Das Stahlwerk in Gerlafingen produziert pro Tag rund 2600 Tonnen Stahl pro Tag. Gebraucht wird dies für den Bau von Häusern, Brücken und Tunnels.
Nun blickt der Firmenchef Alain Creteur düsteren Zeiten entgegen, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. Denn: Die steigenden Energiepreise machen der Firma besonders zu schaffen. Konkret rechnen sie im kommenden Oktober mit Energieausgaben in Höhe von 45 Millionen Franken – das ist mehr als sie sonst in einem Jahr zahlen.
Dies rührt daher, dass die Stahlproduktion extrem viel Energie benötigt. Am energieintensivsten ist das Schmelzen von Schrott bei bis zu 1500 Grad. Dafür benötigt die Firma pro Jahr 360 Gigawattstunden Strom, was dem Verbrauch von 70'000 Haushalten entspricht. Dies wiederum entspricht etwa der Stadt Bern.
Nebst dem Strom ist die Firma allerdings auch auf Gas angewiesen. Für das Walzen von Stahlstangen, Stahldraht oder Stahlgitter werden etwa 450 Gigawattstunden pro Jahr gebraucht. Dies entspricht etwa 17'000 gasbeheizten Einfamilienhäusern.
Der italienisch-belgische CEO Alain Creteur sorgt sich um die Zukunft seiner Firma. «Die hohen Energiepreise bedrohen unsere Existenz», sagt er zur «NZZ am Sonntag». Es sei zwar möglich, die erhöhten Kosten über die Produkte zu decken, allerdings ergebe sich dadurch ein neues Problem. Der Stahl werde nämlich fast unbezahlbar, womit Baufirmen wohl auf Importe aus dem Ausland umsteigen würden. So beispielsweise Italien, Spanien oder Frankreich – alles Länder, wo die Stahlfirmen staatliche Unterstützung erhalten.
Creteur schliesst nicht aus, dass das Stahlwerk seine Produktion herunterfahren muss. Aus diesem Grund hat die Firma beim Kanton bereits vorsorglich Kurzarbeit für die Monate Oktober bis Dezember angemeldet. Dies sei bewilligt worden. Was dann konkret passieren werde, weiss Creteur noch nicht. Es könne sein, dass niemand ihn Kurzarbeit gegen müsse. Es könne hingegen auch sein, dass ein Teil oder sogar alle 560 Mitarbeitenden nach Hause geschickt werden müssten, so Creteur.
Stahl Gerlafingen war gemäss Nachfragen der «NZZ am Sonntag» eine der ersten Firmen, die aufgrund der erhöhten Energiepreise Kurzarbeit angemeldet hat. Wird dieses Schicksal nun auch vielen anderen Unternehmen drohen? Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) teilt mit, dass es zumindest bis Ende Juli keine Anzeichen dafür gegeben habe, dass wegen des Ukraine-Kriegs vermehrt Kurzarbeit beansprucht werden müsse.
Hans-Ulrich Bigler ist allerdings anderes zu Ohren gekommen. Ihm hätten viele Firmen berichtet, dass sie die hohen Energierechnungen bald nicht mehr bezahlen können. So sei für sie Kurzarbeit ganz klar ein Thema.
In der Medienkonferenz dieser Woche hat Bundesrat Guy Parmelin betont, dass den Unternehmen die Kurzarbeit zur Verfügung stünde. Dabei würden Angestellte während dieser Zeit weiterhin 80 Prozent ihres Lohnes erhalten.
Der Firma reicht diese Hilfe allerdings nicht aus. Aus diesem Grund schrieben die Führungspersonen der Firma einen Brief an Wirtschaftsminister Guy Parmelin, Energieministerin Simonetta Sommaruga und Bundesparlamentarier. Darin erbitten sie eine Deckelung des Strompreises für die Industrie und das Gewerbe. Diese soll vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März befristet sein. Zudem schlägt Stahl Gerlafingen auch vor, im Falle einer drohenden Mangellage die Produktion gegen eine Entschädigung herunterzufahren oder gar ganz einzustellen. Damit würde extrem viel Strom gespart. Gleichzeitig wäre aber auch mit einem Schlag die Hälfte der Schweizer Stahlproduktion auf Eis gelegt. (saw)