Schweiz
Gesellschaft & Politik

Röstis Autobahn-Ausbau in der Kritik: Mehr Verkehr statt Entlastung?

Albert Rösti zu den Abstimmungsergebnissen
Verkehrsminister Albert Rösti kämpft für den Autobahn-Ausbau.Bild: bund

Der Effekt von Röstis Autobahn-Ausbau läuft ins Leere

Verkehrsminister Albert Rösti kämpft für den Autobahn-Ausbau. Vor einem grösseren Verkehrsaufkommen warnen die Gegner. Ein Bericht des Bundesamts für Strassen zeigt, dass der Ausbau-Effekt nach wenigen Jahren ins Leere läuft. Am 24. November stimmen die Schweizer über die Vorlage ab.
11.10.2024, 09:4211.10.2024, 13:25
Mehr «Schweiz»

Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) zeigt auf, dass der geplante A1-Ausbau zwischen Nyon und Genf von vier auf sechs Spuren nach wenigen Jahren schon wirkungslos wäre. Dieser Bericht liegt «Blick» vor. Der Ausbau ist einer der sechs Autobahn-Ausbauten, über welche die Schweizer am 24. November abstimmen. Durch das Projekt möchte der Bundesrat Engpässe im Verkehrsnetz beseitigen. Der ASTRA-Bericht zeigt aber auf, dass die Kapazität mit dem Ausbau von heute 90'000 zwar auf 130'000 Autos pro Tag erhöht, diese aber schon 2040 erreicht wäre – und die Autos wieder im Stau stünden. Trotzdem ist auch das ASTRA für einen Ausbau.

SVP-Bundesrat Rösti ist da anderer Meinung und erklärte vor den Medien, weshalb der Autobahnausbau notwendig sei. Das Verkehrsaufkommen auf dem Nationalstrassennetz habe sich gemäss Rösti in den vergangenen 60 Jahren mindestens verfünffacht. Stark befahrene Abschnitte seien überlastet. Er gibt aber zu, dass mit neuen Strassen auch neuer Verkehr angezogen wird. Es gehe aber hier nicht um neue Strassen, sondern um den Ausbau bestehender Strassen.

Rösti meint, ohne Ausbauten gehe es nicht mehr. Betroffen seien vor allem die Agglomerationen. Autofahrerinnen und Autofahrer würden auf Kantons- und Gemeindestrassen ausweichen, um die Staus zu umgehen. Städte und Dörfer werden so mit zusätzlichem Verkehr belastet. «Der Ausweichverkehr gehört darum zurück auf die Autobahn. In den betroffenen Regionen sollen die Menschen sicher die Strasse überqueren können, Velofahren und zur Schule gehen können», sagte Albert Rösti.

Das sagen die Autobahn-Gegner

Die Gegner des Projekts warnen, dass ein Autobahn-Ausbau nicht zur Entlastung der Strassen führe, sondern nur zu noch mehr Verkehr. Mit neuen Autobahnkapazitäten steige das Verkehrsaufkommen überproportional an, da plötzlich mehr Menschen das Auto nutzen. Langfristig gesehen führe dies zu einer Rückkehr des Staus. Die Gegner beziehen sich dabei etwa auf eine wissenschaftliche Untersuchung aus Kalifornien.

Der deutsche Mobilitätsexperte Stefan Bratzel (57) beschreibt dieses Phänomen ebenfalls in seinem Buch «Extremes of Mobility». Bei einer Erweiterung der Strassen nähmen Leute neue Strecken, weil sie schneller sind. Es würden zudem Fahrten gemacht, die man vorher aus Zeitgründen vermieden habe. Menschen zögen langfristig auch weiter weg, weil die neuen Strassen längere Wege attraktiver mache. Die somit volleren Strassen führen schnell wieder zu einem Stau-Problem.

Dies bremst Verkehrsminister Rösti aber nicht in seinem Vorhaben. Dass nur neue Strassen neuen Verkehr anzögen, zeigt sich für ihn am Beispiel der Autobahn entlang des Walensees. «Das Problem wurde gelöst, heute gibt es dort keine Staus mehr», begründet Rösti. (kek)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
«Der legendäre Feuerblitz», oder: Das beste Auto-Inserat der Schweiz
1 / 9
«Der legendäre Feuerblitz», oder: Das beste Auto-Inserat der Schweiz
«Schweren Herzens muss ich mich von meinem geliebten 'Feuerblitz' verabschieden», schreibt der Verkäufer dieses Peugeot 206 aus dem Jahr 2002. «Grund dafür ist ein Umzug in die Stadt Luzern, wo man im Gegensatz zu meinem Heimatkaff kein Auto benötigt, um von A nach B zu gelangen (öffentlicher Verkehr gibt’s sogar noch nach 20:00 Uhr).»
quelle: ricardo.ch / ricardo.ch
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Influencer streamt seinen Autounfall
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
356 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
P. Etter
11.10.2024 10:02registriert Dezember 2021
Gleichzeitig den ÖV beschneiden, sodass viele nicht auf die ÖV oder gar zurück aufs Auto wechseln und dann das Argument bringen, der Verkehr sei zu sehr überlastet. Am Besten ist die Rhetorik, dass die Zuwanderung und Linken daran Schuld sind.
Ich bin ja grundlegend nicht gegen den Ausbau von Autobahnen, wenn es denn Sinn macht.
Vor allem aber sollten die Alternativen günstiger und mindestens gleich gut sein.
Diese zu beschneiden ist keine Politik, sondern Extorsion.
Rösti ist kein Bundesrat und Staatsmann. Er blieb politisch Parteipolitiker, Nationalrat und Lobbyist mit nun zu viel Macht.
29948
Melden
Zum Kommentar
avatar
Deep sea
11.10.2024 09:48registriert Juli 2015
Ich gehe mal davon aus, dass der Vorschlag angenommen wird.

Ich persönlich bin dagegen, obwohl ich Autos liebe. Aber im Sinne der Umwelt sollte man lieber den ÖV stärken
24353
Melden
Zum Kommentar
avatar
Etniesoph
11.10.2024 09:47registriert Januar 2018
Spannend! Ein neuer Ausbau einer Strasse ist also keine neue Strasse. Doch! Dieses Argument überzeugt total!
12234
Melden
Zum Kommentar
356
Die befestig­te Sprachgrenze
Im Ersten Weltkrieg soll die Fortifikation Murten einen französischen Angriff aus Westen aufhalten. Im Berner Seeland und im Murtenbiet entstehen Schützengraben und Bunker. Viele dieser Bauten liegen direkt auf der Sprachgrenze!

Mit den Seespiegelsenkungen der Ersten Juragewässerkorrektion ist das Grosse Moos leichter passierbar geworden. Vorher bildeten die Sümpfe ein natürliches Geländehindernis im Landesinneren. Ab 1901 ist Bern per Eisenbahnstrecke via Neuenburg und Val de Travers mit Pontarlier verbunden. Diese Route ist die kürzeste Verbindung von Frankreich nach Bern. Nachdem 1913 die Eisenbahnstrecke Lötschberg-Simplon eröffnet wird, ist die Linie Pontarlier-Bern Teil der zweiten Alpentransversale durch die Schweiz.

Zur Story