Nicht unbedingt gesund, aber zumindest «gesünder» sollen sie sein, die Tabakerhitzer namens IQOS vom Zigarettenhersteller Philip Morris International (PMI). Dies, weil durch ihre Technologie weniger schädliche Stoffe freigesetzt würden. Denn der Tabak werde in ihrem Gerät nicht verbrannt wie in Zigaretten, sondern lediglich «erhitzt». Das schreibt PMI auf seiner Website.
Das Blaue Kreuz Bern-Solothurn-Freiburg wollte es genauer wissen und hat eine Untersuchung bei zwei akkreditierten Laboren zum neusten IQOS-Modell «Iluma One» mit Sticks der Geschmacksrichtung «Terea Amelia Pearl» in Auftrag gegeben. Den Bericht mit den Ergebnissen machte das Blaue Kreuz heute publik.
Aus dem Laborbericht geht hervor, dass der Rauch der IQOS Iluma One über 40 teils toxische Stoffe beinhaltet. Beispielsweise Isopulegol oder n-Butylether, die bereits bei einmaligem Einatmen Reizungen der Atemwege auslösen können. Dieses Ergebnis überrascht das Blaue Kreuz nicht. Bereits in der Vergangenheit hat es jene Stoffe, die auch in herkömmlichen Zigaretten vorkommen können, ermittelt.
Doch die beauftragten Forschenden entdeckten noch einen weiteren Stoff. Einen, den sie noch nie zuvor im IQOS-Iluma-Rauch nachweisen konnten und den PMI nicht deklariert: Acetylfuran.
In der Lebensmittelindustrie wird Acetylfuran als Aromastoff verwendet. Die wenigen Studien, die es zur chemischen Substanz gibt, gehen davon aus, dass Acetylfuran in kleinen Mengen im Essen unbedenklich ist. Welche Auswirkungen Acetylfuran allerdings auf das Atemwegssystem hat, ist noch weitestgehend unerforscht.
Der US-Laborausrüster Thermo Fisher Scientific veröffentlichte am 8. März 2022 ein aktualisiertes Sicherheitsdatenblatt zu Acetylfuran. Unter der Sektion «mögliche Gefahren» schreibt Thermo Fisher Scientific: «Giftig bei Hautkontakt; Verursacht schwere Augenreizung; Lebensgefahr bei Verschlucken oder Einatmen.»
Ab welcher Konzentration es zu diesen Effekten auf den Körper kommt und wie viele eingeatmete Mikrogramm Acetylfuran tödlich sein können, ist unklar. Und das, obwohl der Stoff auch in herkömmlichen Zigaretten vorkommt.
Markus Wildermuth ist Leiter Information beim Blauen Kreuz Bern-Solothurn-Freiburg. Er hat die Untersuchung in Auftrag gegeben und sagt: «Stossend ist nicht nur, dass Philip Morris Acetylfuran trotz mangelnder Studien zur potenziellen Schädlichkeit verwendet, sondern auch, dass das Unternehmen den Stoff für Kundinnen und Kunden nicht deklariert.»
Aber auch in der Liste der Inhaltsstoffe aller Produkte, die das Unternehmen in der Schweiz verkauft, kommt Acetylfuran nicht vor. Diese Auflistung erstellt PMI jeweils zuhanden der Schweizer Behörden. Sie sollte vollständig sein. Welchen Stoff PMI in welchem Produkt verarbeitet und wie hoch die Konzentration jeweils ist, geht daraus aber auch nicht hervor.
Wir haben PMI den Laborbericht des Blauen Kreuzes zugesendet und um eine Stellungnahme gebeten. In dieser kritisiert der Tabakkonzern die «Einschränkungen bei der methodologischen Bewertung» des Berichts. «Wenn man Schlussfolgerungen aus wissenschaftlichen Daten zieht, ist es wichtig, die Vergleichsdaten zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse im richtigen Kontext präsentiert werden», schreibt PMI.
Die IQOS sei für erwachsene Raucher gedacht, die sonst weiterrauchen würden. Wenn es nach PMI geht, sollten daher die IQOS-Aerosole immer mit Zigarettenrauch verglichen werden. Eine Analyse der schädlichen Inhaltsstoffe der IQOS ohne diesen Vergleich – wie dies das Blaue Kreuz machte – könne bei Konsumenten für Verwirrung sorgen und behindere die Bemühungen zur Schadensminderung für Raucher.
PMI hält fest: «Sowohl die von PMI durchgeführten als auch die unabhängigen Bewertungen des IQOS-Aerosols haben konsistent ergeben, dass das Produkt im Vergleich zu Zigaretten durchschnittlich 90 bis 95 Prozent weniger schädliche und potenziell schädliche Bestandteile freisetzt.» Darüber hinaus kritisiert PMI, dass die Studie des Blauen Kreuzes keine eindeutige Bestätigung der chemischen Identitäten liefere, was dazu führen könne, dass die ausgewiesenen Chemikalien falsch identifiziert wurden.
In Bezug auf die über 40 gefundenen Stoffe, die das Blaue Kreuz in ihrem Bericht nachgewiesen hat, schreibt PMI: «Die Mehrzahl der vom Blauen Kreuz genannten chemischen Stoffe wurde in den Forschungsergebnissen von PMI, die einer Peer-Review unterzogen wurden, in weitaus geringeren Mengen als im Zigarettenrauch oder unterhalb der toxikologisch bedenklichen Grenze ermittelt und nachgewiesen.» Das heisst aber auch, dass ein Teil der Stoffe in den IQOS in höherer Konzentration vorkommen können als in Zigaretten. Welche das sind, darüber gibt PMI keine Auskunft.
Das Blaue Kreuz vermutet, dass Acetylfuran einer dieser Stoffe ist, der in der IQOS Iluma in höherer Konzentration verarbeitet und damit auch inhaliert wird als bei Zigaretten. Dies, weil der Stoff den Tabaksticks womöglich sein Aroma gibt. «Belegen können wir diese These aber leider nicht», sagt Wildermuth. Dazu müssten weitere Untersuchungen stattfinden.
Klar ist hingegen: Der Stoff Acetylfuran ist PMI bekannt. Im Rahmen einer umfassenden chemischen Charakterisierung des IQOS-Aerosols, die PMI der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) 2019 vorlegte, konnten Spuren von Acetylfuran nachgewiesen werden, heisst es von PMI. Dies jedoch in niedrigeren Mengen als im Rauch von brennbaren Zigaretten.
Die FDA sei zum Schluss gekommen: «Obwohl einige der Stoffe genotoxisch oder zytotoxisch sind, sind diese Stoffe in sehr geringen Mengen vorhanden, und die potenziellen Auswirkungen werden durch die erhebliche Verringerung der Anzahl und der Menge von schädlichen und potenziell schädlichen Bestandteilen gegenüber denjenigen in brennbaren Zigaretten aufgewogen.»
Markus Wildermuth vom Blauen Kreuz überzeugt diese Antwort nicht. Denn die FDA-Analyse, die PMI zitiert, sei veraltet. Ihr Labor untersuchte das neuste IQOS-Iluma-Modell. Dieses besitzt ein Klick-System, das erst seit 2021 bei IQOS Iluma zum Zug kommt. Bei diesem System muss man die Tabaksticks an einer gewissen Stelle zusammendrücken, um die Aromen des Sticks freizusetzen. «Aus Gründen der Transparenz hätten wir uns gewünscht, dass PMI die aktuellsten Analyseergebnisse zu ihrer neuen IQOS Iluma veröffentlicht», sagt Wildermuth.
Auf die Frage, ob PMI die Auswirkungen von Acetylfuran auf die Atemwege untersucht habe und diesbezüglich Ergebnisse präsentieren könnte, antwortet PMI trotz mehrfachem Nachhaken nicht. Stattdessen weist es auf «umfangreiche Studien» hin, die zeigten, dass die IQOS eine bessere Alternative für erwachsene Raucher sei, als weiterhin Zigaretten zu rauchen.
Und was bedeutet diese ganze Diskussion nun für Konsumenten? Setzen sich IQOS-Iluma-Raucherinnen nun einfach einem anderen, aber ebenso hohem Gesundheitsrisiko aus, wie wenn sie normale Zigaretten rauchen würden? Oder gar noch einem grösseren?
«Darauf hat die Forschung leider noch keine abschliessende Antwort, weil wir schlicht nicht wissen, welche Auswirkungen Acetylfuran sowie weitere – noch unentdeckte – Stoffe langfristig auf den Körper haben, wenn man sie inhaliert. Geschweige denn, wenn man sie regelmässig inhaliert», sagt Wildermuth.
Mit seinem Bericht möchte er vor allem darauf hinweisen, dass es zu Stoffen, die Tabakfirmen in ihren Zigarettenalternativen verwenden, mehr unabhängige Studien braucht. Aber auch, dass die Inhaltsstoffe in Tabakprodukten stärker reguliert werden müssten. Derzeit können die Hersteller nämlich alle Substanzen in ihren Produkten verarbeiten, die für Lebensmittel zugelassen sind. Und das, obwohl diese häufig nicht wissenschaftlich auf ihre Wirkung bei Inhalation untersucht werden.
Immer die gleiche Lüge. Wieso bauen sie dann Läden und machen Marketing, das mit seinem an Apple angelehnten Stil eindeutig auf die Jugend zugeschnitten ist?
Die Tabakfirmen führen solche Produkte nur ein, weil sie damit hoffen, die nächste Generation Nikotinsüchtiger heranzuziehen. Die Gesundheit ihrer Konsumenten geht denen schon seit Jahrzehnten am Allerwertesten vorbei. Das Einzige was zählt ist mehr Cash.
Eine super Sache, die Raucher nicht an das Dampfen zu verlieren und weiterhin mehrmals pro Woche 10.- aus der Tasche zu ziehen.