Gefährlich und hochansteckend: Vermehrt Masern bei Kindern festgestellt
Der Schulstart in Sigigen in der luzernischen Gemeinde Ruswil ist von einem Krankheitsfall überschattet worden: Bei einem Mädchen wurden Masern diagnostiziert.
Die Krankheit ist hochansteckend, gefährlich – und es gibt keine wirksame Behandlung. «Es genügt, wenn eine infizierte, aber noch nicht erkrankte Person zwei Stunden zuvor in einem Raum war, und eine ungeimpfte Person steckt sich an und erkrankt dann ebenfalls», erklärt Simon Ming, Sprecher des Bundesamts für Gesundheit.
Masern können eine Entzündung der Lunge, des Mittelohrs oder des Hirns verursachen. Das Bundesamt für Gesundheit hält fest: Masern führten oft zu schweren Komplikationen – und manchmal zum Tod.
Wenn jemand erkrankt, lassen die Behörden Kontaktpersonen überprüfen: Sind sie gegen Masern geimpft oder haben sie die Krankheit schon einmal durchgestanden? Wer nicht als immun gilt, muss für 21 Tage in Quarantäne.
Fast 100 nachgewiesene Fälle im vergangenen Jahr
Solche Massnahmen wären nicht nötig, wenn alle Eltern ihre Kinder impfen lassen würden. Die Impfung verhindert schwere Komplikationen und Todesfälle zu fast 100 Prozent. Der Schutz vor einer Erkrankung liegt bei 95 bis 98 Prozent. Steckt sich jemand trotz Impfung mit Masern an, verläuft die Krankheit in milder Form ohne Komplikationen.
In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr 97 Masernerkrankungen registriert; im laufenden Jahr sind es bisher 47. Die Fälle von Masern in der Schweiz sind häufig auf ungeimpfte Personen zurückzuführen, die sich im Ausland infizieren. Das kann zu einigen Sekundärfällen in der Schweiz führen.
Es gäbe kein Problem, wenn alle Menschen gegen die Krankheit geschützt wären. Wer als Kind nicht geimpft worden ist, kann das als Erwachsener problemlos nachholen. Die Impfgegner sehen darin aber eine Gefahr.
Sie verbreiten die Theorie, dass die Masernimpfung zu Autismus führen könne. Eine Studie, die diesen Zusammenhang herzustellen versuchte, ist mehrfach widerlegt worden. Trotzdem wird gerade in den sozialen Medien das Märchen verbreitet: Wer seine Kinder gegen Masern impfen lässt, riskiert, dass der Nachwuchs autistisch wird.
Einige Impfgegner bezeichnen die Masern auch als harmlose Kinderkrankheit. Die Impfung sei darum unnötig. Das ist falsch. Es gibt keine Zweifel, dass Masern hochansteckend sind und schwere Komplikationen hervorrufen können.
Eine recht weit verbreitete These ist ausserdem: Die Masernimpfung diene einzig dazu, dass Pharmaunternehmen hohe Profite erzielen könnten – mit der Unterstützung durch die Politik. In Wahrheit trägt die Impfung aber dazu bei, dass das Gesundheitswesen auf viele teure Behandlungen verzichten kann.
Vor allem in einigen ländlichen Regionen der Schweiz leben Personen, die Impfungen ablehnen. Das ist so im Kanton Luzern. Die Impfquote gegen Masern liegt hier bei den 8- und 16-jährigen Personen etwas tiefer als im schweizerischen Durchschnitt.
Kantonsarzt hält höhere Impfquote für wünschenswert
«Eine möglichst hohe Durchimpfung ist zentral, um Ausbrüche von Masern nachhaltig zu verhindern», betont der Luzerner Kantonsarzt Roger Harstall. Darum wäre eine höhere Durchimpfung wünschenswert. «Die kantonalen Behörden können über die Impfung und die Konsequenzen der Krankheit informieren und deren Wichtigkeit betonen. Es gibt in der Schweiz keinen Impfzwang, und es steht somit jeder Person frei, sich für oder gegen eine Impfung zu entscheiden.»
Auch im Kanton Aargau stellte der Kantonsärztliche Dienst in einer Schule kürzlich fest, dass ein Kind an Masern erkrankt war. Für nicht geimpfte Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonen hat der Dienst eine Quarantäne verfügt.
Masern gehören zu den ansteckendsten Krankheiten überhaupt – und könnten in der Schweiz längst verschwunden sein, wenn nicht manche Menschen Verschwörungstheorien mehr glauben würden als wissenschaftlichen Fakten. (aargauerzeitung.ch)
