Schweiz
Gesellschaft & Politik

Erste BDP-Delegiertenversammlung nach EWS-Rücktritt

Auch Alt-Bundesrat und BDP-Mitbegründer Samuel Schmid kam, um seine Unterstützung zu signalisieren.
Auch Alt-Bundesrat und BDP-Mitbegründer Samuel Schmid kam, um seine Unterstützung zu signalisieren.
Bild: KEYSTONE

«Todgeweihte leben länger!» – zu Besuch an der BDP-Motivations... «äh!» -Delegiertenversammlung!

An der ersten BDP-Delegiertenversammlung nach Wahlverlusten und mit definitiv nicht mehr antretender Bundesrätin redete man sich vor allem gut zu. Ob dies den BDP-Parlamentariern für die kommenden anstrengenden Jahre in Bundesbern reicht? 
31.10.2015, 18:1202.11.2015, 13:39
Mehr «Schweiz»

Der neugewählte BDP-Natonalrat Duri Campell schiebt nachdenklich und mit gesenktem Kopf das Wasserglas auf dem Tisch vor sich hin und her, als die BDP-Delegiertenversammlung sich am Samstag mitten auf ihrem emotionalen Höhepunkt befindet: Es ist nicht etwa die Rede der abtretenden Bundesrätin, sondern die Verabschiedung von Campells Vorgänger, dem charismatischen und gern gesehenen Bündner Nationalrat Hansjörg Hassler.

Mit der Aussage: Dieses Bundesbern hinter sich zu lassen, darüber könne der vielleicht sogar froh sein, sorgt Ex-BDP-Präsident Hans Grunder im Abschiedsvideo für den einzigen herzhaften Lacher dieser Zusammenkunft: «Wenn man gesehen hat, wie viele SVPler und was für ‹strubi Cheibe› da jetzt nach Bern kommen.»

Der neu gewählte Nationalrat Duri Campell (links) und der bestätigte Ständerat Stefan Engler schütteln einander am Wahlsonntag die Hände.
Der neu gewählte Nationalrat Duri Campell (links) und der bestätigte Ständerat Stefan Engler schütteln einander am Wahlsonntag die Hände.
Bild: KEYSTONE

Zwei, drei Mal schielt Campell während der Rede seines Vorgängers zur Bundesrätin hoch. Sie sitzt ihm gleich gegenüber. Eveline Widmer-Schlumpf hatte ihn gehütet, als er noch ein Kind war. Es wäre in Bern für den 52-jährigen Bergbauer einfacher geworden, wenn sie das in seiner ersten Zeit im Nationalrat auch wieder getan hätte.

Ausserordentlich viele Delegierte kamen am Samstag in den Berner Kursaal, 171 von rund 210. «Wir wollen wissen, wie es weiter geht», sagt eine junge Zürcher Delegierte, kurz bevor es losgeht. «Wir wollen Eveline Widmer-Schlumpf feiern», sagt ein anderer. Keiner der beiden hat gekriegt, was er wollte. Für Eveline Widmer-Schlumpf gab es zwar zwei Mal Standing Ovations und ein Grossmutter-Kit mit Memoryspiel, von einer Feier konnte man aber angesichts der wahrlich zierlichen Zierkürbis-Deko und den Wasserflaschen «mit/ohne» auf den Tischen nicht sprechen. Über konkrete Zukunftspläne sprach auch niemand.

Viel mehr fühlte sich diese Delegiertenversammlung ein wenig wie ein Motivationsseminar an: Parteipräsident Landolt eröffnete mit: «Wir sind gekommen, um zu bleiben!» Die Präsidentin der Berner BDP-Fraktion Anita Luginbühl übernahm mit: «Fange nie an aufzuhören! Höre nie auf anzufangen!» Die Bundesrätin hielt es mit Pfarrer Kurt Marti: «Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, ‹wo kämen wir hin› und niemand ginge, um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.»

Am Ende der Versammlung hatten es die BDPler intus: «Todgeweihte leben länger», sagte die Zürcher Kantonsrätin Cornelia Keller danach bei Kartoffelsalat und Fleischkäse mit Senf: «Jetzt können wir zeigen, wer wir sind – eben kein Widmer-Wahlverein, sondern eine bodenständige Mittepartei mit liberalen Werten und innovativen Lösungen.» Wie zum Beweis dafür wurden im Vorfeld Papiere mit den «wichtigsten BDP-Meilensteine im Zeitraffer» seit 2008 an die Journalisten verteilt.

Bild
Bild: KEYSTONE

Einer der diesen Lösungen jetzt Gehör, erheblich mehr Gehör als bisher, verschaffen muss, ist Bergbauer Duri Campell. Keine einfache Aufgabe, umso mehr für den nicht gerade pointierten Redner Duri Campell. Er will mit «harter Arbeit» punkten, sagt er, mit «weniger Partei-, sondern Sachpolitik» und «Feinjustierungen in der Agrarpolitik». Campell will «die Tourismus-Lobby stärken», erklärt er vor den BDPlern – eine Lobby, die so viel Verstärkung in Bern gar nicht mehr braucht.

«Du bist jetzt der einzige Landwirt in der Fraktion», interviewt ihn BDP-Generalsekretärin Nina Zosso weiter: «Aber das ist kein Problem für dich, oder?», fragt sie, und Campell antwortet prompt: «Doch!». Da er eher der Teamplayer sei, werde er sich schon Hilfe holen, für die dicken Dossiers.

Ein wenig Hilfe wird er brauchen können.

Eveline Widmer-Schlumpf: Ihre Karriere in Bildern

1 / 17
Eveline Widmer-Schlumpf: Ihre Karriere in Bildern
Eveline Widmer-Schlumpf wird am 16. März 1956 in Felsberg geboren. Sie besucht die Bündner Kantonsschule in Chur, die sie 1976 mit der Matura abschliesst. Anschliessend studiert sie an der Universität Zürich Rechtswissenschaften und legt 1981 das Lizenziat ab.
quelle: keystone / arno balzarini
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
2
Viele Schweizer KMU leiden bereits unter Trump-Zöllen – die Sonntagsnews
Venezuela fordert vom Rüstungskonzern Ruag eine Rückzahlung von 35 Millionen Euro und die Zürcher Staatsanwaltschaft will Anklage gegen die Anführer der rechtsextremen Gruppierung Junge Tat erheben: Das findet sich in den Sonntagszeitungen.
Die Angebotsmieten dürften laut Angaben des Bundes um drei bis zu fünf Prozent pro Jahr steigen. «Die Nachfrage nach Wohnraum ist nach wie vor grösser als das Angebot», sagte Martin Tschirren, Direktor des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO), der «NZZ am Sonntag». Sollte es also zu keinem wirtschaftlichen Einbruch kommen, müsse mit einer Erhöhung gerechnet werden. Betroffen seien Haushalte, die neu auf den Wohnungsmarkt kämen oder umziehen müssten. Das Wohnthema werde stark politisiert, so Tschirren. Dies führe zunehmend zu Spannungen zwischen Mieter- und Vermieterorganisationen. Eine Ursache sei, dass der Wohnungsmarkt vermehrt als Kapitalanlage diene. Hinzu komme, dass Bauland knapp geworden sei. Früher habe man das Problem der steigenden Nachfrage durch Einzonungen lösen können. Das sei heute nicht mehr möglich, erklärte Tschirren.
Zur Story