Fettreicher Käse soll gegen Demenz helfen – doch die Studie wirft auch Fragen auf
Schweizerinnen und Schweizer lieben Käse – und nur die Franzosen essen offenbar mehr davon. 23 Kilogramm pro Kopf waren es hierzulande im letzten Jahr, das sind rund vier Kilo mehr als noch Anfang der 2000er-Jahre. Dies, obwohl Käse lange als ungesund galt: zu fettig, zu salzig, zu viele Kalorien. Besonders die gesättigten Fettsäuren, von denen ausser im Käse auch in Fleisch und Wurst sowie Butter viele stecken, gerieten in Verruf.
Doch dieses Bild gerät ins Wanken. Inzwischen mehren sich Hinweise, dass Milchfett nicht per se ungesund ist. Es gibt zum Beispiel Studien, die zeigen, dass Milch die Blutfettwerte positiv beeinflusst, den Blutdruck senkt und vor Asthma schützt. Und nun bringt eine im Fachblatt «Neurology» veröffentlichte Studie fettreichen Käse sogar mit einer besseren Hirngesundheit in Verbindung.
Ein Forschungsteam der Universität Lund hat die Gesundheitsdaten von über 27'000 Schwedinnen und Schweden ausgewertet, die in den 1990er-Jahren detailliert über ihre Ernährungsgewohnheiten Auskunft gegeben hatten. Über einen Zeitraum von 25 Jahren wurde registriert, ob und wann die Teilnehmenden an Demenz erkrankten.
Das Ergebnis: Wer täglich mehr als 50 Gramm Käse mit einem Fettgehalt über 20 Prozent konsumierte, hatte ein geringeres Risiko, an Demenz zu erkranken. Einen so hohen Anteil an Fett haben zum Beispiel die typischen Schweizer Käsesorten wie Greyerzer, Emmentaler oder auch die meisten Raclettekäsesorten. Ähnliche positive Zusammenhänge für die Hirngesundheit zeigten sich für Vollrahm. Wer hingegen fettarme Milchprodukte wie Magermilch oder Light-Joghurt bevorzugte, profitierte zumindest in Hinblick auf das Demenzrisiko nicht.
Ist Vitamin K2 der Hirnbooster?
Warum das so ist, bleibt offen. Die Forschenden vermuten, dass die sogenannte «food matrix» – also die Kombination von Nährstoffen in einem natürlichen Lebensmittel – sowie Inhaltsstoffe wie Vitamin K2 eine Rolle spielen könnten. Dieses Vitamin ist in gereiftem Käse besonders reichlich vorhanden und wird mit positiven Effekten auf Blutgefässe und das Gehirn in Verbindung gebracht.
Doch so vielversprechend das Resultat klingt, bleibt es mit Vorsicht zu geniessen. Denn die Studie kann keinen kausalen Zusammenhang belegen, sondern lediglich eine statistische Korrelation. Und: Die Ernährungsangaben wurden nur zu Beginn erhoben. Ob sich das Essverhalten der Teilnehmenden im Laufe von 25 Jahren verändert hat, lässt sich nicht sagen.
Tian-Shin Yeh, Epidemiologin an der Taipei Medical University, kommentiert die Studie in einem Begleitartikel und würdigt darin die schwedische Analyse als wichtigen Beitrag in einem umstrittenen Forschungsfeld, warnt aber zugleich vor voreiligen Schlussfolgerungen. Entscheidend für die Hirngesundheit seien nicht einzelne Lebensmittel, sondern das gesamte Ernährungsmuster. Eine pflanzenbetonte Ernährung mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen und gesunden Fetten wie Olivenöl oder Fisch ist laut Yeh gut belegt als Schutzfaktor gegen kognitiven Abbau.
Wer also beim nächsten Fondue-Abend beherzt zugreift, kann das mit einem besseren Gefühl tun – sollte den Käse aber nicht zum Superfood verklären. Denn entscheidend bleibt, was sonst noch auf dem Teller landet. (aargauerzeitung.ch)
