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Wiederwahl von Bundesanwalt Lauber wird verschoben

epa07561030 Swiss Federal Attorney Michael Lauber speaks during a press conference at the Media Centre of the Federal Parliament in Bern, Switzerland, 10 May 2019. Federal Attorney Michael Lauber is c ...
Unter Druck: Bundesanwalt Michael Lauber.Bild: EPA/KEYSTONE

Lauber muss zittern – seine Wiederwahl wird auf den Herbst verschoben

15.05.2019, 18:5015.05.2019, 20:17
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Die Wiederwahl von Bundesanwalt Michael Lauber wird auf Herbst verschoben. Das Gerichtskommission der Vereinigten Bundesversammlung hat am Mittwoch einstimmig beschlossen, noch keinen Antrag zur Wiederwahl zu stellen.

Als Grund nannte Kommissionspräsident Jean-Paul Gschwind (CVP/JU) vor den Bundeshausmedien die laufende Disziplinaruntersuchung. Diese hatte die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) letzte Woche gegen den Bundesanwalt eröffnet. Lauber reichte seinerseits eine Aufsichtseingabe gegen die AB-BA bei den Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat (GPK) ein.

Die GPK hatten den Bundesanwalt Anfang Woche angehört. Die Gerichtskommission habe nicht alle Protokolle zu dieser Anhörung erhalten, sagte Gschwind. «Die Gerichtskommission will nicht in der Hast entschieden.» Sie habe deshalb einstimmig beschlossen, den Entscheid über die Wahlempfehlung zu verschieben. Die Wiederwahl Laubers wäre in der Sommersession vorgesehen gewesen.

Kein Misstrauensvotum

Es handle sich nicht um ein Misstrauensvotum gegen den Bundesanwalt, sagte Matthias Aebischer (SP/BE), der die zuständige Subkommission präsidiert. Der Entscheid habe auch nicht direkt mit der Untersuchung zu tun. Die Kommission wolle bloss «nichts überstürzen in dieser aufgeheizten Situation».

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quelle: epa/keystone / peter klaunzer
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Die Gerichtskommission hat zwei weitere Sitzungstermine vor der Herbstsession. Wenn nötig, kann sie laut Aebischer weitere Sitzungen durchführen. Um sicherzustellen, dass sie dann bessere Entscheidgrundlagen hat, verlangte die Gerichtskommission von der AB-BA für den Herbst einen Zwischenbericht zur Disziplinaruntersuchung.

Das Endergebnis der Untersuchung will sie laut Aebischer nicht zwingend abwarten. Es sei möglich, dass die Disziplinaruntersuchung ein Jahr dauere. «Wir wollen uns nicht in Zugzwang setzen lassen.»

Laubers Gedächtnislücken

Hintergrund der aufgeschobenen Wahlempfehlung sind nicht dokumentierte informelle Treffen mit Fifa-Chef Gianni Infantino. Im Raum steht auch der Verdacht der Amtsgeheimnisverletzung, weil unbeteiligte Dritte an den Treffen teilnahmen.

Gegenüber der Aufsichtsbehörde hatte Lauber zudem nur zwei Treffen im Jahr 2016 angegeben. Später räumte er ein, dass es 2017 wohl ein drittes Treffen gegeben habe. Er machte aber geltend, sich nicht an dieses zu erinnern. Nach Angaben der GPK gibt es derzeit keine Anhaltspunkte, dass der Bundesanwalt diesbezüglich bewusst nicht die Wahrheit gesagt hätte.

Die nicht protokollierten Treffen könnten zu Verzögerungen in den Verfahren führen. Laut GPK wurden im Zusammenhang mit laufenden Fifa-Verfahren bereits mehrere Ausstandsbegehren gegen den Bundesanwalt und verfahrensführende Staatsanwälte vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona gestellt.

Gegenangriff des Bundesanwalts

Trotz der vielen offenen Fragen hält Lauber an seiner Kandidatur für eine dritte Amtszeit fest. Am Freitag hatte er die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA), die die Disziplinaruntersuchung eingeleitet hatte, scharf angegriffen. Lauber sprach von einer «institutionellen Krise» und von einem «Eingriff in die Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft». (cma/sda)

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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sontau
15.05.2019 19:01registriert Juni 2014
Ein Bundesanwalt sollte über alle Zweifel erhaben sein. Das ist Herr Lauber definitiv nicht.
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Couleur
15.05.2019 19:03registriert Januar 2018
Was für eine lächerliche Posse.
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Hallosager
15.05.2019 21:42registriert April 2017
Schweizer Vätterliwirtschaft per excellence. Und beim normalen Buezer wird schon mit Kündigung gedroht, wenn man vergisst die Zeit zu stempeln. Einige sind eben doch gleicher als andere 🤷‍♂️
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