Bekannt ist die Firma Camille Bloch hierzulande vor allem für Ragusa. In die USA exportiert sie aber hauptsächlich koschere Schokolade der Marke Torino, im Schokoladenmarkt ein «Nischengeschäft», wie Patron Daniel Bloch betont. Und eines, das nun wegen der irrwitzigen Zölle von Donald Trump gefährdet ist.
Haben Sie vorsorglich die Lager in den USA gefüllt, bevor Trump mit seinem 39-Prozent-Zollhammer zuschlug?
Daniel Bloch: Als ich im Juni in den USA bei unserem Importeur war, habe ich ihm geraten, so viel zu bestellen, wie er kann. Das hat er gemacht, unser Lager in Courtelary im Berner Jura für Koscher-Schokolade aus der Frühlingsproduktion jedenfalls ist leer.
Dann können Sie sich eine Verschnaufpause gönnen und warten, bis sich die Lage an der Zollfront beruhigt.
Nein. Das geht nicht. Ich muss eigentlich diese Woche entscheiden, ob wir überhaupt noch Koscher-Schokolade produzieren wollen. Denn es stellt sich die Frage, ob sich das jetzt ohne US-Geschäft überhaupt noch lohnt. Die Produktion ist sehr aufwendig: Wir müssen dazu die Fabrik extra reinigen, da keine Spuren von nicht-koscheren Rohstoffen in die Schokolade gelangen dürfen. Das machen wir zweimal pro Jahr: einmal im Frühling, einmal im Herbst.
Der Herbst ist ja noch lang. Wieso müssen Sie denn jetzt schon entscheiden?
Weil ich jetzt sagen muss, ob wir koschere Rohstoffe einkaufen wollen oder nicht, das heisst vor allem koschere Milch und koscheres Fett. Die Produktion könnten wir theoretisch schon etwas nach hinten verschieben, auf Ende Oktober, aber die Rohstoffe muss ich jetzt bestellen. Sonst habe ich dann keine für eine allfällige Produktion. Auf der anderen Seite ist es teuer, Rohstoffe einzukaufen, die man dann nicht braucht.
Eigentlich müsste ja der Importeur die Mehrkosten zahlen, die durch den Zoll von 39 Prozent entstehen.
Theoretisch stimmt das. Aber in der Praxis funktioniert das nicht so, denn der Importeur kann ausweichen auf einen günstigeren Lieferanten. Wir sind derzeit mit dem Importeur am Verhandeln, aber ein Grossteil der Zusatzkosten wird an uns hängen bleiben. Denn der Importeur wird kaum die ganzen Mehrkosten auf die US-Konsumenten abwälzen können.
Was kostet denn eine 100-Gramm-Tafel koschere Torino-Schokolade in den USA?
Heute sind es etwa 5 Dollar, noch vor nicht allzu langer Zeit waren es nur 3 Dollar. Doch die Preise mussten in den vergangenen Jahren immer angehoben werden, vor allem wegen der steigenden Kakaopreise und wegen der Erstarkung des Schweizer Franken im Vergleich zum Dollar. Wird nun auch noch der Zoll draufgeschlagen, würde die Tafel 7 Dollar kosten. Das wäre ein Schock.
Das ist doch einfach der Preis, den die US-Konsumenten bezahlen müssten für die Wirtschaftspolitik ihres Präsidenten.
Das mag sein. Aber leiden darunter tun wir mit unserer Schweizer Produktion. Denn mit einem solchen Preisaufschlag fallen wir aus dem Markt. Deshalb sollte nun der Bund das alte Schoggi-Gesetz vorübergehend reaktivieren. Dann könnte er zum Schutz der exportierenden Schweizer Lebensmittelproduzenten 20 Prozent der Zollkosten übernehmen, um den Unterschied zu den tieferen Importzöllen auf EU-Produkte auszugleichen.
Mit dem alten Schoggi-Gesetz wurden die hiesigen Lebensmittelproduzenten entschädigt, weil sie teurere Schweizer Landwirtschaftsprodukte einkaufen mussten. Es war letztlich eine indirekte Subvention für die hiesigen Bauern. Jetzt würden wir mit Bundesgeldern die US-Konsumenten subventionieren.
Das stimmt. Aber wir müssen schauen, was passiert: Wird der Zoll auf den Ladenpreis geschlagen, werden die US-Konsumenten letztlich keine Schweizer Schokolade mehr kaufen. Das ist auch vielleicht eine gewisse Strafe für sie. Aber es trifft uns viel härter. Wir Schweizer Produzenten können nicht ausweichen. Wenn also der Bund nichts tut, dann fliegen wir aus den US-Supermarktregalen. Und wenn man erst einmal ausgelistet ist, kommt man kaum mehr wieder rein – oder nur zu einem hohen Preis.
Die Schokoladenbranche will also wieder ein Schoggi-Gesetz?
Nein, das ist mein Vorschlag, nicht jener der ganzen Branche. Dort sind die Meinungen gemischt, es gibt hier bei meinen Kollegen durchaus auch ordnungspolitische Bedenken. Aber angesichts der aussergewöhnlichen Lage sollten auch aussergewöhnliche Lösungen diskutiert werden. Die USA sind immerhin für die Schweizer Schokoladenbranche der fünftwichtigste Exportmarkt – nach Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und Kanada. Und es ist ein Wachstumsmarkt.
Lindt will das Problem offensichtlich anders lösen und prüft eine Verlagerung der Goldhasen-Produktion von Deutschland in die USA. Ist das eine Option?
Bei Camille Bloch können wir das nicht tun. Wir haben nur unsere Produktion in Courtelary. Wir werden aber nicht die sein, die am meisten leiden unter dem neuen Zollregime. Wir müssen vielleicht die Produktion unserer Koscher-Schokolade einstellen und würden dadurch rund 30 Prozent unseres Exportes verlieren, da diese fast integral ins Ausland verkauft wird. Aber unser Hauptmarkt bleibt der Heimmarkt. Andere Schweizer Schokoladenproduzenten leben hauptsächlich vom Export. Die wird es härter treffen, insbesondere jene, die sich auf die Eigenmarkenproduktion für Dritte spezialisiert haben. Dort wird es noch schwieriger, weil das Geschäft noch preissensitiver ist. (aargauerzeitung.ch)
Er hat auf koschere Schokolade gesetzt, das ist sein unternehmerisches Risiko. Ich sehe absolut keinen Grund warum wir Steuerzahler hier einspringen sollen und ausgerechnet noch den amerikanischen Konsumenten subventionieren sollten.
Bei aller Sympathie für Herrn Bloch.
Einfach nur noch 25% der ursprünglichen Menge für die USA produzieren, um das unternehmerische Risiko zu minimieren.
Dann wird koschere Schweizer Schokolade in den USA halt noch teurer und rarer - hier bezahlten Leute ja auch bis zu 30Fr.+ und mehr für Dubai-Schoggi.