Obwohl Donald Trump sich seit Wochen so verhält, als sässe er bereits im Weissen Haus: Seine zweite Amtszeit beginnt offiziell erst heute Montag. Um 12 Uhr Ortszeit wird Trump im Kapitol in Washington, D.C. in sein Amt eingeführt.
Ab dann müssen Schweizer Aussenpolitiker fast zwangsweise einen Teil ihres Arbeitspensums für Trump und seine Administration aufwenden. Was erwarten sie von den kommenden vier Jahren? Droht das grosse Chaos oder birgt Trump als US-Präsident auch Chancen? Parlamentarierinnen und Parlamentarier aller grossen Schweizer Parteien teilen ihre Hoffnungen und Befürchtungen.
«Es wird den USA unter Donald Trump besser gehen als unter Joe Biden. Dafür braucht es jedoch nicht wirklich viel. In den vergangenen vier Jahren ist in den USA eine mässig gute Politik betrieben worden, zum Beispiel mit der Konzentration auf Woke-Themen, also auf völlige Nebensächlichkeiten.
Die Trump-Administration wird dafür sorgen, dass es für die Menschen im Land, welche einen Leistungswillen haben, besser wird. Wenn es dann noch jemanden gibt, der Präsident Trump klarmacht, dass Strafzölle nichts bringen, dann kommt es noch besser.
Dass Trump der Wirtschaft Schub verleihen möchte, ist gut. Ich bin mir sicher, dass wir nun mit den USA wieder über ein Freihandelsabkommen diskutieren können. Da hilft es natürlich, dass Trump eine Affinität zur Schweiz hat. Ich weiss, dass er gerne einmal in Crans Montana Golf spielen würde. Warum sollte er in den nächsten vier Jahren nicht einmal Zeit dafür finden?
Das Land wie sein Vorgänger mit Subventionen unter dem Titel «Klimaschutz» weiter zu verschulden und auch diesbezüglich den Oberstreber zu spielen, halte ich nicht für die beste Lösung. Vor allem, wenn gleichzeitig die restliche Infrastruktur verlottert. Ich glaube auch nicht, dass Subventionen und staatliche Interventionen mehr bringen, als wenn man die Wirtschaft möglichst frei und innovativ sein lässt.
Den Ukraine-Krieg wird Trump nicht innert 24 Stunden beenden. Das sind Sprüche einer Art, wie sie Amerikaner halt machen. Was aber nicht wegzureden ist: Die Welt war unter Trump eine friedlichere als danach unter Joe Biden. Dass es da wieder zu einer Verbesserung kommt, hoffe nicht nur ich.»
«Unter Donald Trump wird sehr viel Unsicherheit auf die Welt zukommen. Sein Verhalten ist gänzlich unberechenbar, vorwiegend in der Aussenpolitik. Europa kann sich nicht mehr auf die NATO verlassen, das hat Trump deutlich gesagt.
Innenpolitisch stehen vielen Menschen schlechte Zeiten bevor. Trump möchte die Rechte von Frauen und Minderheiten abbauen. Er hat eine sehr scharfe Migrationspolitik angekündigt, die sich nicht mehr an den Menschenrechten orientiert.
Trump brachte ziemlich deutlich zum Ausdruck, dass er den Krieg in der Ukraine rasch beenden möchte. Wenn nötig auch auf dem Buckel der Ukraine. Was nichts anderes heisst, als dass die Ukraine die von Russland besetzten Gebiete nicht zurückerhält.
Trumps Ankündigungen im Hinblick auf den Klimaschutz sind alarmierend. Es ist fünf nach zwölf, was einen wirksamen globalen Klimaschutz betrifft, das 2-Grad-Ziel einzuhalten, ist schon jetzt sehr ambitioniert. Die USA sind einer der weltweit grössten Emittenten von Treibhausgasen. Wenn sich Trump dem Klimaschutz komplett verweigert, hat dies katastrophale Auswirkungen auf die ganze Welt.
In Bezug auf die Schweiz erwarte ich von Trump wenig bis nichts. In seiner ersten Amtszeit hat er angekündigt, ein Freihandelsabkommen mit der Schweiz abschliessen zu wollen, daraus ist jedoch nichts geworden. Ich wüsste nicht, wieso sich das jetzt ändern sollte. Die Schweiz ist nicht auf dem Schirm von Donald Trump.
Die Art und Weise, wie Trump Politik betreibt, hat in der Schweiz leider ebenfalls Einzug gehalten. Trump ermutigt insbesondere nationalistische bis rechtsextreme Kreise, ihre Agenda gegen die Menschenrechte noch aggressiver durchzusetzen.»
«Ich bin wahnsinnig gespannt, was auf uns zukommen wird. Negativ gesinnt bin ich nicht. Aus Trumps erster Amtszeit haben wir gelernt, dass er sehr provokativ kommuniziert und Ankündigungen am Ende oft anders herauskommen als zuvor vereinbart. Damit müssen wir alle umgehen können. Klar ist: Für Europa und auch die Schweiz werden die Entscheide Trumps grosse Auswirkungen haben.
Wenn Trump dermassen auf Konfrontation aus ist, wie er dies angekündigt hat, wird es den USA in den kommenden vier Jahren schlechter gehen als unter Joe Biden. Die geplanten Strafzölle werden Gegenmassnahmen provozieren, das amerikanische Volk wird das bezahlen müssen. Wenn die eigene Regierung solche Zölle durchsetzen möchte, macht es dies für die amerikanische Wirtschaft schwierig, international bestehen zu können.
Wir von der FDP hoffen, dass wir in Bezug auf Gespräche über Handel und Dienstleistungen bei Trumps Administration auf ein offeneres Ohr stossen werden als unter der Regierung Biden. Die neue US-Botschafterin wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Wenn sie sich, wie Trumps Botschafter während seiner ersten Amtszeit, für die Schweiz begeistern und diese Begeisterung ins Weisse Haus tragen kann, dann wird die Schweiz profitieren.
Trumps Art der Aussenpolitik kannte man in der internationalen Diplomatie bislang nicht. Es hat sich aber gezeigt, dass viele althergebrachte diplomatische Rezepte nicht mehr wirken. Durch Trump hat ein Umdenken stattgefunden. Heute hat man in der Politik nur noch Erfolg, wenn man von Anfang an fordernd auftritt, eine gewisse Unnachgiebigkeit zeigt und die Grenzen klar absteckt. Das hat leider auch auf die Schweizer Politik abgefärbt.»
«Das amerikanische Stimmvolk hat Trump demokratisch gewählt, diese Wahl gilt es zu akzeptieren. Es kommt jedoch eine sehr wirre, unsichere und instabile Zeit auf uns zu. Chaos und Krisen werden an der Tagesordnung sein. Trump sorgt seit Wochen für Unruhe, obwohl er sein Amt noch nicht einmal angetreten hat. Die Geschichte wiederholt sich. Durch seine populistische Art sorgt Trump dafür, dass über die wahren politischen Herausforderungen nicht gesprochen wird.
Diese Tendenzen sind auch in der Schweiz zu beobachten. Mit populistischen Forderungen etwa nach mehr Militär werden im Parlament wahre Probleme wie Klimaschutz oder sozialpolitische Aspekte überschattet.
Trumps Vorgehen hinsichtlich der Klimakrise besorgt mich sehr. Wir haben nur einen Planeten und sollten diesem Sorge tragen. Bidens Administration hat zu Recht stark in den Klimaschutz investiert, Trump will all diese Bemühungen rückgängig machen.
Trumps Pläne, etwa mit Grönland, zeigen, dass er sich nicht an völkerrechtliche Verträge halten möchte. Das ist sehr alarmierend. Er ist ein Vorbild für sämtliche autoritäre Regierungen auf dieser Welt und motiviert sie, ein ähnliches Vorgehen an den Tag zu legen.»
«Ich schaue mit grosser Sorge auf Trumps zweite Amtszeit. Unter seinen Ministern sind viele sehr extreme Köpfe. Sie sind nun an den Schalthebeln des mächtigsten Landes. Bei seiner ersten Amtszeit waren die Ministerposten von ultrakonservativen Personen besetzt, man hatte aber das Gefühl, dass diese gewisse Grenzen noch respektierten. Das jetzige Kabinett ist komplett unberechenbar.
Trumps Aussagen zum Ukraine-Krieg sind sehr widersprüchlich. Einerseits kündigt er an, den Krieg beenden zu wollen, andererseits schwächt er mit seinem Verhalten die NATO. Mit seinem Vorgehen in Grönland macht Trump zudem genau das, was Russland bereits getan hat. Er fabuliert davon, Gebiete zu annektieren, die ihm nicht gehören, und schliesst selbst Waffengewalt nicht aus.
Diese Rhetorik ist nicht hilfreich, wenn es darum geht, den Krieg in der Ukraine nachhaltig zu beenden. Und mit nachhaltig meine ich, die aktuellen Grenzen nicht einfach einzufrieren und Russland damit Zeit zu geben, die eigenen Waffenlager wieder aufzufüllen.
Sein Verhalten hinsichtlich Klimaschutz erinnert mich an den Film «Don’t Look Up», den viele watson-User gesehen haben dürften. Augen verschliessen und nichts tun ist beim Klimaschutz nachweislich keine gute Lösung. Unter Trump werden wir diesbezüglich vier wichtige Jahre verlieren.
Die Schweiz ist zwar ein kleines Land, aber dennoch die zwanziggrösste Volkswirtschaft der Welt. Wir profitieren als Exportnation massiv vom internationalen Handel, und die USA sind ein wichtiger Partner. Als blockfreies Land sind wir zudem angewiesen auf eine regelbasierte Weltordnung. Wenn durch Trumps erratisches Verhalten immer weniger Regeln greifen, ist das für die Schweiz schlecht. Dann gilt nur noch das Gesetz des Stärkeren.»
«Ich habe gemischte Gefühle. Wird Trump seine gemachten Versprechungen einhalten? Gerne lasse ich mich überraschen. Auf einer Skala von 1 (negativ) bis 10 (positiv) gebe ich ihm eine 5. Trump jetzt abzuschreiben, finde ich ebenso falsch, wie ihn in den Himmel zu loben. Die grosse Frage lautet: Ist er mit 78 Jahren nun endlich altersweise geworden? Kann er die staatsmännische Rolle einnehmen, welche die USA jetzt brauchen?
Die Schere zwischen reich und arm ist in den USA riesig. Das sind sich viele Menschen ausserhalb Amerikas nicht bewusst. Wenn Trump es nicht schafft, die Ungleichheit zu minimieren, drohen grosse soziale Spannungen.
In Hinblick auf die Schweiz könnte es unter Trump zappenduster werden. Wenn er seine geplanten Zölle tatsächlich umsetzt und mit der Schweiz keine Vereinbarung trifft, dann wird es schwierig. Daran zu glauben, dass in den nächsten vier Jahren ein Freihandelsabkommen mit den USA zustande kommt, ist wohl sehr optimistisch.
Was den Krieg in der Ukraine betrifft, traue ich Trump zu, dass er zumindest zu einem Waffenstillstand beitragen könnte. Grosse Sorgen machen mir die Rechte von Minderheiten. Schwarze, Latinos, queere Personen, aber auch Frauen, die Trump gewählt haben, werden wohl von ihrem Wahlverhalten eingeholt.»