frauenstreiks. «Es ist bedenklich, dass die Schweiz hier keine Vorbildfunktion einnimmt», schreibt Tibits auf Anfrage.

Was läuft in deiner Firma?

User-Aufruf
Darf in deinem Unternehmen gestreikt werden? Was ist in deiner Firma geplant? Schreibe die Antwort ins Kommentarfeld.

Wenn eine Mitarbeiterin am 14. Juni frei haben möchte, sei dies problemlos möglich. Man rechne aber damit, dass die Vorgesetzten frühzeitig informiert werden, wenn man am Streik teilnehmen wolle.

Nach dem Frauenstreik sind die Welt und der Sex besser

Video: watson/Simone Meier, Emily Engkent

Das Zürcher Szene-Lokal Hiltl betont, dass man als Vegi-Restaurant seit nunmehr 121 Jahren insbesondere Frauen anspreche, dies gelte auch für die Mitarbeitenden.

Für den Frauenstreik müssten Mitarbeiterinnen einen Freitag eingeben. «Sollten alle Frauen an der Demo sein, dann packen es die Mitarbeiter», so Hiltl weiter.

Bleiben die Schulen zu?

ARCHIVBILD - ZUR HEUTIGEN MK DES LCH ZUR ARBEITSZEITERHEBUNG 2019 - Class 6E pictured during a French lesson with teacher Astrid Marchetto-Spies (center) at the gymnasium of the Cantonal School Glarus ...
Bild: KEYSTONE

Schülerinnen und Schüler können am 14. Juni nicht einfach zu Hause bleiben. Jede Schule behandle den Frauenstreik individuell, erklärt Flitner vom VPOD weiter. «Wir wissen von Lehrpersonen, die mit den Schülern an die Demo gehen. Dies im Rahmen des politischen Unterrichts.» Andere Lehrerteams beendeten alle Lektionen ausnahmsweise um 15.30 Uhr, um am Streik teilzunehmen. Zudem wisse sie von Klassen, die das Thema Gleichstellung und Frauenstreik im Unterricht behandelten.

Sind die Läden offen?

ARCHIV - ZU DEN JAHRESZAHLEN 2018 DER MIGROS STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUN, AM DIENSTAG, 26. MAERZ 2019 - Das Migros Logo beim Ladeneingang, fotografiert am Samstag, 17. Febru ...
Bild: KEYSTONE

Es wird kein Problem sein, sich am 14. Juni mit Lebensmitteln einzudecken. Denn frei bekommen die Mitarbeiterinnen beim orangen Riesen nicht für den Frauenstreik. «Wir sind überzeugt, dass unsere Mitarbeitenden Verständnis haben, dass der Betrieb weiterlaufen muss», so die Sprecherin weiter. Die Angestellten müssten sich frühzeitig mit Vorgesetzten absprechen und Überzeit kompensieren oder einen Freitag nehmen.

Beim letzten Frauenstreik 1991 erklärte die Migros auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda herablassend: «Frauenstreik? Doch, doch, das ist ein lustiges Thema.» Die Zeiten hätten sich geändert, schreibt Migros-Sprecherin. «Heute lacht niemand mehr. Und das ist gut so.»

Bei Coop müssen die Angestellten am 14. Juni ebenfalls arbeiten. Den Mitarbeitenden stehe es frei, sich in «ihrer Freizeit zu engagieren», so die Coop-Medienstelle.

Bei der Kiosk-Betreiberin Valora sind fast 70 Prozent der Mitarbeitenden Frauen. Die Anliegen des Frauenstreiks hält Valora für «sehr wichtig», wie eine Sprecherin schreibt. Valora-Mitarbeitende, die am Streik teilnehmen, müssen dennoch einen Freitag beziehen.

Was geht am Flughafen?

Kapazitätsengpässe an den Flughäfen Genf und Zürich belasten die künftige Entwicklung der Schweizer Zivilluftfahrt. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE

Wer am 14. Juni in die Ferien fliegen will, muss sich keine Sorgen machen. Der Flughafen Zürich geht davon aus, dass es «keine grösseren Einschränkungen» gibt, wie Sprecher Philipp Bircher erklärt.

Die Swiss betont auf Anfrage, dass man mit allen Mitarbeitenden Gesamtarbeitsverträge abgeschlossen habe. Diese stünden für Lohngleichheit bei den Geschlechtern. Gleichzeitig beinhalteten sie auch die «absolute Friedenspflicht», die Streikmassnahmen nicht vorsieht. Sprich: Die Flugbegleiterinnen und Pilotinnen müssen auch am 14. Juni in die Luft.

Haben die Beamten frei?

Die Eidgenossenschaft steht am 14. Juni nicht wirklich still. Für die rund 38'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundes wurde vom Personalamt eine «Sprachregelung» für den Frauenstreik ausgearbeitet. Die Teilnahme am Frauenstreik müsse individuell mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. «Betriebliche Bedürfnisse gehen vor», so das Eidgenössische Personalamt. Die Verwaltungseinheiten werden gebeten, Anfragen «wohlwollend» zu behandeln. Wobei: Der Streik gilt nicht als Arbeitszeit.

Die Stadt Bern legt auf den Frauenstreiktag keine Sitzungen oder wichtige Termine, wie der Gemeinderat mitteilte. Zudem finden unter dem Motto «Solidarität für Frauen – Solidarität unter Frauen» in der Stadtverwaltung Aktionen statt. Die Bundesstadt gestattet ihren Angestellten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten die Teilnahme am Frauenstreik. Die Zeit dafür gehe zu Lasten des Gleitzeit-, Überstunden- oder Ferienkontos der betreffenden Mitarbeitenden.

In Zürich anerkennt der Stadtrat die «berechtigten Anliegen» des Frauenstreiks. Weil die Rechtsgrundlage fehle, werde eine Teilnahme am Streik aber nicht als Arbeitszeit gewertet. Die Mitarbeitenden sollen aber unterstützt werden, damit sie an den Aktionen teilnehmen können.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet um die Zahlung abzuschliessen)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
1. Mai- Demo steht im Zeichen des Frauenstreiks
1 / 15
1. Mai- Demo steht im Zeichen des Frauenstreiks
Der Umzug in Zürich startete um 10 Uhr beim Helvetiaplatz.
quelle: epa/keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Politikerinnen sind in Bundesbern stark untervertreten
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
223 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
w'ever
23.05.2019 07:51registriert Februar 2016
ich geh auch zur demo.
auf meinem schild wird stehen
"volle gleichberechtigung. gleicher lohn, gleiches rentenalter, gleicher militärdienst, keine bevorzugung bei der scheidung, gleiche versicherungsprämien"
704151
Melden
Zum Kommentar
avatar
Stinkstiefel
23.05.2019 07:27registriert Juni 2015
Ein Streik ist eine Arbeitsniederlegung GEGEN den Willen der Arbeitgeber. Das Ziel ist es als Kollektiv die Unternehmen und/oder die Gesellschaft so weit wie möglich lahm zu legen um den grösstmöglichen Druck aufzubauen.

Wenn die betrieblichen Abläufe so geplant werden, dass möglichst wenig Disruption entsteht und die Frauen an der Arbeitsstelle regulär einen Ferientag beziehen, dann ist das kein Frauenstreik, sondern eine mit viel Symbolik aufgeladene Demo.

Nicht, dass ich das nicht richtig finde (dass man nicht streikt, sondern demonstriert), aber man darf es ruhig auch so nennen.
48121
Melden
Zum Kommentar
avatar
Benizzel
23.05.2019 07:06registriert Februar 2014
Ich verstehs nicht... Streik und frau muss die vorgesetzte Person fragen, ob frau einen Freitag erhält?! Streik soll doch weh tun, damit wir merken, was die Frauen alles für uns leisten! Ansonsten ist es ein Protest, finde ich aber auch gut👍
375165
Melden
Zum Kommentar
223
ZVV-Tickets sind neu auch telefonisch erhältlich

Wer sich an den Ticketautomaten schwer tut oder für den Billettkauf keine digitalen Kanäle verwenden kann oder will, kann aufatmen: Der Zürcher Verkehrsverbund lanciert ein neues Telefon-Angebot.

Zur Story