Der Bundesrat dürfte am Mittwoch ein Soforthilfepaket über 100 Millionen Franken für die Ukraine bewilligen: Ein Hilfspaket von weiteren rund 100 Millionen für 2023 bereits in Vorbereitung.
Doch ist der Umfang dieser Soforthilfe bloss ein Bruchteil dessen, was langfristig für den Wiederaufbau der Ukraine nötig sein wird. Im September kam eine Schätzung der ukrainischen Regierung, der EU sowie der Weltbank auf einen Bedarf von 349 Milliarden Dollar, im Juli war sogar noch von 750 Milliarden Dollar die Rede.
Die Diskrepanz der Zahlen illustriert das Mass der Ungewissheit – die Kosten für den Wiederaufbau hängen stark vom weiteren Kriegsverlauf ab. Die Zahlen zeigen aber auch: Der Beitrag der Schweiz, die zu den 20 stärksten Wirtschaftsmächten zählt, dürfte sich eher in Milliardenhöhe bewegen als im Bereich weniger hundert Millionen. Woher dieses Geld kommen soll, und über welche Kanäle es in die Ukraine fliessen wird, darüber gehen die Meinungen der Parteien schon jetzt auseinander.
«Die Schweiz muss ihr finanzielles Engagement für die Ukraine jetzt erhöhen», schreibt die SP. Dies aber «nicht auf Kosten der restlichen internationalen Entwicklungszusammenarbeit». Auch langfristige Kredite zum Wiederaufbau sollten geprüft werden. «Es ist zudem wichtig, dass die Schweiz konsequent und gezielt russisches Oligarchen-Geld einzieht und gemeinsam mit der EU Möglichkeiten prüft, ob die eingefrorenen Gelder für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden können.»
«Die Schweiz soll sich am Schutz der Zivilbevölkerung und an der Abdeckung der Grundbedürfnisse in der Ukraine beteiligen», sagt GLP-Präsident Jürg Grossen. Dies «entsprechend ihrer Wirtschaftskraft». Auch Grünen-Präsident Balthasar Glättli sagt: Für ein viel stärkeres Engagement als bisher vorgesehen spreche, «dass die Schweiz als neutrales Land im Bereich der Waffen keine Unterstützung leistet.» Zur Gegenfinanzierung schlagen die Grünen eine Kriegsgewinnsteuer auf den Gewinnen des Rohstoffhandels vor.
Für Mitte-Präsident Gerhard Pfister ist eine finanzielle Beteiligung im eigenen Interesse der Schweiz: «Es müssen in der Ukraine die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Flüchtlinge zurückkehren können nach Ende des Kriegs.» FDP-Präsident Thierry Burkart stellt sich hinter seinen Parteikollegen, Bundespräsident Ignazio Cassis: «Eine stabile, prosperierende und demokratische Ukraine ist in unserem Interesse.» Es sei Sache des Bundesrats, Hilfsmassnahmen zu Handen des Parlaments vorzuschlagen.
SVP-Präsident Marco Chiesa warnt:
Die Schweiz habe ihre eigenen Möglichkeiten, insbesondere mit der humanitären Hilfe. Hier habe der Bund bereits zusätzliche 80 Millionen Franken bewilligt. Zudem koste schon jetzt der Schutzstatus S der ukrainischen Flüchtlinge den Bund über 1.1 Milliarden Franken, schreibt Chiesa.