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Influencer startet Fake-News-Kampagne für Getränk – Migros schaut weg

Schweizer Influencer flutet Netz mit Fake-Videos – und die Migros schaut weg

Der Influencer Joung Gustav und sein Marketingteam veröffentlichen für sein Getränk seit Monaten Fake-Videos. Der Name «Migros» wird in den Videos auffällig oft eingeblendet – doch die Detailhändlerin will damit nichts zu tun haben.
11.10.2023, 05:0011.10.2023, 17:24
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Während rund drei Jahren konnte sich der Influencer Joung Gustav auf TikTok etablieren. Berühmtheit erlangte er in dem Jahr 2020 mit seinen Strassenumfragen, in denen er vorwiegend Teenager interviewte. Den Jugendlichen scheint der Onlineauftritt des 30-Jährigen zu gefallen: Auf Tiktok hat er über 5,6 Millionen Follower.

Seit diesem Jahr ist Joung Gustav nicht mehr nur Influencer, sondern ebenfalls Geschäftsmann: Er hat sein eigenes Vitaminwasser Vyte auf den Markt gebracht. Und er hat eine fragwürdige Werbestrategie dafür.

Fragwürdige Werbeaktion

In den vergangenen Monaten haben Joung Gustav und sein Team immer wieder Fake News-Videos veröffentlicht, um das Getränk zu promoten. Bis dato wurden bereits sieben Werbeaktionen durchgeführt und auf den Instagram- und Tik Tok-Accounts des Getränks veröffentlicht. Brisant: Am Ende der Videos wird jeweils das Migros-Logo eingeblendet, denn die Detailhändlerin vertreibt das Produkt.

Das Migros-Logo fehlt in fast keiner Vyte-Werbung.
Das Migros-Logo fehlt in fast keiner Vyte-Werbung.Bild: Screenshot Instagram

Beispielsweise wurde ein Clip gepostet, in dem ein Blitz in den Prime Tower einschlägt. Das Video wurde von mehreren Kanälen reposted und erhielt fast eine Million Views. Dass es sich um ein Fake handelt, machten Joung Gustav und sein Team erst viel später publik – nachdem die Videos schon die Runde gemacht hatten.

In einem anderen Video liess das Team ein Travis-Scott-Double durch das Openair Frauenfeld spazieren – natürlich mit einer Vyte-Flasche in der Hand. Mehrere Schweizer Newsportale wie auch die Festivalbesucher waren gleichermassen erstaunt. 20 Minuten titelte: «Highlight des Abends» – Zürcherin (22) trifft Travis Scott vor Pommesbude. Wieder wurde der Stunt zwar aufgeklärt – doch auch dieses Mal erst nach einiger Zeit.

Im September kursierte in den Sozialen Medien ein Video von einem zahmen Murmeltier, welches auf der Zürcher Rentenwiese einen Pfirsich isst. watson kam das Video suspekt vor und stellte fest, dass es sich um einen Fake handeln müsse. Tierexperten Andreas Moser sagte: «Es ist ausgeschlossen, dass ein Murmeltier in der Nähe der Rentenwiese lebt. Das Tier im Video zeigt sich zutraulich und komplett ohne Berührungsängste. Wenn das tatsächlich so wäre, hätten bereits tausende Menschen das Tier wahrnehmen müssen.»

Eine andere Inszenierung war jene von einem Klimakleber, der die Hardbrücke blockierte und von einem Autofahrer zurechtgewiesen wurde. Die Weltwoche titelte: «Strassenblockade in Zürich: Angeblich greift ein Autofahrer knallhart durch. Die Klimaaktivisten machen sich schnurstracks aus dem Staub». Das Originalvideo hätten über sieben Millionen Menschen gesehen, sagt Joung Gustav in dem Aufklärungsvideo. Wieviele davon im Nachgang erfuhren, dass es ein Fake war, bleibt offen.

Was darf Werbung?

Vyte bezeichnet die Fake-Videos auf der Website als «Guerilla Marketing Aktionen». Zeitgleich könnte man die Videos aber auch als Verbreitung von Fake News ansehen.

Der Verband Schweizer Medien nimmt auf Anfrage keinen direkten Bezug auf die Kampagne von Joung Gustav, aber erklärt: «Grundsätzlich sind Fake News ein Problem, das sich in den letzten Jahren insbesondere deswegen akzentuiert hat, weil der Medienkonsum sich zu grossen Teilen in den digitalen Raum und auf Social Media Plattformen verlagert hat. Dort ist Desinformation schwieriger zu unterbinden, auch weil die Plattformen selbst zu wenig Verantwortung übernehmen.»

Was darf Werbung? Darf mit Fake News Stimmung gegen Klimaaktivisten gemacht werden, wenn die zu einem der wichtigsten Themen des Wahlkampfes gehören? Und das in einem Zeitalter, in dem in der Ukraine ein Krieg grassiert, in welchem exzessiv mit der Verbreitung von Fake News und Propaganda operiert wird.

watson hat die Migros angefragt, was sie von den Fake-Videos des Influencers hält. Das Logo der Detailhändlerin wird jeweils am Ende der Clips eingeblendet, da sie das Getränk vertreibt. Die Migros möchte sich nicht dazu äussern, man solle es beim Influencer selbst probieren. Doch auch von diesem erhielt watson keine Antwort.

Ob es eine Zusammenarbeit zwischen Migros und dem Influencer gibt, bleibt unklar. Die Migros sagt gegenüber watson lediglich, dass sie nichts mit den Videos zu tun habe. Allerdings kursieren im Netz auch Videos, in denen der Influencer vor Migros-Filialen Werbung für sein Getränk macht und Migros-Gutscheine verteilt.

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75 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Antinatalist
11.10.2023 06:12registriert September 2019
Kauft bloss nicht so Influencerzeugs. Egal, worum es sich handelt, es kann sich nur um Schrott handeln.
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tomdance
11.10.2023 07:04registriert Januar 2014
Die Jungs und Mädels bei 20Minuten und Weltwoche sind nicht in der Lage, ein Fakevideo zu erkennen und der Titel der Watson-Geschichte zielt auf die Migros? Nope. Hier ist der Fokus wohl falsch gesetzt.
1989
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Black Widow
11.10.2023 06:54registriert September 2023
Interessanter wäre: Ist das Getränk auch minderwertig und kostet viel wie Prime?
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