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Roger Federers Image erhält im Ausland Risse – «ungewöhnliche Gier»

A man dressed as Roger Federer sits at the sewing machine, a campaign by Campax, a Swiss citizens' movement, in the front of the On flagship store in Zurich, Switzerland, Wednesday, 14 February 2 ...
Ein Mann mit Roger-Federer-Maske sitzt blutüberströmt an einer Nähmaschine vor einem Flagship-Store von On in Zürich. Die Bürgerbewegung Campax protestierte am Mittwoch für faire und transparente Löhne in der Produktion, 14. Februar 2024.Bild: keystone

Roger Federers Image im Ausland erhält Risse – «ungewöhnliche Gier»

Die Zürcher Schuhmarke On machte jüngst wegen hoher Margen und falscher Herkunftsangaben Schlagzeilen. Der ehemalige Tennisprofi Roger Federer geriet daraufhin wegen seiner Beteiligung am Unternehmen in Kritik. Die Skandale von Federers Marken-Partnerschaften gehen nicht mehr spurlos an ihm vorbei, zeigt nun auch eine französische Berichterstattung.
15.02.2024, 20:0215.02.2024, 20:43
Hanna Hubacher
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Im Januar dieses Jahres hat das Magazin K-Tipp aufgedeckt, dass die Schuhmarke On im Vergleich mit Adidas und Co. überdurchschnittlich hohe Margen erzielt. Der Grund: Die Schweizer Marke produziert ihre Schuhe in Vietnam zu deutlich geringeren Preisen als beispielsweise ihre Konkurrenten – und verkauft sie in der Schweiz zu satten Preisen. Am Dienstag deckte K-Tipp weiter auf, dass On fast die Hälfte ihrer Produkte falsch deklariert. Im Nachgang der Recherche wurde nicht nur Kritik am Zürcher Unternehmen laut, sondern auch an On-Markenbotschafter und Minderheitsaktionär Roger Federer.

Diskrepanz zwischen Idee und Realität

Nun ist der ehemalige Tennisstar auch in den Fokus der französischen Medien geraten. So berichtete die französische Tageszeitung Le Monde am Dienstag über die ehemalige Nummer 1 und seine Beteiligung an der Schuhmarke On.

Der Autor kritisiert in einem längeren Artikel zuerst das Auseinanderklaffen von nachhaltiger Vermarktung und Herstellungsbedingungen des Turnschuh-Unternehmens. Das Unternehmen habe bislang wohl einfach «vergessen», über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse Klartext zu reden.

Danach rechnet er vor, wie viel On sich das Schuhmodell «Cloudtilt Loewe» kosten lässt (20.80 Franken) und wie teuer es die Kundinnen und Kunden zu stehen kommt (445 Franken). Auch dass On damit seine Konkurrenten, die teilweise in denselben Fabriken produzieren, bei Weitem überholt, bleibt nicht unerwähnt.

Verehrung Federers bekommt Risse

Dann wird es persönlich und der «Le Monde»-Journalist nimmt Federer ins Visier. Das ehemalige Tennisass habe während seiner Karriere in der Schweiz einen Level der Beliebtheit erreicht, der an «Verehrung» reiche:

«Während seiner langen Sportlerkarriere wurde Federer in der Schweiz mit einer an Verehrung grenzenden Bewunderung bedacht. Sein unnachahmlicher Spielstil, seine sprachliche Gewandtheit und seine gewohnte Höflichkeit liessen lange Zeit vergessen, dass sie eine ungewöhnliche finanzielle Gier nicht verhinderten.»

Dass er aber gleichzeitig durch profitable Werbepartnerschaften zum Milliardär geworden sei, habe die Öffentlichkeit erst in den vergangenen Jahren zu interessieren begonnen. Genannt werden Kooperationen mit Rolex, Mercedes-Benz, Moët, Barilla oder der Credit Suisse.

Der Schweizer Tennisprofi Roger Federer wird geschminkt vor einem Fotoshooting mit Brady Dougan, CEO der Credit Suisse, am Montag, 16. November 2009, in Zuerich. Federer und Credit Suisse haben eine l ...
Der ehemalige Tennisprofi Roger Federer wird vor einem Fotoshooting mit Brady Dougan, dem ehemaligen CEO der Credit Suisse, geschminkt. Federer und Credit Suisse hatten eine langjährige Partnerschaft vereinbart,16. November 2009.Bild: KEYSTONE

Im Zweifelsfall: Schweigen

Das Werben für Luxusmarken, Banken und grosse Konzerne sei eine Sache, so der Autor, das andere sei das verlässliche Schweigen Federers, sobald eine der Marken, die er bewirbt, unter öffentlichen Beschuss gerät. So sei es bei der Credit Suisse gewesen, als diese von der Klimabewegung wegen Finanzierung der Öl-Industrie angeprangert wurde. Und so habe er auch auf die Anfrage von K-Tipp geschwiegen.

Aber zurück zu On: Der Artikel endet mit einer Gegenüberstellung der Löhne der Manager und der Herstellerinnen und Hersteller in Vietnam. Gemäss Public Eye verdienen Letztere 120 bis 170 Schweizer Franken pro Monat – bei einer 48-Stunden-Woche. Die drei Gründer und die beiden Geschäftsführer hätten sich im Jahr 2022 indessen je 19 Millionen Franken auszahlen können. Wie viel Federer an On verdient, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt.

Produktionsland Vietnam
Gemäss Klassifizierung des Institutes Varieties of Democracy ist Vietnam eine geschlossene Autokratie. David Hachfeld von Public Eye sagt: «Die Gewerkschaften, die es in Vietnam gibt, sind im Grunde sehr staatsnah, wenn nicht ganz staatlich. Das heisst nicht, dass sie sich gar nicht für Arbeiterbelange einsetzen, die Situation ist jedoch nicht vergleichbar mit einer freien Gewerkschaftssituation, wie wir sie z. B. hier in der Schweiz kennen.» (rst)

Der deklarierte Ansatz des Unternehmens, den es auf seiner Website in grosser Schrift ankündigt, mutet vor diesem Hintergrund doch etwas sonderbar an:

«Bei uns dreht sich alles um Innovationen, die unsere Vision von einer nachhaltigen, gerechten Welt vorantreiben. Das beginnt beim Überdenken des Designs und der Herstellung unserer Produkte – und reicht bis zum Finden (und Erfinden) neuer Technologien.»

Ob die Herstellerinnen und Hersteller der On-Schuhe bei dieser Vision mitgedacht sind, bleibt fraglich.

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Roger Federer performt mit Coldplay im Letzigrund
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204 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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TodosSomosSecondos
15.02.2024 20:15registriert April 2016
völlig zurecht.. ich frage mich wie blind mein sein wollen muss, um das nicht seit Jahren zu sehen.. Federer ist die Profitmaximierung in Person... aber ja muss man auch irgendwo verstehen.. ist natürlich hart, wenn man mit 40 schon seinen Broterwerb verliert und nicht mehr weiss, wovon man seine Familie noch ernähren soll..
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Linksrechtsblablabla
15.02.2024 20:12registriert Januar 2021
Fedi macht alles fürs Geld, aber es muss schon mehr sein als bei einer normalen proffesionellen🤑
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Merzhin
15.02.2024 20:23registriert Dezember 2021
Wäre gut, wenn RF endlich mal reden würde, er macht es sich zu einfach.
Gibt genügend Millionäre, die es ähnlich handhaben..🤷🏻‍♀️
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