Schweiz
Abstimmungen 2025

FDP, F-35, Juso-Initiative: Das bringt der Schweizer Politikherbst

Mitglieder der JUSO Schweiz reichen die Initiative mit 140 000 Unterschriften "Fuer eine soziale Klimapolitik ? steuerlich gerecht finanziert (Initiative f
Über die Erbschaftssteuer-Initiative der Juso wird am 30. November abgestimmt.Bild: keystone

FDP, F-35, Juso-Initiative: Die Schweiz vor einem «heissen» Politikherbst

In der Schweizer Politik stehen zwei Abstimmungstermine mit emotionalen Vorlagen und die Nachfolge von FDP-Präsident Thierry Burkart im Zentrum des zweiten Halbjahres 2025.
20.07.2025, 14:5920.07.2025, 14:59
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Der Schweizer Politikbetrieb befindet sich im Ferienmodus. Nur in Bern wartet man auf Post von Donald Trump. Der US-Präsident lässt die Schweiz im Zollstreit zappeln, obwohl man sich in den Verhandlungen offenbar einig war. Doch bei Trump weiss man nie. Immerhin deutete er am Dienstag an, dass «kleinere Länder» bald einen Brief erhalten.

Für sie werde es einen Zoll von «vermutlich etwas über zehn Prozent» geben, sagte Trump am Rande einer Veranstaltung in Pittsburgh. Was auch immer das heissen mag. Vorerst bleibt die Unsicherheit bestehen. Vielleicht klärt sich der Nebel bis zur Bundesfeier am 1. August. Und selbst dann gäbe es keine Gewissheit, dass das letzte Wort gesprochen ist.

President Donald Trump speaks at the "Inaugural Pennsylvania Energy and Innovation Event" at Carnegie Mellon University, Tuesday, July 15, 2025, in Pittsburgh. (AP Photo/Evan Vucci)
Donald T ...
Donald Trump am Dienstag in Pittsburgh.Bild: keystone

Donald Trumps erratischer Politikstil ist eine Herausforderung für ein Land, das wie kaum ein anderes von der regelbasierten Welt(wirtschafts)ordnung nach dem Kalten Krieg profitiert hat und sich schwertut mit den neuen geopolitischen Realitäten. Doch auch die Innenpolitik bietet im zweiten Halbjahr 2025 Stoff für intensive bis hitzige Debatten. Ein Überblick:

Abstimmungen

Nach der relativen Flaute im ersten Halbjahr stehen zwei nationale Abstimmungstermine mit «emotionalen» Vorlagen bevor. Am 28. September wird das Stimmvolk zum zweiten Mal über die Einführung einer elektronischen Identität (E-ID) befinden. Ein erster Anlauf war 2021 klar abgelehnt worden, doch jetzt sind die Chancen auf eine Annahme intakt.

Alle grossen Parteien stehen mehrheitlich hinter der Vorlage. Die Gegnerschaft hat erfolgreich das Referendum ergriffen, aber eigentlich handelt es sich um ein heterogenes und teilweise zerstrittenes Bündnis aus Netzaktivisten und Staatskritikern. Es wird von der Jungen SVP und der EDU unterstützt, doch eine breite Ablehnungsfront existiert nicht.

Völlig offen ist die Ausgangslage bei der zweiten Vorlage. Es geht um die Einführung einer neuen Objektsteuer auf Zweitwohnungen. Mit ihr sollen die Einnahmeausfälle durch die vom Parlament beschlossene Abschaffung des Eigenmietwerts kompensiert werden. Sie ist in den letzten Jahrzehnten wiederholt gescheitert, und auch jetzt ist ein Erfolg fraglich.

Vor allem bei den Bergkantonen gibt es Bedenken, ob die Liegenschaftssteuer ihren Zweck erfüllen wird. Das könnte zum Problem werden, denn bei dieser Vorlage ist das Ständemehr notwendig. Und weil die Themen miteinander verknüpft sind, würde bei einem Nein zur Objektsteuer auch das Aus für den Eigenmietwert hinfällig.

Am 30. November waren drei Vorlagen traktandiert, doch das Referendum gegen die Aufstockung der indirekten Presseförderung kam nicht zustande. Somit bleiben zwei Volksinitiativen: die Initiative der Jungsozialisten für eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent auf Nachlässe über 50 Millionen Franken und die Service-citoyen-Initiative.

Sie will Schweizerinnen und Schweizer zu einem Dienst an der Allgemeinheit verpflichten. Im Parlament wurde sie nur von den Grünliberalen unterstützt. Noch chancenloser dürfte die Juso-Initiative sein, das zeigt auch eine watson-Umfrage. Dennoch sorgt sie für erhebliche Unruhe unter den «Superreichen». Ein emotionaler Abstimmungskampf ist programmiert.

FDP

Zwischen den Abstimmungsterminen werden die Freisinnigen am 18. Oktober die Nachfolge von Parteipräsident Thierry Burkart bestimmen. Sein Rücktritt kam Anfang Juni unerwartet und wurde von kritischen Kommentaren begleitet. Von den potenziellen Kandidaten hat bislang einzig der Glarner Ständerat Benjamin Mühlemann sein Interesse signalisiert.

Andere wie Damian Müller, Andri Silberschmidt und Susanne Vincenz-Stauffacher halten sich noch bedeckt. Die Präsidiumswahl hat das Zeug zu einem Richtungsentscheid, denn am selben Tag befinden die Delegierten auch die Positionierung der FDP zum neuen EU-Vertragspaket. Es dürfte ein Grund sein, warum der EU-Skeptiker Burkart hinwirft.

Europa

Die EU-Verträge werden im zweiten Halbjahr viel Raum einnehmen, auch wenn es «nur» um die Stellungnahme in der Vernehmlassung geht. Lange gaben die Gegner bei diesem heiklen Dossier den Takt vor, doch zuletzt hatten die Befürworter Aufwind. So sprachen sich Economiesuisse und Arbeitgeberverband für die «Bilateralen III» aus.

F-35

Der Aufreger der letzten Wochen war die «Kostenexplosion» beim Kampfjet F-35. Die Amerikaner wollen vom angeblichen Festpreis nichts mehr wissen und machen Mehrkosten geltend. Die Schweiz hat dabei schlechte Karten. Im zweiten Halbjahr wird sich die Debatte um die Frage drehen, ob die Schweiz mehr zahlen oder die Zahl der Jets reduzieren soll.

Das Verteidigungsdepartement VBS wirkt nach dem Rücktritt von Viola Amherd wie eine Grossbaustelle. Nachfolger Martin Pfister will 17 Top-Projekte überprüfen lassen. Heikle Themen sind auch die von den Bürgerlichen angestrebte Lockerung der Waffenexporte und eine Annäherung an EU und Nato bei Rüstungsgeschäften.

FILE - A Royal Air Force F-35 lands at the Farnborough International Air Show in Farnborough, England, on July 22, 2024. (AP Photo/Alberto Pezzali, File)
Britain Israel Arms Exports
Beim F-35 drohen Mehrkosten in Milliardenhöhe.Bild: keystone

Sessionen

Das Parlament dürfte über einige grosse «Brocken» befinden. Dazu gehören die beschleunigten Bewilligungsverfahren für Energieprojekte, die in der Herbstsession bereinigt werden könnten. Im Nationalrat ist die Finanzierung der 13. AHV-Rente ein Thema. Der Ständerat hatte sie im Juni mit der Abschaffung der sogenannten «Heiratsstrafe» verknüpft.

In der Wintersession steht die Debatte über das Bundesbudget im Zentrum. In den letzten beiden Jahren hat es das Parlament mit Ach und Krach geschafft, die von Finanzministerin Karin Keller-Sutter eisern verteidigte Schuldenbremse einzuhalten. Nun steht die nächste Runde im Verteilkampf an. Und damit die Frage, wie die Armee mehr Geld erhalten soll.

Bundesrat

Kein «Sommerloch» ohne Spekulationen über Bundesratsrücktritte. Jener von Viola Amherd (Mitte) war erwartet worden, doch der Zeitpunkt zu Jahresbeginn überraschte. Folgt nun ein weiterer Abgang? Eher nein. Erster Kandidat wäre Guy Parmelin (SVP), der seit bald zehn Jahren im Amt ist. Doch er wird nächstes Jahr zum zweiten Mal Bundespräsident.

Andere Vakanzen sind ebenfalls unwahrscheinlich. Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) wirkte zuletzt motivierter als auch schon, und er könnte 2027 ebenfalls ein zweites Präsidialjahr absolvieren. In seinem Fall spielt auch die Frage des zweiten FDP-Sitzes im Bundesrat eine Rolle. Zum grossen Showdown könnte es nach den Wahlen 2027 kommen.

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Neues FDP-Präsidium: Das sind die möglichen Kandidaten
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Neues FDP-Präsidium: Das sind die möglichen Kandidaten

Andri Silberschmidt: Der Zürcher Nationalrat und Vizepräsident der Partei sitzt seit 2019 im Nationalrat. Zuvor war er Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz. Er brauche etwas Zeit, um die Lage zu beurteilen, sagte der 31-Jährige nach Angaben von Tamedia.

quelle: keystone / peter klaunzer
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Bundesratsreisli 2025
Video: ch media
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Die beliebtesten Kommentare
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Scaros_2
20.07.2025 15:24registriert Juni 2015
Ihr kocht die suppe heisser als das sie sein wird. Da passiert wenig bei den meisten Themen. Sind wir ehrlich.
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Rannen
20.07.2025 15:44registriert Januar 2018
Juso, Gsoa etc sind alle für die Abschaffung der Armee und dies in Zeiten wo jeder halbwegs Intelligente merkt dass eine Armee nötiger ist den je! Und die glauben die Nachbarländer holen für uns die Kohlen aus dem Feuer sind ultra naiv wenn nicht dumm
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Der letzte Fischotter
Gezielte Verfolgung, Lebensraumveränderung und Umweltgifte gelten als Ursachen für das Aussterben des Fischotters, wie im Naturama in Aarau vor einem über 100-jährigen, präparierten Exponat zu lesen ist. Das 1990 konstatierte «Ende des Fischotters in der Schweiz» ist eng mit der Wirtschaftsgeschichte verknüpft.
1989 schwamm der vorerst letzte Fischotter in der Schweiz – im Neuenburgersee. Wie viele Menschen sich dieses seltenen Naturschauspiels bewusst waren, lässt sich nicht sagen. Die Fachleute, allen voran die Fischottergruppe Schweiz, wussten, dass die Tage des Fischotters gezählt waren. 1990 schrieben sie in einem Bericht an das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft: «Man wird sich damit abfinden müssen, dass der Fischotter in unserem Land nur in Zoos und Museen vorkommt.»
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