Schweiz
Gesellschaft & Politik

Daniel Jositsch und die SP-Spitze: Noch immer keine Aussprache

Funkstille zwischen Daniel Jositsch und der SP-Spitze – noch immer keine Aussprache

Nach den Turbulenzen in den Bundesratswahlen vom vergangenen Dezember war ein Gespräch zwischen Daniel Jositsch und der Leitung der SP geplant. Dazu gekommen ist es aber nicht.
16.01.2024, 05:26
Francesco Benini / ch media
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Haben sich nichts mehr zu sagen: SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer und der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch.
Die angekündigte Aussprache hat noch nicht stattgefunden: SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer und der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch.Bild: Keystone/Bruno Kissling

Ist Daniel Jositsch in einem Jahr noch Mitglied der SP? Das wurde der Zürcher Ständerat am vergangenen 17. Dezember im «Sonntalk» auf Tele Züri gefragt.

Jositsch antwortete: «Das glaube ich. Ich bin als SP-Ständerat gewählt worden. Aber jetzt schauen wir einmal, wie es weitergeht. Ich habe noch keine Gespräche geführt, auch nicht mit der Fraktion.»

Die Aussage liess darauf schliessen, dass eine Aussprache ansteht mit der Fraktionsspitze und möglicherweise mit der Parteileitung. Dass es Gesprächsbedarf gab, war offensichtlich. Daniel Jositsch hatte in den Bundesratswahlen vom 13. Dezember 70 Stimmen erreicht, ohne dass er von seiner Partei nominiert worden wäre. Der Strafrechtsprofessor verzichtete darauf, ans Rednerpult im Nationalratssaal zu gehen und eine Erklärung abzugeben, wonach er nicht Kandidat sei.

Das sorgte wie schon vor einem Jahr für Unruhe unter den Sozialdemokraten. Eine Nationalrätin erklärte, dass die Fraktion Jositsch nun vier Jahre lang «ghosten» – also ausgrenzen, ignorieren – werde. Der Präsident der Jungsozialisten, Nicola Siegrist, forderte derweil «Konsequenzen». Welche Sanktionen ihm vorschwebten, sagte Siegrist nicht.

Die Parteileitung der SP wirkt desinteressiert

Was haben nun die Gespräche zwischen Jositsch und der SP-Spitze gebracht? Ist es gelungen, die Wogen zu glätten? «Ich hatte seit dem 13. Dezember mit niemandem Kontakt in der Fraktions- und der Parteileitung», erklärt Jositsch auf Anfrage.

Die Aussprache hat also nicht stattgefunden. In der SP-Fraktion sind die Meinungen dazu gespalten: Die einen finden, es sei seltsam, dass die Parteispitze keine Anstrengungen unternehme, auf Jositsch zuzugehen. Er fahre als Zürcher Ständerat ausgezeichnete Wahlresultate ein und sei beliebt in der Bevölkerung. Die SP könne kein Interesse daran haben, dass sich Jositsch von der Partei abwende. Es liege an Co-Präsidentin Mattea Meyer, über ihren Schatten zu springen. Cédric Wermuth ist in einer zweimonatigen Auszeit.

Andere sind nicht überrascht von der Funkstille. Das Misstrauen sei zu gross, sagen sie. Dass die Parteispitze die Kontakte zu Daniel Jositsch minimiere, sei nachvollziehbar nach dem turbulenten Dezember.

Warum die Stille? Mattea Meyer reagiert nicht auf eine Anfrage. Samira Marti, Co-Präsidentin der SP-Fraktion, schreibt: «Daniel Jositsch ist und bleibt Mitglied der SP-Fraktion, und wir arbeiten nach wie vor gut zusammen, unter anderem in migrationspolitischen Fragen.»

Marti behauptet also, die Zusammenarbeit sei gut – obwohl es nach Aussage Jositschs seit dem 13. Dezember keine Kontakte gegeben hat. Der Zürcher Ständerat hält fest: «Ich bin Mitglied der SP und sehe momentan keine Veranlassung, daran etwas zu ändern.»

Mit dem Wort «momentan» deutet Jositsch an, dass sich daran etwas ändern könnte. Er versteht die Aufregung in seiner Partei um die ausgebliebene Verzichtserklärung nicht: 70 Stimmen reichten bei weitem nicht, um Bundesrat zu werden. Und das Parlament sei frei zu wählen, wen es wolle. Das sehe die Bundesverfassung so vor. (aargauerzeitung.ch)

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56 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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RuZzophob
16.01.2024 09:41registriert Oktober 2022
Vielleicht wäre es an der Zeit für eine neue Arbeiterpartei. Die SP wird von vielen Büezern nicht mehr in dieser Rolle gesehen.
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In vino veritas
16.01.2024 12:20registriert August 2018
Tragisch. Dieses ganze Drama schadet der Partei ungemein. Seit die Jusos immer mehr Einfluss gewonnen haben hat diese Partei sich immer weiter ins linksextreme Milieu bewegt und die ehemalige Wählerschaft aus den Augen verloren, nämlich die normale Arbeiterschicht. Das kann langfristig nicht gut gehen. Die SPD zeigt meines Erachtens klar, wie extremistische Positionen sich auf die Wählbarkeit auswirken können, nämlich katastrophal. Vielleicht braucht es einfach eine neue linke Partei?
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bokl
16.01.2024 11:06registriert Februar 2014
"Mit dem Wort «momentan» deutet Jositsch an, dass sich daran etwas ändern könnte."

Wirklich? Oder schwingt da nicht eher die Hoffnung des Autors auf weitere Stories in Zukunft mit? Man könnte das Thema auch einfach mal ruhen lassen.
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