Frau Bühler, warum streiken Sie am 14. Juni?
Mir ist die Solidarität zwischen allen Frauen wichtig. Nur weil man selbst vielleicht in einer besseren Position ist, ist das noch lange kein Grund, nicht zu streiken. Der Druck auf die Gesellschaft muss von allen Frauen kommen.
Was sind ihre konkreten Forderungen?
Die Betriebsarbeit, die Frauen auf einem Bauernhof leisten, muss entschädigt werden. Dann fordere ich, dass Bäuerinnen sozial besser abgesichert werden und endlich eine Mutterschaftsversicherung erhalten.
Was muss sich jetzt ändern?
Die Landwirtschaft ist noch immer ein sehr männderdominiertes und ausgesprochen konservatives Umfeld. Natürlich gab es schon immer aktive Frauen in diesem Bereich, aber jede Einzelne musste sich ihren Platz selbst erobern. Das braucht oft sehr viel Energie und Durchsetzungsvermögen. Die Arbeit von Frauen in der Landwirtschaft soll gleich viel wert wie die der Männer sein – und nicht eine ewige Prüfung des weiblichen Könnens.
Sich als Frau in Ihrem Berufsfeld durchzusetzen, bedeutet …
... viel Arbeit. Als Frau muss man in der Landwirtschaft einiges mehr bieten, um ernst genommen und respektiert zu werden. Es braucht mehr fachliches Wissen und mehr Einsatz.
Frau Wey, warum streiken Sie am 14. Juni?
Genau genommen streike ich am 14. Juni nicht. Ich gehörte als Gewerkschafterin und Co-Präsidentin zu denjenigen, die den Streiktag mitorganisieren. Ich wünsche mir aber, dass mit unserer Unterstützung ganz viele Frauen streiken.
Was sind Ihre konkreten Forderungen?
Die Schweiz ist ein Land, das wahnsinnig stolz ist auf Chancengleichheit und Liberalismus. Bei den Frauen hört der Liberalismus aber auf: Auch wenn Frauen gleichviel leisten wie Männer, sie haben schlicht nicht die gleichen Chancen, auf gleichviel Lohn oder gleichviel Rente zu kommen wie Männer. Es fehlt an grundlegenden Strukturen: Frauenlöhne sind zu tief, externe Kinderbetreuung zu teuer, es gibt keinen Elternurlaub, der diesen Namen verdient und Mutterschaft ist nach wie vor eines der grössten Armutsrisiken für Frauen. Das kann 2019 einfach nicht mehr sein. Hinzu kommt die alltägliche Gewalt an Frauen, sei dies häusliche Gewalt oder struktureller Sexismus und sexualisierte Gewalt, die wir alle erfahren.
Was muss sich jetzt ändern?
Die Schweiz muss endlich fortschrittlicher werden in der Gleichstellungspolitik. Wenn man Frauen im Arbeitsmarkt haben will – und das behauptet die Wirtschaft ja immer –, dann müssen die Bedingungen dafür geschaffen werden. Ausserdem sollen Opfer von Gewalt genügend Schutz erfahren, es braucht eine wirkliche Umsetzung der Istandbulkonvention und auch ein Fokus auf die Situation von Migrantinnen und geflücheten Frauen. Zudem schaffen wir es nur mit einem starken Service Public, die Gesundheits- und Betreuungsberufe aufzuwerten.
Sich als Frau in deinem Berufsumfeld durchzusetzen bedeutet...
... bereit zu sein, seine Meinung zu sagen und auch mal anzuecken. Einfacher geht es mit der Unterstützung von andren Frauen und mit einem geschickten taktischen Vorgehen.
Lorena, warum streikst du am 14. Juni?
Unser Beruf ist stark feminisiert und ich finde es deshalb wichtig, mit dem Streik ein Zeichen zu setzen und uns Gehör zu verschaffen. Wir haben vor mehr als zwei Jahren die «Trotzphase» gegründet, um uns für bessere Arbeitsbedingungen in Kitas und Horten einzusetzen. Denn leider ist es der Fall, dass dieser Beruf oft nicht entsprechend entlöhnt wird. Auch der Betreuungsschlüssel wird oft nicht eingehalten, was sich auf die Qualität der Betreuung auswirkt.
Was sind deine konkreten Forderungen?
Da unser Beruf nach wie vor ein klassischer Frauenberuf ist, drängt sich die Forderung nach Lohngleichheit auf. Auch fordern wir mehr Ansehen in der Gesellschaft und dass die Erziehungs- und Betreuungsarbeiten endlich wertgeschätzt werden und eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung sein müssen. Denn auf externe Kinderbetreuung kann die Gesellschaft nicht verzichten, wenn es um Gleichberechtigung von Frau und Mann geht.
Was muss sich jetzt ändern?
Wir leisten professionelle familienergänzende Betreuung und einen grossen Nutzen für die Gesellschaft. Erst die Fremdbetreuung des eigenen Kindes macht es den Eltern möglich, einer Arbeit nachzugehen. Deshalb ist es wichtig, dass genügend adäquat ausgebildetes Personal in den Institutionen arbeitet.
Sich als Frau in meinem Berufsfeld durchzusetzen bedeutet…
... dass es nicht einfach ist, sich Gehör zu verschaffen. Wir sind eine sehr junge Berufsgattung und viele trauen sich nicht, sich zu wehren. Es stellt sich auch die Frage ob es einfach schon «normal» geworden ist, unter solchen Arbeitsbedingungen zu arbeiten und es deshalb einfach so hingenommen wird. Dennoch möchte ich vielen Mut machen, sich darüber auszutauschen und für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. Für sich selbst, für die Kinder und deren Eltern!
Frau Weber, warum streiken Sie am 14. Juni?
Der Hebammenberuf ist ein typischer Frauenberuf, der fast zu 100 Prozent von Frauen ausgeübt wird. Hebammen sind deshalb von den Frauenstreikthemen gleich mehrfach betroffen: als Gesundheitsfachpersonen mit klarem Fokus auf das Frausein, als Angestellte oder selbstständige Geschäftsfrauen und allenfalls als Mütter.
Was sind Ihre konkreten Forderungen?
Es braucht mehr Einheiten in Schweizer Spitälern, in denen Hebammen sowohl fachlich als auch strukturell die Leitung für die physiologische Geburtshilfe übernehmen. Zudem stehen viele der angestellten Hebammen unter Druck, der Stress bei der Arbeit ist hoch. Dass Gebärende unter dieser Situation leiden, wird in den Debatten rund um das Thema «Gewalt bei der Geburtshilfe» ersichtlich. Frauen dürfen bei der Geburt nicht Opfer von verfehlten gesundheitspolitischen Sparmassnahmen werden.
Sich als Frau in meinem Berufsfeld durchzusetzen, bedeutet…
... sich in einem komplexen Gefüge zwischen Schwangeren, Müttern mit Kindern, Spitälern, Ärzten, kantonalen Beratungsstellen und gesetzlichen Bestimmungen zurechtzufinden – und sich selbst dabei nicht zu vergessen.