Schweiz
Justiz

Fristlose Entlassung eines Bundesbeamten nach Belästigung nicht zulässig

Fristlose Entlassung eines Bundesbeamten nach sexueller Belästigung war nicht zulässig

03.05.2024, 12:0003.05.2024, 12:02
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Ein Bundesangestellter wurde wegen sexueller Belästigung fristlos entlassen. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun seine Beschwerde teilweise gutgeheissen, weil in Bezug auf die Wahrheit der Behauptungen ernsthafte Zweifel bestehen. Eine fristlose Kündigung war unter diesen Umständen nicht zulässig.

Eine interne Untersuchung zeigte, dass ein Angestellter eine Arbeitskollegin sexuell belästigt hatte. Die Kollegin machte unerwünschte, sexuell konnotierte Berührungen und verbale Belästigungen geltend. Der Arbeitgeber kündigte dem Mitarbeiter deshalb fristlos «aus wichtigen Gründen».

Dagegen erhob der Mann Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht, wie aus dem am Freitag publizierten Urteil hervor geht. Er bestritt das Vorhandensein des wichtigen Grundes und führte aus, er sei Opfer einer Verschwörung. Er beantragte eine Entschädigung von 65'000 Franken, aber keine Weiterbeschäftigung.

Beweismass nicht herabgesetzt

Das Gericht bestätigt, dass sexuelle Belästigung eine fristlose Entlassung aus wichtigem Grund rechtfertigt. Anders als in gewissen anderen Bereichen sei das Beweismass in solchen Fällen aber nicht herabgesetzt. Es genüge nicht, eine Tatsachenbehauptung bloss glaubhaft zu machen.

In Bezug auf die Wahrheit der Behauptungen dürften keine ernsthaften Zweifel bestehen. Aufgrund von Unstimmigkeiten, vager Zeugenaussagen und der zweifelhaften, zeitlichen Darstellung der Geschehnisse ist es zum Schluss gelangt, dass das erforderliche Beweismass nicht erreicht ist. Der «wichtige Grund» sei damit nicht erwiesen.

Das Gericht anerkannte den Ersatz des bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist geschuldeten Lohnes. Zudem sprach es dem Beschwerdeführer eine Entschädigung von drei Monatslöhnen zu. Dies ist weniger, als der Mann beantragt hatte. Das Gericht trägt damit dem nicht immer vorbildlichen Verhalten des Angestellten Rechnung. Dieses Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden. (Urteil A-4782/2023 vom 22.4.2024) (rbu/sda)

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Stadt Luzerner
03.05.2024 14:04registriert Oktober 2021
Riecht nach Klassiker. Behauptung und Vorverurteilung! Das geht nicht! Wenn es stichfeste Beweise gibt, sieht es anders aus. Aber solange diese nicht vorliegen und keine Verurteilung kommt, solange gilt die Unschuldsvermutung. Wo kämen wir bei solchen Pauschalisierungen hin? Eine Frau behauptet und Zack ist der Mann automatisch schuldig. Was wenn dies missbräuchlich ist? Es scheint aber, dass genau dies heute in der Gesellschaft besteht. Finde ich nicht gut. Wenn jemand nachweislich und absichtlich falsch beschuldigt wird, könnte man doch das Strafmaß umkehren und den Klagenden so bestrafen.
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Blüemlibuur
03.05.2024 14:44registriert September 2020
Heikel. Wie hier zu lesen ist gab es eine interne Untersuchung die zum Schluss kam das die Anschuldigungen wahr sind?

Der Angeklagte bestreitet die Taten (laut Text) nicht? Sondern nur die Tatsache das es kein wichtiger Grund sei?

"Im Bezug auf die Wahrheit der Aussage dürften keine Zweifel bestehen"

Also zusammengefasst:
Eine interne Untersuchung, eine Aussage, Zeugenaussagen und ein "Täter" der die Tat nicht leugnet reichen nicht um den Mann fristlos zu entlassen?

Ich glaub ich steh auf dem Schlauch und bitte um Erklärung.
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