Der Irak erhält von der Schweiz drei illegal ausgeführte bedeutende mesopotamische Kulturgüter zurück. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider hat die beiden Reliefs und die Statue dem irakischen Vizepremierminister und Aussenminister Fuad Hussein übergeben. Bevor die Objekte die Schweiz verlassen, werden sie in Bern öffentlich gezeigt.
Die Übergabe fand an einer Feier am Freitag in Bern statt. Hussein wird die 1700 bis 2800 Jahre alten Kulturgüter in den Irak zurückführen, wie das Bundesamt für Kultur (BAK) schrieb. Vorher werden die Kulturgüter in Bern in einer Sonderausstellung gezeigt. Sie gehören laut BAK zum mesopotamischen Kulturerbe.
Es handelt sich einerseits um zwei grosse assyrische Reliefs, die aus der bedeutenden archäologischen Stätte Nimrud-Kalhu stammen. Die Statue wiederum ist ein Fragment eines auf das 2. bis 3. Jahrhundert nach Christi Geburt datierten königlichen Torsos aus der antiken Stadt Hatra.
Das eine der rund 2800-jährigen Reliefs entdeckte Austen Henry Layard Mitte des 19. Jahrhunderts. Es zeigt assyrische Soldaten, die Einwohner und Gottheiten aus Babylon deportieren. Zusammen mit einem benachbarten Relief, das im British Museum aufbewahrt wird, gilt es als älteste bekannte Abbildung einer Deportation.
Etwa gleich alt ist das zweite, 1976 in Nimrud-Kalhu gefundene und noch teilweise erhaltene Eckrelief. Die ursprünglich gut zweieinhalb Meter hohe Darstellung von bewaffneten Würdenträgern dürfte einst in der Absicht, sie zu verkaufen, zerschnitten worden sein. Zu sehen sind noch Keilschrift-Zeichen und einer der Würdenträger.
Der 1959 freigelegte und rund 1700 Jahre alte Torso gehörte zur monumentalen Statue eines betend dargestellten Königs aus der antiken Stadt Hatra. Er trägt eine plissierte Tunika, einen geschmückten königlichen Mantel und die Figur des Sonnengottes Mārān-Schemesch, wie das BAK schreibt.
Die Fundstätten liegen in der Gegend von Mossul im heutigen Irak. Die Reliefs und die Statue wurden bei offiziellen Ausgrabungen in den Jahren 1856/57, 1959 respektive 1976 entdeckt und inventarisiert. Sie wurden illegal aus dem Irak ausgeführt. Wann und unter welchen Umständen das geschah, ist nicht bekannt.
Mesopotamien liegt in Vorderasien und ist nach Angaben des BAK bekannt für seine frühen Hochkulturen. Kulturgüter aus dieser Region seien besonders stark betroffen von illegalen Ausgrabungen, Schmuggel und illegalem Handel. Archäologische Funde gehörten im Irak ebenso wie in der Schweiz dem Staat.
Bevor die archäologischen Fundstücke die Schweiz verlassen, werden sie in Bern öffentlich ausgestellt. Sie seien von herausragender Bedeutung, sowohl in künstlerischer als auch in historischer Hinsicht, begründete dies das BAK. Gezeigt werden die Objekte bis am 7. Juni in der Nationalbibliothek in einer dokumentierten Ausstellung.
2023 wurden die drei Objekte im Rahmen eines Strafverfahrens im Kanton Genf eingezogen, zusammen mit 43 weiteren Kulturgütern. Die im Verfahren hauptsächlich beschuldigte Person ist unter anderem wegen Widerhandlungen gegen das Kulturgütertransfergesetz zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Wie es das Kulturgütertransfergesetz vorsieht, hat das BAK den Auftrag erhalten, die Reliefs und den Torso dem Herkunftsland zurückzugeben. Seit 2005 hat die Schweiz dem Irak bisher fünf Mal Kulturgüter zurückgegeben. Die Übergabe am Freitag sei aber die bei weitem wichtigste Rückgabe, schreibt das BAK.
Seit 2005 das Kulturgütergesetz in Kraft getreten ist, sind in der Schweiz rund 270 Strafverfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz durchgeführt worden. Rund 6800 Kulturgüter hat die Schweiz seit 2005 an Herkunftsstaaten restituiert. (rbu/sda)