Schweiz
Gesellschaft & Politik

Schweiz: Die wichtigsten Beschlüsse des Parlaments vom Mittwoch

Der Nationalrat tagt an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 16. September 2025, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Das Parlament trifft sich derzeit zur Herbstsession in Bern.Bild: keystone

Gekaufte Unterschriften, Sorgerecht und Amnestie für Ukraine-Kämpfer – die Parlaments-News

Das Parlament tagt derzeit in der Herbstsession in Bern. Alle Beschlüsse, Abstimmungsresultate und Sonstiges vom Mittwoch findest du hier.
17.09.2025, 22:3717.09.2025, 22:37

Unterschriftenkauf soll legal bleiben

Kommerzielle Unterschriftensammlungen für Initiativen und Referenden sollen weder verboten noch bewilligungspflichtig werden. Dieser Meinung ist der Nationalrat. Er hat zwei entsprechende parlamentarische Initiativen der Grünen abgelehnt.

Mit 123 zu 66 Stimmen bei einer Enthaltung sagte der Nationalrat am Mittwoch Nein zu einer parlamentarischen Initiative der Grünen-Fraktion, die ein Verbot des gewerbemässigen Sammelns fordert. Das Begehren ist damit vom Tisch.

Der Rat folgte dem Antrag seiner Staatspolitischen Kommission (SPK-N). Ein Verbot schiesse über das Ziel hinaus, befand deren bürgerliche Mehrheit. Sie argumentierte zudem mit kaum machbaren Abgrenzung zwischen gewerbsmässig und eben nicht gewerbsmässig sammelnden Organisationen.

Mit demselben Argument lehnte die bürgerliche Mehrheit eine zweite parlamentarische Initiative der Grünen ab, die eine Bewilligungspflicht für gewerbemässiges Unterschriftensammeln forderte. Auch sie lehnte der Nationalrat ab, mit 121 zu 66 Stimmen bei 3 Enthaltungen, und auch sie ist damit erledigt.

Im vergangenen Jahr war bekannt geworden, dass es bei Unterschriftensammlungen für Initiativen und Referenden mutmasslich zu Fälschungen kam. In der Folge wurden politisch mehrere Vorschläge für Gesetzesänderungen diskutiert.

Mehrheitsfähig scheint derzeit nur eine Idee: das E-Collecting oder elektronische Unterschriftensammeln. Die SPK-N begrüsst denn auch eine gesetzliche Grundlage für die versuchsweise elektronische Unterschriftensammlung. Der Nationalrat dürfte am (morgigen) Donnerstag darüber entscheiden.

Polizei soll Nationalitäten nennen

Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz sollen künftig grundsätzlich die Nationalität von Straftätern in Polizeimeldungen nennen müssen. Der Nationalrat möchte eine schweizweite Regelung.

Er hat am Mittwoch einer parlamentarischen Initiative von Benjamin Fischer (SVP/ZH) Folge gegeben - mit 100 zu 84 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Die SVP stimmte fast geschlossen dafür, Mitglieder von Mitte und FDP unterstützten das Anliegen teilweise. Das Geschäft geht nun an die zuständige Ständeratskommission.

Fischer argumentierte, es bestehe ein öffentliches Interesse zu erfahren, woher die Personen stammen, die unter Verdacht stehen, strafrechtlich in Erscheinung getreten zu sein. Dies verhindere Spekulationen in der Öffentlichkeit, die zu Pauschalisierung und Vorurteilen gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen führen könnten.

Die Strafverfolger sollen Alter, Geschlecht und Staatsangehörigkeit der Täter, Tatverdächtigen und Opfer angeben, sofern keine Gründe des Persönlichkeitsschutzes dagegen sprächen oder die Gefahr bestehe, dass die Personen identifiziert würden.

Die Mehrheit der Rechtskommission des Nationalrats (RK-N) dagegen argumentierte, dass eine solche Praxis in mehrfacher Hinsicht ein Risiko darstellen würde. Sie befürchtete beispielsweise, dass diese Informationen politisch instrumentalisiert werden könnten.

Nicht die Staatsangehörigkeit, sondern das sozioökonomische Profil sei ausschlaggebend für die Straffälligkeit, gab die RK-N zu bedenken. Und diese Informationen würden auch nicht in den Polizeimeldungen erwähnt.

Mehrere Kantone und Gemeinden geben in Polizeimeldungen die Staatsangehörigkeit grundsätzlich bekannt. Nun muss die zuständige Ständeratskommission und eventuell die kleine Kammer darüber entscheiden, ob eine nationale Regelung ausgearbeitet werden soll oder nicht.

Rehabilitierung von Ausland-Kämpfern

Der Nationalrat will Schweizer und Schweizerinnen, die im Bürgerkrieg in Syrien gegen die Terrormiliz IS gekämpft haben und deswegen verurteilt worden sind, nicht generell rehabilitieren. Er hat am Mittwoch eine parlamentarische Initiative mit dieser Forderung abgelehnt.

Eingereicht hatte den Vorstoss Nationalrat Lukas Reimann (SVP/SG). Er verlangte, Strafurteile für Schweizer Bürgerinnen und Bürger aufzuheben, die im Ausland gegen den IS und «für die Demokratie» gekämpft haben, wie er es formulierte. Der Nationalrat lehnte die Initiative mit 116 zu 68 Stimmen bei 6 Enthaltungen ab; sie ist vom Tisch.

Reimann nannte in der Initiative Johan Cosar. Der ehemalige Wachtmeister wurde 2019 vom Militärgericht in Bellinzona für seinen Einsatz bei einer Christen-Miliz in Syrien mit einer bedingten Geldstrafe von neunzig Tagessätzen bestraft. Vom Vorwurf der Rekrutierung für eine fremde Armee sprach ihn das Militärgericht hingegen frei.

Cosars Eltern sind assyrischer Abstammung und damit Christen. Mit weiteren Personen formierte Cosar die Miliz Syriac Military Council, in der er von 2013 bis 2015 im Einsatz stand. Dies geschah ohne die Bewilligung des Bundesrats. Dies wäre für einen legalen Kampfeinsatz eines Schweizer Soldaten im Ausland nötig gewesen.

Die Rechtskommission des Nationalrates (RK-N) lehnte die parlamentarische Initiative ab. Ihr sei ein einziger verurteilter Schweizer bekannt, der in Syrien gegen den IS gekämpft habe, nämlich Cosar, schrieb sie dazu. Sie lehnte eine generelle Rehabilitation ab, weil sie kein Präjudiz schaffen wollte.

Vertreterinnen und Vertreter von SP, Grünen und GLP sprachen sich für die Initiative aus. Ihrer Meinung nach sollte geprüft werden, ob die Gesetzesbestimmungen, die fremden Militärdienst verbieten, noch aktuell seien. Der IS sei eine in der Schweiz gesetzlich verbotene terroristische Organisation.

Auch keine Amnestie für Ukraine-Kämpfer

Vom Tisch sind auch weitere Rehabilitierungen von in der Schweiz verurteilten Kämpfern im Ausland. Denn der Nationalrat lehnte am Mittwoch eine zweite parlamentarische Initiative von Jon Pult (SP/GR) ab - mit 125 zu 64 Stimmen bei einer Enthaltung.

Diese verlangte eine Amnestie für Schweizer Ukraine-Kämpfer. Aktuell sind über ein Dutzend Verfahren gegen Personen hängig, die sich an Kampfhandlungen in der Ukraine beteiligt haben.

Die zuständige Kommission beantragte auch hier Ablehnung. Würde diesen und weiteren Kämpfenden eine Amnestie gewährt, so würde die Bundesversammlung damit ein politisches Signal in einem laufenden bewaffneten Konflikt geben, argumentierte die Mehrheit. Das sei aus neutralitätspolitischen Überlegungen nicht angezeigt und könne unerwünschte innen- und aussenpolitische Konsequenzen haben. (sda)

Verbot für Import und Handel bestimmter Pelze

Der Import von und der Handel mit tierquälerisch erzeugten Pelzen soll verboten werden. Dieser Meinung ist der Nationalrat. Er hat am Mittwoch entsprechende Änderungen des Tierschutzgesetzes deutlich gutgeheissen.

Anlass für die Reform ist die Volksinitiative «Ja zum Importverbot für tierquälerisch erzeugte Pelzprodukte (Pelz-Initiative)». Diese verlangt ein Importverbot für Pelzprodukte, deren Herstellung gegen Schweizer Recht verstösst.

Wie der Bundesrat hält dies auch der Nationalrat für handelsrechtlich problematisch. Stattdessen sollen mit einem indirekten Gegenvorschlag neue gesetzliche Regeln geschaffen werden. Nur noch in Ausnahmefällen sollen Pelzimporte möglich sein.

In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat die Vorlage mit 183 zu 9 Stimmen gut. Initiative und Gegenvorschlag gehen nun an den Ständerat. Das Initiativkomitee hat bereits angekündigt, das Volksbegehren zurückzuziehen, falls das Parlament einen griffigen Gegenvorschlag verabschieden sollte.

Minderheitenschutz vor dem Ausland

Das Parlament will ausländische Gemeinschaften in der Schweiz besser vor Druckversuchen und Bespitzelung durch die Regierungen ihrer Herkunftsstaaten schützen. Der Bundesrat soll dazu Massnahmen ergreifen und wenn nötig Gesetzesänderungen vorschlagen.

Mit 33 zu 2 Stimmen überwies der Ständerat am Mittwoch eine entsprechende Motion der Aussenpolitischen Kommission (APK-N) des Nationalrates.

Diese hatte sich in der Begründung des Vorstosses auf zwei Postulatsberichte zur Situation von Tibeterinnen und Tibetern sowie Uigurinnen und Uiguren in der Schweiz gestützt. Sie zeigten auf, wie in der Schweiz lebende Gemeinschaften, die in ihrer Heimat unterdrückt seien, auch hierzulande von ausländischen Akteuren überwacht und eingeschüchtert würden, schrieb die APK-N.

Namens der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates sagte Franziska Roth (SP/SO), dass nicht nur China, sondern auch Russland oder auch Eritrea Urheber seien von transnationaler Repression. Druckmittel seien Überwachung, Infiltration oder auch das Fotografieren auf der Strasse.

Der Bundesrat stellte sich erfolglos gegen die Motion. Der Bundesrat handle bereits, um transnationale Repression einzudämmen, sagte Verteidigungsminister Martin Pfister. Arbeiten dazu seien im Gang, und es gelte, deren Wirkung abzuwarten.

Gemeinsames Sorgerecht für Unverheiratete

Unverheiratete Paare sollen die elterliche Sorge für ihre Kinder von deren Geburt an gemeinsam ausüben. Paare ohne Trauschein sollen in diesem Punkt gleich behandelt werden wie Verheiratete.

Der Nationalrat hat am Mittwoch stillschweigend Ja gesagt zu einer parlamentarischen Initiative von Philippe Nantermod (FDP/VS). Heute müssten unverheiratete Elternpaare eine gemeinsame Erklärung abgeben, um die gemeinsame elterliche Sorge für ihr Kind zu begründen, machte Nantermod geltend.

Bis zum Vorliegen dieser Erklärung oder bis die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) bei Uneinigkeit der Eltern eine Verfügung erlässt, bleibe das Sorgerecht bei der Mutter. Dagegen übten Verheiratete die elterliche Sorge ab der Geburt ihres Kindes gemeinsam aus.

Nantermod begründete seine Forderung mit der steigenden Zahl von unverheirateten Elternpaaren. Jedes dritte Kind werde heute ausserehelich geboren, und dieser Anteil dürfte noch steigen. Die Rechtskommission des Nationalrats (RK-N) stellte sich hinter die Forderung.

Viele Entscheide stünden bei der Geburt des Kindes an und müssten gemeinsam getroffen werden, begründete die Kommission dies. Zudem entspreche die gemeinsame elterliche Sorge der Praxis. Sie gelte auch nach den meisten Scheidungen. Verheiratete und unverheiratete Elternpaare sollten dieselben Rechte und Pflichten haben.

Nach dem Ja des Nationalrats geht die Initiative an die Rechtskommission des Ständerates (RK-S). Diese hatte die Forderung zunächst abgelehnt und hat sich jetzt erneut damit zu befassen.

(sda/cpf)

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