Um 18 Uhr am Donnerstagabend hat sich der Bundesrat zur Departementsverteilung getroffen. Eine Stunde später dann die grosse Überraschung: Es ist nicht der neu gewählte SP-Bundesrat Beat Jans, der vom zurücktretenden Alain Berset das Innendepartement erbt, sondern seine Parteikollegin Elisabeth Baume-Schneider.
Das teilte der Bundesrat in einem Communiqué mit, ohne jede weitere Erklärung. Es ist höchst ungewöhnlich, dass ein Regierungsmitglied gerade mal ein Jahr nach Amtsantritt das Departement schon wieder wechselt. Als Anfang 2019 Guy Parmelin nach drei Jahren vom Verteidigungs- ins Wirtschaftsdepartement wechselte, wurde das weitherum kritisiert.
Baume-Schneider macht diesen Schritt noch viel früher. Auch bei ihr, wie schon bei Parmelin, dürfte von einer Flucht aus einem ungeliebten Departement die Rede sein. Als Justizministerin wurde sie vor allem im Asyldossier von der SVP sehr hart angegangen. Bei der Frage der Unterbringung von Asylsuchenden lag sie mit dem Ständerat über Kreuz. Nun überlässt sie all den Ärger ihrem Genossen, dem Basler Beat Jans.
Hört man sich im Umfeld der Bundesrätin um, ist freilich von Flucht nicht die Rede – vielmehr von einer «Heimkehr»: Die Jurassierin hat Sozialwissenschaften studiert, war jahrelang Sozialarbeiterin und führte vor ihrer Wahl in den Bundesrat eine Hochschule für soziale Arbeit. Als Regierungsrätin des Kantons Jura war sie zudem für Kultur zuständig. Von 2012 bis 2016 war sie Präsidentin der Eidgenössischen Filmkommission. Kurz: Die Dossiers im Innendepartement liegen Baume-Schneider viel näher als Asylpolitik, Bundespolizei und juristische Gutachten, wie sie das Bundesamt für Justiz im EJPD liefern muss.
Kommt hinzu: Schon bei ihrer Wahl Ende 2022 hat die SP-Bundesrätin erklärt, sie werde nicht für viele Jahre im Bundesrat bleiben. Aus heutiger Sicht heisst das, dass sie kaum mehr als sechs Jahre im Amt verweilen dürfte. Vor diesem Hintergrund wollte sie sich die Gelegenheit des Wechsels offensichtlich nicht entgehen lassen.
Jans, so heisst es, sei nicht besonders erfreut gewesen über das Fait accompli seiner Genossin. Allerdings musste schon FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter bei ihrer Wahl contre cœur ins EJPD - gemäss dem Motto: Wer zuletzt gewählt wird, darf erst zuletzt wählen. Immerhin: Im EJPD erhält der Basler Jans Gelegenheit, an zentraler Stelle in der Europapolitik mitzuwirken - ein Dossier, das ihm am Herzen liegt. Sein Staatssekretariat für Migration ist zuständig für Fragen der Personenfreizügigkeit, er wird regelmässig an den Treffen der EU-Justizminister teilnehmen können.
Zudem wird Jans nun ein rabiater Kaltstart erspart: Als Innenministerin wird es Elisabeth Baume-Schneider sein, die im kommenden Jahr insgesamt sechs Vorlagen in Volksabstimmungen wird vertreten müssen – mehrere davon gegen die Position ihrer Partei.
Zur Abstimmung kommt im März eine Initiative der Gewerkschaften, die eine 13. AHV-Rente fordert. Baume-Schneider muss die Ablehnung des Bundesrats vertreten, die SP kämpft für ein Ja. Die Renteninitiative der Jungfreisinnigen, die auf eine Erhöhung des Rentenalters hinausläuft, wird die Innenministerin hingegen voller Überzeugung bekämpfen.
Im Juni stehen die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP und die Kostenbremse-Initiative der Mitte auf dem Programm, dazu auch noch die «Stopp Impfpflicht»-Initiative. Der Bundesrat lehnt alle ab. Bleibt die Reform der zweiten Säule in der Altersvorsorge. Gegen diese haben die Gewerkschaften und die SP erfolgreich das Referendum ergriffen. Auch hier muss Baume-Schneider gegen ihre Partei antreten.
Die Innenministerin wird sehr präsent sein in ihrem zweiten Amtsjahr.
Aber wir werden wohl erst bei 7 SVP BundesrätInnen die Übernahme des Polizei Departements durch die SVP erleben.
Gleiches gilt für das EDI mit dem Gesundheitswesen.
Immer schön allem ausweichen, das ist das Motto der SVP.