Die 18 Insassen des Gefängnisses von Pruntrut sind in einem denkmalgeschützten Schloss untergebracht. Doch das Bild trügt: Die Haftbedingungen in diesem mittelalterlichen Gebäude sind alles andere als vornehm. Im Gegenteil - sie erinnern an einen mittelalterlichen Kerker: Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) empfiehlt dem jurassischen Staatsrat die Schliessung des Gefängnisses. Die Haftbedingungen seien eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne von Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Das Gefängnis in Pruntrut ist für Leute in Untersuchungshaft und solche mit kurzen Gefägnisstrafen vorgesehen.
Die Anti-Folterkommission hatte die Haftbedingungen bereits 2014 stark kritisiert. Die jurassische Regierung nahm in der Folge einige Verbesserungen vor, doch nicht genug, wie die Kommission nach ihrem letzten Besuch im August 2023 konstatierte.
Hauptkritikpunkt ist der fehlende Spazierhof im Freien. Die Kommission hält fest, dass die Gefängnisinsassen während der gesamten Dauer ihrer Haft keinen Zugang ins Freie haben. Das verletze nicht nur internationale Standards, sondern auch das kantonale Gesetz. Die Kommission schreibt in ihrer Medienmitteilung, dass der tägliche Zugang ins Freie erstmals 1955 als internationaler Standard in den Mindestgrundsätzen der Vereinten Nationen für die Behandlung der Gefangenen festgelegt worden ist. Bewegung an der frischen Luft sei ausschlaggebend für das Wohlbefinden einer inhaftierten Person.
Die inhaftierten Personen haben zwar im Turm des Gefängnisses einen Saal mit zwei offenen Fenstern für sportliche Aktivitäten zur Verfügung. Dieser sei jedoch ungenügend, weil er keinen Platz biete für gemeinschaftliche und sportliche Aktivitäten wie Ballspiele. «De facto haben die inhaftierten Personen keinen Zugang zur frischen Luft», hält die Kommission in ihrem Schreiben an die jurassische Regierung fest.
Kommt dazu, dass die Fenster in den Zellen relativ klein seien und nicht vollständig geöffnet werden könnten. Entsprechend seien die Zellen schlecht belüftet. Und es dringe wenig Licht ein in das Innere des Gefängnisses, wegen der dicken Gefängnismauern, den schmutzigen Fensterscheiben und den Gitterstäben vor den Fenstern.
Die jurassische Regierung hält in einer Stellungnahme fest, dass die Haftbedingungen tatsächlich «unbefriedigend» seien. Sie stimmt der Kommission zu, dass das Gefängnis langfristig geschlossen werden muss. Eine rasche Schliessung sei allerdings nicht möglich. Die jurassische Regierung verweist auf die Auslastung der übrigen Gefängnisse im Kanton und in der Westschweiz generell. Abhilfe schaffen soll ein neues Gefängnis. Ein Projekt für einen Neubau ist derzeit in Arbeit. Ab 2026 gehört zudem das Gefängnis in Moutier zum Kanton Jura - infolge des Kantonswechsels von Moutier. Auch dieses biete neue Perspektiven, schreibt der Kanton.
Der Kanton Jura hält zudem fest, dass aufgrund der Lage des Gefängnisses in einem geschützten Schloss der Bau eines Spazierhofes unmöglich sei, der den internationalen Standards entsprechen würde. Er verweist darauf, dass die Insassen einen Pingpongtisch zur Verfügung hätten wie auch einen Töggelikasten. Zudem seien auch neue Fitnessgeräte angeschafft worden.
Zum Vorwurf der schlechten Belüftung der Zellen und dem Mangel an natürlichem Licht schreibt die jurassische Regierung, dass alle Fenster gereinigt worden seien und dass dies künftig regelmässiger erfolgen soll. Zudem werde überprüft, ob die Fenster in den Zellen weiter geöffnet werden können. Schliesslich sei das Belüftungssystem überarbeitet worden.
Die Antifolterkommission hatte dem Kanton Jura bereits 2014 empfohlen, den Neubau eines Gefängnisses rasch voranzutreiben. Aktuelle Pläne sehen eine Eröffnung im Jahr 2035 vor. Die Kommission ist konsterniert und äussert ihr Bedauern, dass «die Behörden des Kantons Jura den Ernst der Lage anscheinend nicht wichtig nehmen.»