Schweiz
Interview

Das sagt Grüne-Chef Balthasar Glättli zum Klimaschutzgesetz und OECD

Balthasar Glättli, Parteipräsident Grüne Schweiz am Sonntag, 18. Juni in Bern im Abstimmungskomitee zum Klimaschutzgesetz.
Zufrieden mit dem Abstimmungssonntag: Grüne-Präsident Balthasar Glättli. Bild: watson
Interview

Warum die Grünen die OECD-Vorlage links liegen liessen im Gegensatz zum Klimaschutzgesetz

Das Klimaschutzgesetz wird angenommen, genauso wie die OECD-Vorlage. watson hat mit Grünen-Präsident Balthasar Glättli darüber gesprochen, warum sich die Partei nur für eine Vorlage eingesetzt hatte.
18.06.2023, 19:1319.06.2023, 12:50
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Die Grünen konnten im Wahljahr einen wichtigen Erfolg verbuchen: Das Klimaschutzgesetz wurde am Sonntag deutlich angenommen. Weniger klar war die Position der Partei zur Mindestbesteuerung von internationalen Grosskonzernen, wofür die Grünen die Stimmfreigabe beschlossen haben.

watson hat Grünen-Parteipräsident Balthasar Glättli gefragt, ob sie ihre Verbündete, die SP, im Stich gelassen haben.

Herr Glättli, das Klimaschutzgesetz ist angenommen. Fühlen Sie sich gestärkt in Anbetracht auf die Erneuerungswahlen im Herbst?
Balthasar Glättli:
Absolut. Das deutliche Resultat gibt uns Rückenwind in einer Situation, die schwierig war. Der Abstimmungskampf wurde nämlich nicht von der Klima-Debatte beherrscht, sondern man sprach nur noch über Strompreise oder die Abhängigkeit vom Ausland. Es ist gut, dass wir aufzeigen konnten, dass die grösste Abhängigkeit vom Ausland durch die fossilen Energien besteht.

Die Gegner fielen auf mit ihrer Kampagne: Das SVP-Extrablatt stand wegen Unwahrheiten in der Kritik und auch ein «Schwurblerbrief» machte die Runde. Was sagen Sie dazu?
Es stimmt mich glücklich, dass die Schweizer Demokratie den Trump-Test – wie FDP-Ständerat Ruedi Noser schön sagte – bestanden hat. Es ist uns gelungen, die Bevölkerung mit sachlichen Argumenten für das Klimaschutzgesetz zu überzeugen.

Einige Kantone sagten aber Nein – etwa der Kanton Glarus, wo die Grünen einen der zwei Ständeratssitze belegen. Haben Sie die Hausaufgaben nicht gemacht?
Im Kanton Glarus konnten die jungen Grünen den Erfolg an der Landsgemeinde feiern, dass man schweizweit das progressivste Energiegesetz durchbringen konnte. Die Glarnerinnnen und Glarner haben sich vermutlich gedacht, dass sie ihre Hausaufgaben bereits erledigt haben. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass auch Ständerat Mathias Zopfi wiedergewählt wird im Herbst.

«Das Gesetz war vom Ziel her gut, aber die Umsetzung ist sicher suboptimal.»

Kommen wir zur OECD-Mindeststeuer: Die Grünen haben die Stimmfreigabe beschlossen. Nun wird das Gesetz deutlich angenommen. Sind Sie zufrieden?
Das klare Ja ist darauf zurückzuführen, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Steuerdumping-Politik auf Kosten des Globalen Südens nicht gut findet. Das Gesetz war vom Ziel her gut, aber die Umsetzung ist sicher suboptimal. Deshalb haben die Grünen die Stimmfreigabe beschlossen.

Die SP hatte als einzige Partei die Nein-Parole beschlossen, wegen der für sie unfairen Verteilung der Mehreinnahmen durch die Mindestbesteuerung von Grosskonzernen. Haben Sie Ihre Verbündete im Stich gelassen?
Unsere Parteileitung hatte an der Delegiertenversammlung die Nein-Parole beantragt, doch die Delegierten haben sich für die Stimmfreigabe entschieden. Bei der SP war dies genau umgekehrt, die Parteileitung wurde überstimmt. Das hat einen Grund.

Balthasar Glättli, Parteipräsident Grüne Schweiz am Sonntag, 18. Juni in Bern im Abstimmungskomitee zum Klimaschutzgesetz.
«Kein Riss im linksgrünen Lager»: Grüne-Präsident Balthasar Glättli.Bild: watson

Welchen?
Für viele Stimmberechtigte stand der Grundsatz im Zentrum, dass die Schweiz bei der internationalen Gemeinschaft, welche für die Mindestbesteuerung von Grosskonzernen war, nicht im Abseits stehen konnte. Auch wenn die Verteilung ungerecht ist, im Stich gelassen haben wir niemanden. Wir konnten dort einen Sieg einfahren, wo überparteilich viele an einem Strick gezogen haben: dem Klimaschutzgesetz.

Sie sagen, die Verteilung ist ungerecht. Für die SP war es schwierig, herüberzubringen, warum sie für eine Mindeststeuer für Grosskonzerne sind, aber gegen die aktuelle Vorlage wegen der Verteilung der Mehreinnahmen. Haben die Grünen diesen schwierigen Kampf gescheut?
Wir hatten eine realistischere Einschätzung davon, was in einer Kampagne möglich ist. Wir fanden es falsch, die Prioritäten daraufzusetzen, wenn so ein zentrales Anliegen wie das Klimaschutzgesetz zur Debatte steht. Denn dort war der Ausgang am Anfang unklar, weshalb wir alle Ressourcen dafür verwendet haben. Ein Nein wäre verheerend gewesen. Vor diesem Hintergrund ist es eine Kür, dass sich die SP diese Mini-Kampagne bei einer Frage geleistet hat, wo man im Grundsatz gleicher Meinung war. Es ist für mich darum kein Riss im linksgrünen Lager, sondern einfach eine strategische Prioritätensetzung.

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