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Gesellschaft & Politik

Martin Pfister muss sich gegen die Alphatiere im Bundesrat behaupten

Der neugewaehlte Bundesrat Martin Pfister, links, begruesst Bundespraesidentin Karin Keller-Sutter, sowie die Bundesraete Guy Parmelin und Ignazio Cassis, von links, nach der Ersatzwahl in den Bundesr ...
Martin Pfister schüttelt «Alphatier» Karin Keller-Sutter die Hand.Bild: keystone

Martin Pfister muss sich gegen die Alphatiere im Bundesrat behaupten – kann er das?

Die Hoffnungen ruhen auf dem Neuen: Neo-Bundesrat Martin Pfister fällt die Aufgabe zu, die Landesregierung wieder zusammenzuschweissen. Er weiss das auch.
13.03.2025, 06:0313.03.2025, 06:17
Sermîn Faki / ch media
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Freundschaftlich legt Karin Keller-Sutter ihre Hand auf seinen Oberarm, als sie Martin Pfister im Kreis der Bundesräte begrüsst: «Martin, ich gratuliere dir und wünsche dir von Herzen alles Gute. Herzlich willkommen!»

Die Bundespräsidentin scheint sich aufrichtig über den neuen Kollegen zu freuen. Auch wenn es heisst, sie habe im Vorfeld für Pfisters Konkurrenten Markus Ritter geweibelt: Den Personalwechsel dürfte die St.Gallerin begrüssen, war ihre Beziehung zur abtretenden Verteidigungsministerin Viola Amherd doch zunehmend belastet.

Es ist vor allem der seit zwei Jahren andauernde Streit um das Armeebudget, der den Konflikt befeuerte, ja eskalieren liess. Hinzu kamen Indiskretionen und Intrigen, durch die eine der beiden Frauen immer wieder schlecht dastand. Der Abnützungskampf fand erst mit der Ersatzwahl für Amherd am Mittwoch ein Ende. Es war ein Kampf, den Amherd verloren hat, der aber auch Keller-Sutter Kräfte kostete. Schlimmer: Es war ein Kampf, der den Gesamtbundesrat als dysfunktionales Grüppli von Einzelmasken zeigte.

Konsens und Kollegialität

Mit Pfister bietet sich der Landesregierung die Chance auf einen Neuanfang. Dies umso mehr, als der Zuger Konsens und Kollegialität ins Zentrum seiner Antrittsrede und seiner ersten Medienkonferenz stellte. Ihm scheint bewusst zu sein, wie schlecht die Falle ist, die der Bundesrat seit geraumer Zeit macht.

Der neugewaehlte Bundesrat Martin Pfister erklaert Annahme der Wahl nach seiner Wahl in den Bundesrat durch die Vereinigte Bundesversammlung, am Mittwoch, 12. Maerz 2025 im Nationalratssaal in Bern. ( ...
Pfister appellierte in seiner Rede vor dem Parlament an die Kollegialität.Bild: keystone

Dabei wäre Kollegialität heute besonders wichtig: Die innenpolitischen Herausforderungen für die Schweiz sind gross, von den aussen- und sicherheitspolitischen ganz zu schweigen. Da kann sich das Land eine streitende und gelähmte Regierung nicht leisten.

Pfister betonte, er werde alles tun, «um Kollegialität und Konsensorientiertheit zu leben, einzubringen und im Gremium zu verteidigen: Die Schweiz verdient und benötigt einen Bundesrat, der geeint und als Team die heute erforderliche Führungskraft entfalten kann.»

«Pfister wird dem Bundesrat guttun»

Das erhofft man sich auch im Parlament. So sagte FDP-Nationalrätin Regine Sauter gegenüber «Tele Züri», sie sei überzeugt, dass Pfister einen guten Beitrag leisten werde, um den Bundesrat als Team zu stärken. Grünen-Fraktionschefin Aline Trede sekundierte, mit seinem Charakter werde Pfister «dem Bundesrat guttun». Und selbst SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer, die beklagt, dass der Bundesrat mit Pfister nach rechts gerutscht sei, betonte, er sei eine «integrierende Persönlichkeit, die ein anderes Verständnis von Kollegialität hat» als Konkurrent Ritter.

Mattea Meyer, Co-Praesidentin SP Schweiz, Nationalraetin SP/ZH spricht waehrend einer Medienkonferenz des Referendumskomitees gegen den "masslosen Autobahn-Ausbau" im Hinblick auf Abstimmung ...
Selbst Mattea kann der Wahl Pfisters etwas Gutes abgewinnen.Bild: keystone

Als Beispiel wurde am Wahltag wieder eine Episode hervorgekramt, die zeigen soll, wie Ritter schon bisher mit Härte und Kompromisslosigkeit regiert: Den grünen Landwirt und Berner Nationalrat Kilian Baumann warf Ritter aus aus der bäuerlichen Parlamentariergruppe – weil ihm seine Positionen nicht passten. Pfister hingegen hat in Bern noch keine verbrannte Erde hinterlassen.

Was die Linken nicht sagen: Sie hoffen – auch angesichts der Schwäche der beiden SP-Bundesratsmitglieder -, dass Pfister den Viererblock der SVP- und FDP-Bundesräte sprengen und hier und da linkeren Positionen zum Durchbruch verhelfen kann. Sie beziehen sich damit auch auf Aussagen Pfisters, wonach die Basis erfolgreicher Regierungsarbeit sei, alle Kräfte miteinzubeziehen.

Kann er die Alphatiere einfangen?

Ob Pfister das tun wird, ist offen. Und auch, ob er durchsetzungsstark genug ist. Aus Zug heisst es zwar, dass er die SVP-FDP-Mehrheit in der Kantonsregierung durchaus einfangen konnte. Doch im Parlament gibt es durchaus Zweifel. So sagte SP-Nationalrätin Jacqueline Badran auf die Frage, was sie sich für Pfister erhoffe gegenüber watson unverblümt:

«Soll ich ehrlich sein? Dass er nicht der Hampelmann von Keller-Sutter und Rösti wird.»

Und selbst Parteifreunde haben Zweifel. Der St.Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth zum Beispiel. Er sagte nach der Wahl, er finde, es brauche eine «starke Persönlichkeit» im Bundesrat:

«Markus Ritter wäre so jemand gewesen. Ob sich Martin Pfister zu einer solchen Persönlichkeit entwickelt, werden wir sehen.»

Es dürfte in der Tat nicht ganz einfach werden, die Achse der Alphatiere im Bundesrat – Karin Keller-Sutter und Albert Rösti – zu durchbrechen. Andere Stimmen aus dem Bundesratsumfeld bestätigen das zwar, fügen aber hinzu: «Ritter hätte es auch nicht gekonnt.»

Doch die Kollegialität im Bundesrat hat noch eine andere Seite – und da wird Pfister wohl keine Enttäuschung: Sololäufe wie die von Amherd kann man sich von ihm nur schwer vorstellen. Das dürfte auch die Hoffnung von Karin Keller-Sutter sein – und erklärt wohl ihren freundschaftlichen Empfang. (aargauerzeitung.ch/con)

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gurgelhals
13.03.2025 06:46registriert Mai 2015
Der Artikel impliziert es ja schon: Die beiden Betonköpfe, die am wenigsten auf Kollegialität und Konkordanz geben, weil man als Bundesrat gemäss ihrem Amtsverständnis offenbar primär skrupellose Lobbypolitik zu machen hat, sitzen ja weiterhin fest in der Regierung. Und es gibt auch keinerlei Anzeichen dafür, dass die nicht so weitermachen werden wie bisher. Warum sollte man da also erwarten, dass ein Neuankömmling daran gross etwas ändern können wird?
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Pebbles F.
13.03.2025 07:10registriert Mai 2021
Ich finde es offensichtlich, dass KKS zusammen mit Rösti eine ganz besonders kollegiale Beziehung rechtsaussen pflegen.

Da sie Amherd auf fiese Art handlungsfähig gemacht haben, muss sich nun Pfister daran orientieren, mit den anderen vieren eine verlässliche Politik zu betreiben.

Es führt kein Weg daran vorbei, dass die
Medien wiederholt aufzeigen, wie schädlich KKS und Rösti für den BR, also die Schweiz sind.
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Möwin
13.03.2025 07:11registriert März 2020
Diese Fotoaufnahme ist interessant in Bezug auf die Körpersprache von KS. Ein Schritt mit Bein retour und ausgeprägt vorausausgestreckter Hand. "Komm mir nicht zu nahe".
Hoffe sehr, dass er sich von der St. Gallerin und der Portion Rösti, nicht in die Ecke drücken lässt.
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