Airbnb wird immer beliebter und hat sich längst als Alternative zu Aufenthalten in Hotels und klassischen Ferienwohnungen etabliert.
Im Abstimmungskampf zur Änderung der Untermiete-Vorschriften wird die Buchungsplattform zum Politikum. Eine Allianz aus Hauseigentümerverband (HEV), Immobilienbranche und bürgerlichen Parteien werben als «Bund für mehr Wohnraum» für ein Ja zu den zwei Mietrechtsvorlagen vom 24. November.
Die bürgerliche Parlamentsmehrheit hat entgegen der Empfehlung des Bundesrats strengere Vorschriften zur Untermiete beschlossen. Neu müssten Mieterinnen eine handschriftliche, vorgängige Zustimmung des Vermieters einholen, wenn sie eine Wohnung oder ein einzelnes Zimmer untervermieten möchten. Grundsätzlich sollen Untermietverhältnisse auf zwei Jahre beschränkt werden. Und Vermieter können Untervermietungen aus weiteren, im Gesetz nicht spezifisch aufgeführten Gründen verweigern.
«Bei der Untermiete stellen wir fest, dass immer mehr Missbräuche passieren, auch wegen neuer Geschäftsmodelle wie Airbnb», sagte SVP-Nationalrat Gregor Rutz (ZH), Präsident des HEV Schweiz, bei der Lancierung der Ja-Kampagne gegenüber SRF.
Im «wohnungspolitischen Manifest» der Befürworter heisst es, das aktuelle Mietrecht weise punktuelle Schwächen auf, etwa beim Verhindern von missbräuchlicher Untermiete: «Diese Folgen sind auch ein Ärgernis für Mieterinnen und Mieter, weil sie selber unter solchen Missbrauchsfällen leiden und weil dringend notwendiger Wohnraum zweckentfremdet wird.»
Das Argument scheint anzukommen: Laut der ersten SRG-Umfrage vom 14. Oktober waren 65 Prozent der Befragten mit dem Argument «voll» oder «eher einverstanden», wonach die Gesetzesänderung missbräuchliche Untervermietungen über Plattformen verhindere.
In einem Streitgespräch des «Tages-Anzeigers» listete Hauseigentümer-Präsident Rutz Anfang Woche die Probleme auf, zu denen eine Untervermietung via Airbnb führe: «Ständig neue Personen im Treppenhaus und deren Lärm belasten die Nachbarn.» Seine Kontrahentin Jacqueline Badran (SP/ZH) erwiderte, es gebe keine Evidenz für zunehmende Airbnb-Untervermietungen. Vielmehr seien «die Wohnungsbesitzer selbst für den grossen Teil des Airbnb-Angebots verantwortlich». Rutz' Replik: «Falsch.»
Wer hat Recht? Die Datenlage bezüglich Airbnb-Angeboten in der Schweiz lässt zu wünschen übrig. Doch es überwiegen die Hinweise, dass die Objekte auf Airbnb tatsächlich häufiger von Vermietern und professionellen Anbietern bereitgestellt werden.
Dies zeigen Zahlen der Datenplattform «Inside Airbnb» für die Städte Zürich und Genf. In Zürich vermietet eine knappe Mehrheit der Airbnb-Gastgeber (englisch: «Hosts») mehr als ein Objekt. In Genf sind es zwar nur 45 Prozent, allerdings vermieten die aktivsten Hosts in beiden Städten über 100 Objekte.
Daraus lässt sich schliessen: Eine klare Mehrheit der angebotenen Airbnb-Angebote in den zwei grössten Schweizer Städten sind keine Untervermietungen, sondern werden von Eigentümern oder professionellen Anbietern selber vermietet.
Im eidgenössischen Abstimmungskampf warnen der HEV und seine Verbündeten also vor den negativen Folgen von Airbnb: unerwünschter Lärm, ständig wechselnde Nachbarn, die Zweckentfremdung von Wohnraum.
Auf kommunaler Ebene, etwa in Bern und Luzern, haben die Hauseigentümer in Abstimmungen über sogenannte «Lex Airbnb» hingegen strengere Vorschriften bekämpft. Erfolglos: In Bern stimmten im Februar 2022 mehr als 80 Prozent der Stimmenden für Einschränkungen für das gewerbliche Vermieten von Wohnungen in der Altstadt. Wie letzte Woche bekannt wurde, wehrt sich der HEV Bern mit einer Einsprache vor dem Verwaltungsgericht gegen die neuen Regeln.
Sein Argument: Die von der Stadtregierung vorgebrachte Begründung, dass Airbnb, Business-Apartments und Co. die Bevölkerung verdänge, treffe nicht zu. «Hier soll ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte der Eigentümerschaft geschehen, ohne dass die Situation auf dem Wohnungsmarkt dies legitimiert», sagt Adrian Haas (FDP), Präsident des HEV Bern.
Er sieht im juristischen Kampf gegen die Stadtberner Lex Airbnb keinen Widerspruch zur Argumentation im laufenden nationalen Abstimmungskampf: «Wir setzen uns in Bern für das Recht auf selbstbestimmte Nutzung des Wohneigentums und gegen Vorschriften auf Vorrat ein». Bei der eidgenössischen Vorlage gehe es um klare Regeln und Rechtssicherheit bei der Untermiete, wovon beide Seiten profitierten.
Grünen-Nationalrat Michael Töngi (LU), Vizepräsident des Mieterverbands Schweiz, nennt das Verhalten der Befürworter «heuchlerisch». In den unter Wohnungsknappheit und hohen Mietzinsen leidenden Städten bekämpften die Hauseigentümer strengere Airbnb-Regeln mit Zähnen und Klauen, weil sie finanziell davon profitierten. Im nationalen Abstimmungskampf werde nun jedoch die angebliche Zunahme von missbräuchlichen Airbnb-Untervermietungen als «plumpes Ablenkungsmanöver» herbeigezogen.
Materiell ändert sich laut Töngi nichts. Schliesslich seien missbräuchliche Untervermietungen schon heute verboten. Dies haben Mietgerichte in mehreren Urteilen bestätigt. Den Befürwortern gehe es in Wahrheit darum, den Kündigungsschutz zu schwächen und mehr Mieterwechsel erzwingen zu können. In bestehenden Mietverhältnissen könne der Mietzins nur in begründeten Fällen erhöht werden. «Aber ein Mieterwechsel gibt den Eigentümern die Gelegenheit, den Mietzins substanziell zu erhöhen und ihre Rendite zu erhöhen», so Töngi.
Tatsächlich hat sich die Schere zwischen Bestandsmieten von laufenden Mietverhältnissen und Angebotsmieten von ausgeschriebenen Wohnungen in den letzten Jahren kontinuierlich geöffnet, vor allem in den Zentren. Gemäss einer Auswertung der ZKB vom November 2023 lag die Differenz zwischen Angebots- und Bestandsmieten schweizweit bei 14 Prozent, in der Stadt Zürich bei 26 Prozent, in der Stadt Genf gar bei 54 Prozent.
Das heisst: Wem die Wohnung gekündigt wird, der muss für eine gleichwertige Bleibe nahe seines bisherigen Wohnorts ziemlich sicher tiefer in die Tasche greifen. (aargauerzeitung.ch)