Die Schweizer lieben das Fliegen – jetzt soll es teurer werden
Es war einer der umstrittensten Punkte aus dem CO2-Gesetz, das die Schweizer Stimmbevölkerung 2021 knapp versenkte: die Flugticketabgabe. Die Idee dahinter ist simpel. Wer aus der Schweiz in die Welt jettet, zahlt abhängig vom Kerosinverbrauch einen Aufpreis. Damit soll dem Klima zuliebe die Lust am Fliegen kleiner werden.
Nun gelangt diese Forderung erneut auf die politische Agenda. Die Umweltorganisation Umverkehr lanciert eine Volksinitiative gegen die «Vielfliegerei» und verschafft der Flugticketabgabe ein Comeback.
«Eigentlich bräuchten wir mehr Klimaschutz, und trotzdem steigt der Flugverkehr in der Schweiz unaufhaltsam an», sagt Co-Präsidentin und Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser. Wolle die Schweiz ihre Klimaziele erreichen, müsse man diese Entwicklung stoppen.
Ryser stört sich an der Ungleichbehandlung zwischen dem öffentlichen Verkehr und der Luftfahrt. Die Bahn müsse Stromsteuern sowie Trassengebühren berappen. «Demgegenüber sind Flugzeuge von einer Kerosinsteuer und der CO-Abgabe befreit.»
Auch darum sei es heute für viele günstiger, einen Wochenendausflug nicht am Bahnhof, sondern am Flughafen zu beginnen. Tatsächlich scheint Flugscham ein Begriff aus dem letzten Jahrzehnt. Seit dem Ende der Pandemie eilen die Deutschschweizer Flughäfen von einem Passagierrekord zum nächsten. «Mit einer Flugticketabgabe wollen wir dies korrigieren», sagt Ryser.
Ferienbatzen für eine vierköpfige Familie
Das eingenommene Geld will Ryser grossmehrheitlich an die Bevölkerung auszahlen. Wie, lässt die Initiative offen. «Den genauen Mechanismus muss das Parlament definieren», sagt Ryser.
Eine vierköpfige Familie könne so schnell einmal das nächste Ferienbudget aufstocken.
Dass die Bevölkerung einen ähnlichen Vorschlag schon einmal ablehnte, stellt Ryser nicht in Abrede. «Beim CO2-Gesetz war die Flugticketabgabe aber nur eine Massnahme unter vielen. Umfragen im Nachgang zur Abstimmung zeigten, dass die Flugticketabgabe eine hohe Zustimmung in der Bevölkerung geniesst.»
Ryser bezieht sich damit auf eine repräsentative Befragung des Instituts Gfs Zürich im Auftrag von Umverkehr. In dieser sprachen sich 72 Prozent der Befragten dafür aus, Flugtickets zu verteuern.
Auf die Nachfrage, wie hoch eine Flugticketabgabe ausfallen soll, entschieden sich 42 Prozent der Befragten für die tiefste vorgeschlagene Variante: 30 Franken für einen Kurzstreckenflug, 120 Franken für einen Langstreckenflug. 52 Prozent hingegen würden noch höhere Ticketpreise in Kauf nehmen.
Die geplante Umverkehr-Initiative macht dazu noch keine Angaben. In einem Vorstoss, den Ryser 2022 im Nationalrat einreichte, orientierte sich die Grünen-Nationalrätin aber genau an dieser Grössenordnung: 20 Franken Grundtaxe plus 1 Rappen pro zurückgelegten Flugkilometer. Das würde zu einer Abgabe von 30 Franken für einen Flug innerhalb Europas führen; nach New York würde es 83 Franken und nach Los Angeles 115 Franken ausmachen, rechnete Ryser dem Parlament vor.
Im Parlament stiess Ryser nicht durch
Dieses liess sich allerdings nicht überzeugen. Es folgte dem Antrag von Bundesrat Albert Rösti und wies die Motion zurück. Für den Vorstoss stimmten neben Rysers Grünen die SP sowie vereinzelte Mitglieder aus der GLP und der Mitte.
Umverkehr begibt sich nun auf die Suche nach möglichen Partnern für die Initiative. Es wäre nach dem erfolgreichen Referendum gegen den Autobahnausbau bereits der nächste Abstimmungskampf für den 1992 gegründeten Verein – allerdings erst die zweite nationale Initiative. In der ersten Hälfte des nächsten Jahres will Umverkehr die Unterschriftensammlung starten. (aargauerzeitung.ch)
