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Franzose wollte Syrer durch die Schweiz schleusen – akzeptiert Anklage

Er schleuste 14 Syrer durch die Schweiz: Jetzt sprach der Schlepper vor Gericht

Ein Franzose wollte 14 Syrer durch die Schweiz nach Deutschland schleusen und wurde von der Urner Kantonspolizei gestoppt. Für seine Schlepperdienste kassierte er 4000 Franken. Jetzt stand er vor Gericht.
07.01.2025, 18:3107.01.2025, 18:37
Kari Kälin / ch media
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Er ist eine unauffällige Erscheinung, eher klein, kurze schwarze Haare, Bart und Schnauz. Am Dienstagmorgen wurde der bald 36-jährige Franzose von zwei Polizisten zur Verhandlung vor das Landgericht Uri geführt. Der Prozess in Altdorf fand im abgekürzten Verfahren statt. Das bedeutet: Der Beschuldigte ist einverstanden mit der Anklage, welche die Staatsanwaltschaft gegen ihn erhoben hat. Der Prozess dauerte nicht lange.

In diesem Lieferwagen schleuste ein Franzose 14 Syrer in die Schweiz. Die Kantonspolizei Uri stoppte das Fahrzeug in Flüelen.
In diesem Lieferwagen schleuste ein Franzose 14 Syrer in die Schweiz. Die Kantonspolizei Uri stoppte das Fahrzeug in Flüelen.bild: kantonspolizei uri

Der Franzose mit Wurzeln in Nordafrika trug eine schwarz-grün-graue Jacke, schwarze Hosen. Er sprach leise und antwortete auf die Fragen des Gerichts mit dem immer gleichen Satz: «Oui, je reconnais.» Ja, er anerkenne die Vorwürfe. Mehr liess er sich nicht entlocken.

Das Gericht verurteilte ihn zu 17 Monaten Gefängnis unbedingt wegen Förderung der rechtswidrigen Einreise und Verkehrsdelikten. Dazu kommt eine Busse von 820 Franken, für die auch eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen möglich ist. Auch die Verfahrenskosten von total 22'500 Franken wurden ihm auferlegt. Damit ist die Sache erledigt. Im Mai wird der Mann seine Strafe verbüsst haben. Er befindet sich derzeit in einem Gefängnis in Zug.

Verfolgungsjagd von 30 Kilometern

Dort sitzt er, weil er im Auftrag eines Schleppernetzwerks Migranten durch die Schweiz nach München bringen wollte. Den Anfang nahm die gefährliche Fahrt am 14. Dezember 2023 in der kroatischen Ortschaft Lipovac. Am Morgen bestiegen 14 Syrer den Laderaum des Lieferwagens. Via Slowenien steuerte der Franzose den Fiat Ducato nach Padua. Am nächsten Tag ging es weiter in Richtung Norden. Beim Grenzübergang Novazzano entzog er sich einer Kontrolle der italienischen Guardia di Finanza und fuhr in die Schweiz.

Die Schweizer Grenzwacht alarmierte die Urner Kantonspolizei. Sie versuchte, den Franzosen um etwa 10 Uhr bei der Ausfahrt beim Gotthard-Strassentunnel zu stoppen. Dieser ignorierte jedoch mehrere Halteaufforderungen, fuhr zu schnell und versuchte, der Polizei mit haarsträubenden Manövern zu entkommen. Schliesslich landete er nach einer Verfolgungsjagd über 30 Kilometer in Flüelen beim alten Schiffssteg in einer Sackgasse.

Ein Polizist sprach ihn mit gezückter Waffe an. Doch der Mann gab noch immer nicht auf und sprang in den eiskalten Vierwaldstättersee. Dort endete die Flucht. Die Polizei warf ihm einen Rettungsring zu, der Franzose kam an Land und wurde verhaftet.

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bild: az

Der Fahrer kassierte für seine illegalen und gefährlichen Dienste 4000 Franken von einem Schleppernetzwerk. Die Syrer mussten zwischen 2000 und 9000 Franken hinblättern. Sie blieben auf dem haarsträubenden Trip unverletzt und reichten in der Folge ein Asylgesuch ein. Was aus ihnen geworden ist, ist nicht bekannt.

Auch nicht bekannt ist, wie viele gefährliche Schlepperfahrten in Liefer- oder auch Lastwagen durch die Schweiz unentdeckt bleiben. Klar ist: Skrupellose Menschenschmuggler nehmen grosse Risiken in Kauf. In der Vergangenheit kam es in Deutschland und Österreich mehrfach zu tödlichen Unfällen. Dahinter steckt ein Milliardengeschäft, wie Angaben der europäischen Polizeibehörde Europol nahelegen.

Weniger illegale Einreisen

In der Schweiz sorgte im September 2022 ein Fall für Aufsehen, bei dem ein in Norditalien wohnhafter Gambier 23 Migranten durch die Schweiz schleusen wollte. Die Menschen waren im Laderaum auf 5,4 Quadratmetern und drohten zu ersticken. Die Kantonspolizei Nidwalden stoppte das Fahrzeug instinktiv und verhinderte so möglicherweise ein tödliches Drama. Der Fahrer wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Vor Gericht bereute er seine Tat. Er steckte selber in finanziellen Schwierigkeiten. Oft rekrutieren Schlepperbanden Menschen, die dringend Geld benötigen.

In der Schweiz sank im letzten Jahr die Zahl der illegalen Einreisen. Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit registrierte bis letzten November 28'202 rechtswidrige Aufenthalte und 269 mutmassliche Schlepper. Noch 2023 wies die Statistik 50'185 illegale Einreisen und 388 mutmassliche Schlepper aus. Ein Grund für diese Entwicklung: In Italien kommen viel weniger Personen über das Mittelmeer an. Der Hintergrund: Die EU und Italien überweisen Tunesien Millionen, damit der Staat als Gegenleistung die Migration eindämmt. (aargauerzeitung.ch)

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schlaf
07.01.2025 18:46registriert Oktober 2019
Der muss jetzt noch 4 Monate einsitzen, was soll er auch anderes sagen als, oui, je reconnais? Das Strafmass ist ein Witz, der wird bald wieder Menschen schleusen.

Und das man nicht weiss, was mit den 14 Syrern nach einem Antrag auf Asyl passiert ist, wo sie sind, was sie machen, ist sinnbildlich, wie lauchig unser Asylwesen ist.
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Snowy
07.01.2025 20:56registriert April 2016
Die eigentliche Frage, die uns hier beschäftigen sollte:

Wie ist es möglich, dass die 14 Syrer hier in der Schweiz Asyl beantragen können, obwohl sie illegal quer durch Europa gereist sind?

Asyl à la Selbstbedienungsladen?
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Burger-Meister
07.01.2025 19:10registriert Oktober 2024
So billig kommen Schlepper davon, da muss sich was ändern.
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