Es war kein sehr schmeichelhaftes Zeugnis für Wirtschaftsminister Guy Parmelin. «So diktierte die Baulobby den «Aktionsplan Wohnungsknappheit», titelte watson letzte Woche, gestützt auf «interne Dokumente». Diese zeigten, dass der SVP-Bundesrat es der Immobilien- und Baulobby von Anfang an habe recht machen wollen. Entsprechend seien die 35 Massnahmen, die aus Parmelins Rundem Tisch resultierten, nicht verpflichtend und noch dazu schwammig.
Parmelin soll jetzt entmachtet werden. In einer Motion, die sie in der ausserordentlichen Session nächste Woche einreicht, verlangt die SP vom Gesamtbundesrat: Es soll das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) weg von Parmelins Wirtschaftsdepartement (WBF) in das Innendepartement (EDI) von Elisabeth Baume-Schneider (SP) verlegen. Autor des Vorstosses ist der Luzerner SP-Nationalrat David Roth, der in Absprache mit der Fraktion und Parteispitze handelt.
In der Begründung schreibt Roth: Die derzeitige Ansiedlung des BWO im Wirtschaftsdepartement führe «offensichtlich dazu, dass bei der Bekämpfung der hohen Immobilienpreise einseitig die Interessen der Immobilienbranche im Zentrum stehen». Entsprechend wirkungslos seien die Massnahmen, die der Runde Tisch entwarf. Selbst das WBF stelle ja fest, dass nur eine der Massnahmen zählbare Resultate bringe, und auch die habe kaum Entlastungswirkung: nämlich knapp 5 Franken pro Monat. Dies bei einer Teuerung von 2 Prozent und einem Mietzins von 2000 Franken.
Das Kaufkraftproblem der Mieterinnen und Mieter werde so nicht gelöst, hält Roth fest. So verlangt er nicht nur, das BWO ins Innendepartement zu verschieben. Sondern, im Punkt zwei der Motion: Der «Prozess über die Erarbeitung von Massnahmen gegen Wohnungsknappheit und hohe Wohnungsmieten» sei neu zu starten – quasi zurück auf Feld eins.
Der Waadtländer Parmelin scheiterte an der Immobilienlobby, jetzt soll es die Jurassierin Baume-Schneider richten? Die SP-Bundesrätin, die seit ihrem Amtsantritt 2023 bisher auch nicht gerade als Problemlöserin auffiel?
David Roth winkt ab. Er sagt: «Im Wirtschaftsdepartement stehen naturgemäss die Interessen jener im Vordergrund, die mit den Wohnungen Profit machen wollen.» Das Innendepartement sei von einer anderen Perspektive geprägt. Hier gehe es um den Erhalt der Kaufkraft und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Für den SP-Mann ist der Fall klar: «Das Wohnungswesen gehört in ein Departement, das aus Sicht der Menschen, der Mieter und nicht des Kapitals denkt.»
Die Rechtsgrundlage für das Bundesamt für Wohnungswesen findet sich im Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz (WEG) von 1974. Artikel 1 dieses Gesetzes lautet: «Das Gesetz bezweckt, die Erschliessung von Land für den Wohnungsbau sowie den Bau von Wohnungen zu fördern, die Wohnkosten, vorab die Mietzinse, zu verbilligen und den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum zu erleichtern.» Angesiedelt war das BWO von Anfang an im Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD), dem Vorläufer des WBF.
Was die Kritik an seine Arbeit betrifft, fühlt man sich im Hause Parmelin ungerecht behandelt und als Zielscheibe einer politischen Kampagne. Immerhin sei es der Wirtschaftsminister gewesen, der den Runden Tisch anberaumt habe. Ohne ihn hätte es den gar nie gegeben. Auch den Vorwurf, der Immobilienlobby quasi den roten Teppich ausgelegt zu haben, weist man zurück. Fakt sei nun mal, dass es aufseiten der Bau- und Immobilienwirtschaft mehr Akteure und Verbände gebe, die einbezogen werden mussten, als auf der anderen Seite – also jener der Mieterinnen und Mieter.
Genau dieser Umstand ist für Politiker wie Roth allerdings eine Steilvorlage für eine Umgewichtung. Er sieht sich in seiner Forderung bestätigt: «2,4 Millionen und damit zwei Drittel der Schweizer Haushalte sind zur Miete», so der Luzerner. «Das Departement Parmelin sieht deren Bedürfnisse aber als Minderheitsmeinung. Das sagt doch alles.»
Wohnen ist ein Grundbedürfnis und darf nicht gänzlich dem freien Markt unterworfen sein.