Ein langjähriger Psychiater, der sich am Mittwoch vor dem Bezirksgericht Winterthur verantworten muss, hat jegliche sexuelle Handlungen mit einer jungen Patientin abgestritten. Sie habe eine Borderline-Störung und lüge. Das Gericht eröffnet das Urteil um 17:30 Uhr.
Seit 39 Jahren ist er als Psychiater tätig – und noch nie war er gemäss eigenen Aussagen mit einem solchen Vorwurf konfrontiert. «Hier zu stehen und mich als Psychiater rechtfertigen zu müssen, ist höchst unangenehm», sagte der Mediziner in einem kurzen Statement.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die Notlage einer jungen Patientin ausgenutzt und zwei Mal Sex mit ihr gehabt zu haben, jeweils am Abend in der leeren Praxis. Dafür soll er gemäss Anklage ein lebenslanges Tätigkeitsverbot sowie eine bedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten erhalten.
Es habe keine sexuellen Handlungen gegeben, betonte der Mediziner. Die Patientin habe im Laufe der Behandlung romantische Gefühle für ihn entwickelt und ihm Avancen gemacht. «Ich habe sie abgewiesen. Deshalb hat sie ein Strafverfahren gegen mich veranlasst.»
Seine Anwältin betonte, dass es keinerlei Beweise für ein Sexualdelikt gebe. Auslöser für die Falschaussagen sei die Borderline-Störung der Patientin. Menschen mit Borderline hätten erwiesenermassen die Tendenz, sexuellen Missbrauch zu erfinden.
«Es ist eine Mischung aus Fehlinterpretation, Gedächtnisverzerrung und dem Wunsch nach Aufmerksamkeit.» Die Betroffenen würden oft auch überzeugende und manipulative Lügen erzählen, so auch im vorliegenden Fall. Die Frau sei nur «begrenzt glaubwürdig».
Die junge Frau betonte in der Befragung jedoch, keinerlei Lügen zu erzählen. Sie habe ihm nie «Avancen gemacht». «Ich mochte ihn, er war immer da.» Sie habe auch ohne Termin in der Praxis vorbeigehen können, wenn es ihr schlecht gegangen sei.
Zur Zeit des ersten Vorfalls hatte sie Schwierigkeiten mit Männern. «Er sagte, ich solle am Abend nochmals in die Praxis kommen. Er wisse eine Lösung für meine Probleme», sagte die Privatklägerin. «Er wusste, dass es mir schwerfällt, Nein zu sagen.»
Beim Sex an sich sei sie passiv gewesen, sie habe sich weder verbal noch körperlich gewehrt. «Ich hatte das Gefühl, ich müsse mitmachen, um ihn als Psychiater nicht zu verlieren.»
Er habe seine Stellung als Psychiater klar ausgenutzt. Das sei ihr aber erst später klar geworden, weshalb sie die Vorfälle erst ein halbes Jahr danach angezeigt habe. Heute sei sie wütend auf ihn. «Ich habe durch diese Vorfälle noch mehr Probleme mit Vertrauen.»
Die Aussicht auf eine Genugtuung von 8000 Franken ist ihr beim Strafverfahren nicht wichtig. «Ich hoffe, dass er eingesteht, was er gemacht hat.» (pre/sda)
Borderliner schrecken vor nichts zurück - weiss ich aus eigener Erfahrung.
Ich kenne Fälle, die waren, wie sie sagt und Fälle die waren, wie er sagt...
Und ich kenne einen Fall, bei dem das Gericht falsch entschied und ich es kaum fassen konnte, wie es wichtige Details ignorierte.
Ich möchte jedenfalls nicht Richter sein.
In derartigen Fällen finde wären Aussagen von Personen wichtig, welche die Person ebenfalls über einen langen Zeitraum begleiten und die Person während fraglichen Ereignissen miterlebte und deren Äusserungen zum Psychiater und Therapieverlauf.