Es kommt Wind in die Debatte rund um den Tierschutz: Das Schweizer Stimmvolk wird in den nächsten Jahren gleich für zwei Volksinitiativen an die Urne gebeten.
Diese Woche hat die Bundeskanzlei bekannt gegeben, dass sowohl die Pelz-Initiative als auch die Stopfleber-Initiative zustande gekommen sind.
Hinter den Anliegen steht der nicht gewinnorientierte Verein Alliance Animale Suisse. Mehr als 20 Organisationen, darunter sämtliche Schweizer Tierschutzorganisationen, haben die beiden Volksinitiativen unterstützt. Sie wollen sowohl den Import von Pelz als auch von Stopfleber aus tierquälerischer Produktion verbieten.
Die Pelz-Initiative fordert, dass der Import von Pelzprodukten, die von misshandelten Tieren stammen, verboten wird. Zu den tierquälerisch erzeugten Produkten gehören alle Pelze, welche auf Pelzfarmen gewonnen werden und nicht dem Schweizer Standard entsprechen. Derzeit seien im Ausland keine Pelzfarmen bekannt, welche die Schweizer Standards einhalten würden.
Wie die Initianten schreiben, importiert die Schweiz pro Jahr rund 350 Tonnen Pelz, die Hälfte davon aus China. Rund 1,5 Millionen Tiere haben dadurch ein qualvolles Leben. Sie werden vergast, durch Elektroschocks getötet oder lebendig gehäutet. Die «NZZ» schreibt sogar von rund 1,7 Millionen getöteten Tieren pro Jahr für die Schweiz.
Der Verkauf von Pelzprodukten, wie etwa Mäntel, sei zurückgegangen. Als Accessoire (z. B. an Handschuhen) sei Pelz jedoch immer noch verbreitet, heisst es von Alliance Animale Suisse.
Die Initianten betonen, dass die Initiative für ein Pelzverbot mit den internationalen Handelsverpflichtungen der Schweiz vereinbar ist. Die Fellverarbeitung von Schweizer Nutztieren oder rechtmässig erlegtem Jagdwild sei von der Vorlage ausgeschlossen.
Ein Verbot sei unnötig, sagte die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger im Mai 2022. Damals lehnte der Ständerat eine Motion für ein Import-Verbot von Pelzen aus tierquälerischer Produktion mit 25 zu 19 Stimmen ab. Der Nationalrat hatte den Vorstoss von SP-Nationalrat Matthias Aebischer zuvor angenommen.
Gmür-Schönenberger argumentierte, dass der Markt sich selber reguliere. Bei Jugendlichen sei das Tragen von Pelz «komplett uncool» geworden. Der damalige FDP-Ständerat Ruedi Noser warnte vor Umsetzungsproblemen einer gesetzlichen Regelung. Das Problem liege vor allem bei Kleinprodukten. Diesen sehe man schlicht nicht an, unter welchen Umständen sie produziert worden seien.
Der Bundesrat hingegen sieht Handlungsbedarf und prüft derzeit ein vollständiges Importverbot für Pelze aus Quälzucht. Bis Ende März 2024 muss das Innendepartement eine Vorlage erarbeiten.
Die zweite diese Woche beglaubigte Initiative fordert, dass der Import von Stopfleber («Foie gras») und vergleichbaren Produkten, die durch Zwangsfütterung von Tieren gewonnen werden, verboten wird.
In der Schweiz ist das Stopfen von Enten und Gänsen seit über 40 Jahren untersagt. Die Schweiz importiert jährlich jedoch rund 200 Tonnen Stopfleber. Gemäss Initianten werden dafür 200'000 Enten und 12'000 Gänse in enge Käfige gepfercht, mehrmals pro Tag zwangsgefüttert und schliesslich getötet.
Als «Foie gras» dürfen ausschliesslich Produkte bezeichnet werden, die aus Leber von zwangsgefütterten Tieren in Stopfhaltung stammen. Der Name «Foie gras» ist zudem geschützt, was den Preis für Stopfleber ansteigen lässt.
Von der Initiative ausgenommen sind Produkte, die Ähnlichkeiten mit der Stopfleber aufweisen, die entsprechenden Tiere aber nicht zwangsgestopft werden. Auch die Stopfleber-Initiative steht im Einklang mit den von der Schweiz ratifizierten Handelsabkommen.
Einen Vorstoss für ein Importverbot von Stopfleber hat der Nationalrat 2022 angenommen. Die Motion von SVP-Parlamentarier und Bauer Martin Haab scheiterte allerdings letzten Sommer im Ständerat. Nach einem Patt fällte die damalige Ratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller den Stichentscheid und erteilte dem Vorstoss eine Abfuhr.
Von der zuständigen Kommission und auch vom Bundesrat hiess es, ein Importverbot gehe zu weit, es komme einem Konsumverbot gleich. Vor allem in der Westschweiz sei «Foie gras» eine gesellschaftlich verankerte, kulinarische Tradition. Werde ein Verbot implementiert, käme es wahrscheinlich zu Gesetzesumgehungen via Frankreich. Ein Verbot missachte zudem internationale Verträge.
Der Ständerat war der Meinung, dass eine Deklarationspflicht mit Hinweis auf die Stopfmast ausreichend sei und schickte das Geschäft zurück in den Nationalrat. Dort argumentierte SP-Nationalrat Roger Nordmann: «Ich kann die Zucht- und Tierschutzargumente verstehen. Aber ich finde, dass diese Ausnahme noch Platz hat.» Von seiner welschen Parteikollegin Ada Marra hiess es, die Romands verböten den Deutschschweizern auch nicht, Apfelmus zu essen. Letztendlich entschied sich auch eine Mehrheit des Nationalrats für die abgeschwächte Version mit der Deklarationspflicht.
Die Umfrage ist beendet. In Kürze werden wir die Resultate publizieren.