Von Bahnmuffeln zu ÖV-Enthusiasten: Florence Brenzikofer will junge Menschen langfristig für den öffentlichen Verkehr begeistern. Die Grüne-Nationalrätin fordert in einem Vorstoss eine 10-Franken-Tageskarte an Wochenenden. Wer jünger als 27 Jahre alt ist und samstags oder sonntags mit Zug, Bus und Schiff unterwegs ist, soll dafür maximal zehn Franken bezahlen.
«Ziel muss sein, dass praktisch alle Jugendlichen in der Freizeit für längere Distanzen den öffentlichen Verkehr benützen», so Brenzikofer. Denn die Verlagerung des Individualverkehrs von der Strasse auf die Schiene sei «ein entscheidender Hebel, damit das Nettonull-Ziel im Verkehrssektor erreicht werden kann».
Ihren Vorstoss begründet die 47-jährige Baselbieterin damit, dass «der öffentliche Verkehr bei den Jugendlichen für die Freizeit eine wesentlich geringere Bedeutung hat als für die Ausbildung». Während also für den Weg zur Uni oder zur Arbeit oft Zug und Bus genutzt werden, greifen bei der Fahrt in den Ausgang, zum Skifahren oder an ein Openair viele Jugendliche auf das Auto zurück. Der Hauptgrund ist dabei laut Brenzikofer der Preis: «Es darf nicht sein, dass eine Kleingruppe von Jugendlichen die Fahrt mit dem Auto aus Kostengründen – zum Beispiel weil jemand aus der Gruppe kein Halbtax besitzt – dem öffentlichen Verkehr vorzieht.»
Doch wie soll das finanziert werden? Die Grünen-Nationalrätin erwartet, dass mit den günstigen Tageskarten an Samstagen und Sonntagen keine Einnahmen verloren gehen, im Gegenteil: «Der Ertrag würde wegen neuen Kundinnen und Kunden sogar gesteigert.» Zudem rechne sich das für die Transportunternehmen insbesondere langfristig, wenn Kinder und Jugendliche schon früh an den ÖV gebunden werden, so Brenzikofer weiter.
Mit ihrer Forderung nach preiswerten ÖV-Tickets steht Brenzikofer nicht alleine da: Auch die Sozialdemokraten haben bereits in der Sommersession mehrere Vorstösse eingereicht, die in eine ähnliche Richtung zielen. So fordert die SP-Fraktion etwa, den Preis des Halbtax-Abos auf 100 Franken zu senken sowie attraktivere Angebote für Familien zu schaffen. Es brauche «eine spürbare Verbesserung der relativen Preise zwischen motorisiertem Individualverkehr und dem ÖV», schreiben die Sozialdemokraten in ihrer Motion.
SP-Nationalrat Matthias Aebischer zeigt sich denn auch überzeugt: «Wenn man will, dass mehr Menschen den öffentlichen Verkehr nutzen, dann muss er günstiger werden.» Er unterstütze deshalb den Vorstoss von Brenzikofer «voll und ganz». Schliesslich habe sich mit dem 9-Euro-Ticket in Deutschland gezeigt, dass solche Aktionen grossen Erfolg haben können, so das Mitglied der nationalrätlichen Verkehrskommission.
Ziemlich zurückhaltend äussert sich die ÖV-Branchenorganisation Alliance Swiss Pass: Sie begrüsse «alle Initiativen, die zur Steigerung des ÖV-Anteils am gesamten Verkehrsaufkommen» beitragen. Kinder und Jugendliche würden dabei «eine wichtige Rolle» spielen. Doch es gelte stets zu berücksichtigen, «dass jeder Rabatt den Kostendeckungsgrad des öffentlichen Verkehrs senken kann und von der öffentlichen Hand getragen werden muss, sofern er nicht durch Mehrerträge gedeckt werden kann».
Ähnlich tönt es von Seiten der Bürgerlichen. FDP-Nationalrat Kurt Fluri teilt auf Anfrage mit, dass er den Vorstoss ablehnen werde. «Meines Erachtens gibt es bereits heute mit dem Halbtax-Abo, den Streckenbilletten sowie dem seven25-Abo viele Möglichkeiten, vom Normaltarif abzuweichen und billiger herumzufahren.»
Derweil verweist der Bundesrat in sämtlichen Stellungnahmen, welche die Vergünstigung der ÖV-Angebote betreffen, auf die «Tarifhoheit der Transportunternehmen». Eine Gesetzesänderung sei nicht nötig, weil SBB und Co. schon mit den heute bestehenden Gesetzesgrundlagen vergünstige Angebote schaffen könnten. Die Regierung sieht hier also die Transportunternehmen in der Pflicht, wie sie weiter schreibt: «Staatlich unterstützte Aktionen lehnt der Bundesrat ab.» Die öffentliche Hand finanziere bereits «einen wesentlichen Teil der ungedeckten Kosten im Regionalverkehr und bei der Bahninfrastruktur», was den Transportunternehmen «Spielraum für spezifische Aktionen» ermögliche. (aargauerzeitung.ch)
Aber Verzicht, respektive die Umgebung geniessen ist halt nicht populär. Schade eigentlich ...