Parlament will Schweizer Schienengüterverkehr stärken
Die eidgenössischen Räte wollen den kriselnden Schweizer Güterverkehr stärken. Der Nationalrat ist am Dienstag auf eine Revision des Gütertransportgesetzes eingetreten, welches der Branche mit verschiedenen Massnahmen Hilfe bieten soll.
Noch steht allerdings in der grossen Kammer die Genehmigung der Vorlage aus: Nach der Eintretensdebatte unterbrach der Nationalrat die Behandlung des Geschäfts und will sie am Donnerstag fortsetzen. Der Ständerat stimmte der Vorlage im vergangenen September zu.
Zwar fördert der Bund schon heute Investitionen in Güterverkehrsanlagen und technische Neuerungen. Eine finanzielle Unterstützung von Schienengüterverkehrsangeboten im Flachland war im Gegensatz zum Verkehr durch die Alpen bisher jedoch nicht vorgesehen. Das soll sich nun ändern.
Konkret sieht die Landesregierung vor, den Einzelwagenladungsverkehr auf acht Jahre befristet finanziell zu fördern, damit dieser mittelfristig eigenwirtschaftlich wird. Für die ersten vier Jahre beantragt er 260 Millionen Franken.
Beim Einzelwagenladungsverkehr werden einzelne Wagen oder Wagengruppen eingesammelt, zu Zügen formiert und in Rangierbahnhöfe geführt. Dort werden je nach Bestimmungsregion der Ladungen neue Züge zusammengestellt.
Auch will der Bund die Einführung der digitalen automatischen Kupplung (DAK) im Schienengüterverkehr einmalig 180 Millionen Franken bereitstellen. So will der Bund den Einzelwagenladungsverkehr modernisieren.
Unbefristet vorgesehen sind Umschlags- und Verladebeiträge und eine Abgeltung der ungedeckten Kosten des bestellten Gütertransportangebots für total 60 Millionen pro Jahr. Finanziert werden soll dies nicht aus dem allgemeinen Bundeshaushalt, sondern durch ein Teil der Einnahmen aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA).
SVP-Rückweisungsantrag abgelehnt
Die SVP-Fraktion bekämpfte die Vorlage und stellte einen Rückweisungsantrag. Diesen lehnte der Rat mit 124 zu 62 Stimmen bei zwei Enthaltungen ab. Nur die SVP-Ratsmitglieder stimmten für den Antrag, der von einer Minderheit der vorberatenden Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen stammte.
Der Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark sagte im Namen dieser Minderheit, die Experten rund um Serge Gaillard hätten dem Bund in ihrem Bericht zu Sparmöglichkeiten empfohlen, den Güterverkehr nicht mehr zu subventionieren. Auch aus klimapolitischer Sicht sei diese Förderung nicht nötig, so die Experten.
Da die Einführung der automatischen Kupplung im Güterverkehr europaweit noch etwa fünfzehn Jahre in Anspruch nehme, bestehe genügend Zeit, um die Vorlage für eine Überprüfung an die Landesregierung zurückzuweisen.
Alle anderen Fraktionen wollten aber eintreten. Matthias Jauslin (AG/GLP) wies im Namen der vorberatenen Kommission auf die zeitliche Beschränkung des Hilfspakets hin. Die geplante Einführung der automatischen Güterwagenkupplung werde nicht nur die Effizienz, sondern auch die Sicherheit des Güterverkehrs «deutlich erhöhen».
Jon Pult (GR) sagte namens der SP-Fraktion, mit dem neuen Gesetz bestehe immerhin die Chance, den Niedergang des Güterverkehrs aufzuhalten. Michael Töngi (LU) sagte namens der Grünen, mit einer Rückweisung der Vorlage sei nichts gewonnen.
Simon Stadler (UR) sagte namens der Mitte-/EVP-Fraktion, das Parlament sei gut beraten, angesichts des Neins des Stimmvolks zum Autobahnausbau in den Güterverkehr zu investieren. Von einem «wichtigen Schritt nach vorne» sprach Alex Farinelli (TI) namens der FDP-Fraktion.
Ohne Konzept viel mehr Lastwagen
Bundesrat Albert Rösti sagte im Rat, ein ausgewogenes, zusammen mit der Branche ausgearbeitetes Konzept liege vor. Auch der Nutzfahrzeugverband Astag stehe hinter der Vorlage. Tatsächlich werde die Einführung der automatischen Kupplung europaweit noch Zeit in Anspruch nehmen.
Doch genau der Überbrückungscharakter der Vorlage werde der Branche helfen, diese Zeit zu überstehen. Ohne das Gesamtkonzept würden in den nächsten Jahren 650'000 Lastwagen mehr auf den Schweizer Strassen herumfahren. «Das können wir uns nicht leisten.» Rösti wies auch darauf hin, dass der Bund die Unterstützung von Leistungsvereinbarungen abhängig machen wird. (sda/thw)
