Erneut ist in den USA ein Kind an Masern gestorben. Schon im vergangenen Februar war – ebenfalls im Bundesstaat Texas – ein Kind der hochansteckenden Infektionskrankheit zum Opfer gefallen. Es handelte sich um den ersten durch Masern verursachten Todesfall eines Kindes seit 22 Jahren in den USA. Der letzte Todesfall eines Erwachsenen ereignete sich 2015.
Der aktuelle Masernausbruch in den USA – derzeit sind es bereits mehr als 600 Fälle – kontrastiert mit eher geringen Fallzahlen seit 1995, mit Ausnahme einer Welle im Jahr 2019. Eigentlich galten die Masern seit dem Jahr 2000 in den USA als ausgerottet, auf dem amerikanischen Kontinent seit 2016. Die Ausbrüche danach waren allesamt auf importierte Fälle zurückzuführen.
Angesichts der steigenden Fallzahlen sagte selbst US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., der in der Vergangenheit immer wieder den Nutzen von Impfungen bezweifelt hatte, die Impfung sei die wirksamste Methode, um die Ausbreitung der Masern zu stoppen. Die Masernimpfung ist in der Tat eine Erfolgsgeschichte. Doch Gerüchte über angebliche Impfschäden, zum Beispiel Autismus, verunsichern Eltern, die zweifeln, ob sie ihre Kinder impfen lassen sollen. Zu Unrecht, wie die folgenden Punkte zeigen:
Masern werden durch Viren verursacht, die weltweit verbreitet sind. Die Krankheit, die im 10. Jahrhundert durch den persischen Arzt ar-Razi erstmals detailliert beschrieben wurde, ist hochansteckend – in der Regel infizieren sich alle Personen, die Kontakt zu Erkrankten hatten, sofern sie nicht geimpft oder durch eine bereits durchgemachte Masernerkrankung geschützt sind. Im Durchschnitt steckt ein einziger mit Masern infizierter Mensch 12 bis 18 Gesunde an. Eine infizierte Person ist schon vier Tage vor Auftreten der Symptome ansteckend.
Die Ansteckung erfolgt über kleine infektiöse Tröpfchen, die beim Husten, Niesen oder Sprechen von infizierten Personen freigesetzt und von anderen eingeatmet werden. Solche infektiösen Aerosole können bis zu zwei Stunden nach ihrer Emission in der Luft schweben. Zudem kann man sich auch durch Kontakt mit Sekreten aus der Nase oder dem Rachen anstecken. Selbst der Aufenthalt in Räumen, in denen sich kurz zuvor Erkrankte aufgehalten haben, kann zu einer Ansteckung führen. Die Ansteckungsfähigkeit dauert meist bis vier Tage nach Beginn des typischen Hautausschlags an.
Gegen Masern gibt es keine ursächliche Therapie. Lediglich die Symptome können behandelt werden, etwa durch fiebersenkende Mittel. Wie immer bei Viruserkrankungen sind Antibiotika wirkungslos; sie können aber gegen Komplikationen eingesetzt werden, die bakterielle Ursachen haben.
Masern verlaufen üblicherweise in zwei Krankheitsschüben: Ein erster beginnt 7 bis 18 Tage nach der Infektion mit Fieber, Müdigkeit, Bauchschmerzen, Lichtscheu, Entzündung der Schleimhaut im Mund – dort bilden sich weisse Flecken – und ist oft begleitet von Husten, Schnupfen und Halsschmerzen. Zwei bis vier Tage nach Beginn der Symptome folgt ein zweiter Schub mit einem erneuten Fieberanstieg. Die bereits bestehenden Symptome verstärken sich, daneben tritt nun ein ausgeprägter Hautausschlag mit bräunlich-rosafarbenen Flecken auf, der etwa 4 bis 7 Tage andauert. Unkomplizierte Fälle heilen ziemlich rasch und ohne bleibende Folgen ab. Es besteht aber die Gefahr von Komplikationen (siehe nächsten Punkt).
Masern gelten als typische Kinderkrankheit, doch sie können in jedem Alter auftreten. Besonders ältere Jahrgänge haben die Krankheit häufig selber durchgemacht, und weil sie sie heil überstanden haben, glauben viele, Masern seien eine harmlose Krankheit. In etwa neun von zehn Fällen nimmt die Krankheit tatsächlich keinen schlimmen Verlauf. Doch Masern führen zu einer Schwächung des Immunsystems, die über Monate bis möglicherweise Jahre anfällig für weitere Infektionen macht.
Zusätzliche Erreger können daher während einer Erkrankung an Masern Komplikationen wie Mittelohrentzündung, Bronchitis, Lungenentzündung oder Durchfallerkrankungen verursachen. Auch das Risiko einer Gehirnentzündung ist erhöht – sie tritt bei rund 10 von 10'000 Personen auf, die an Masern erkranken. Diese Masern-Enzephalitis beginnt etwa 4 bis 7 Tage nach Beginn des Hautausschlags und geht mit Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma einher. Von 10 an Masern-Enzephalitis Erkrankten sterben 1 bis 2. Bei etwa 2 bis 3 Betroffenen bleiben schwere Folgeschäden wie eine geistige Behinderung und Lähmungen zurück. Auch der Verlust des Gehörs kann zu den Folgen gehören.
Selbst wenn die Krankheit ohne Komplikationen überstanden wurde, ist die Gefahr nicht völlig gebannt: Äusserst selten – in 4 bis 11 Fällen von 100'000 Masernerkrankungen – kommt es etwa 6 bis 8 Jahre später zu einer sogenannten subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE). Dabei besteht für Kinder – insbesondere Kinder, die zum Zeitpunkt der Maserninfektion jünger als 5 Jahre waren – ein deutlich höheres Risiko. Die SSPE ist eine unheilbare neurodegenerative Erkrankung, in deren Verlauf die Gehirnzellen zerstört werden. Sie endet in aller Regel mit dem Tod.
Masern verursachen weltweit jedes Jahr etwa 158'000 Todesfälle. In Industriestaaten, die über ein leistungsfähiges Gesundheitssystem verfügen, sind solche Todesfälle selten geworden. Im Durchschnitt enden hier 1 bis 3 von 10'000 gemeldeten Masernfällen tödlich; in Entwicklungsländern sind es dagegen 300 bis 500 von 10'000 Erkrankten, teilweise noch mehr.
Die Masernimpfung ist eine Lebendimpfung, das heisst, der Impfstoff enthält abgeschwächte Viren. Diese lösen eine Antwort des Immunsystems aus – sie trainieren es sozusagen –, die in etwa der Immunantwort nach einer natürlichen Infektion mit Masern entspricht, ohne dass jedoch die Krankheit zum Ausbruch kommt. Die ersten Antikörper gegen Masern können etwa 12 bis 15 Tage nach der ersten Impfdose nachgewiesen werden.
Allerdings sind etwa 8 Prozent der Geimpften nach der ersten Impfung nicht immun. Nach zwei Impfdosen besteht hingegen bei mehr als 97 Prozent der geimpften Personen eine lebenslange Immunität gegen das Virus, nach anderen Angaben sogar bei 98 bis 99 Prozent. Die Wirksamkeit des Impfstoffs gilt daher als hervorragend. Dies zeigt sich auch daran, dass vor der Zulassung der ersten Impfstoffe jedes Jahr weltweit einige Millionen Menschen an Masern starben, während es heute nur noch knapp 160'000 sind – von denen die meisten nicht geimpft wurden.
Gleichwohl kann ein Impfversagen auftreten, etwa wenn es zu Wechselwirkungen mit mütterlichen Antikörpern bei Säuglingen kommt oder wenn der Impfschutz im Laufe der Zeit nachlässt, was nur äusserst selten vorkommt. Bei Personen, die trotz Impfung erkranken, ist der Krankheitsverlauf im Vergleich zu Ungeimpften leichter oder untypischer. Sie stecken zudem nur sehr selten andere Menschen an.
Die zwei Impfungen sollten ab dem vollendeten 9. Lebensmonat erfolgen, wobei ein Mindestabstand von drei Monaten (bei Erstimpfung nach dem 1. Lebensjahr von 4 Wochen) zwischen den zwei Impfungen empfohlen wird. Da die zweimalige Impfung eine wichtige Voraussetzung für einen lückenlosen Schutz ist, sollten die beiden Impfungen unbedingt vor Ende des zweiten Lebensjahres durchgeführt werden. Eine Nachholimpfung ist jedoch in jedem Alter möglich; sie wird allen nicht-immunen Personen empfohlen. Der Impfstoff wirkt bei Erwachsenen genauso gut wie bei Kindern.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt eine Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR), seit 2023 zusätzlich gegen Windpocken (MMRV). Der kombinierte Impfstoff verhindert die manchmal äusserst schwer verlaufenden Krankheitskomplikationen von Masern, Mumps und Röteln. Die Impfung gegen Windpocken verringert zudem das Risiko, später an Gürtelrose (Herpes zoster) zu erkranken.
Wie so oft kursieren auch im Fall der Masernimpfung Gerüchte, wonach der Impfstoff gefährliche Nebenwirkungen habe. Angeblich soll die Impfung Autismus, entzündliche Darmerkrankungen, geistige Einschränkungen, Typ-1-Diabetes, Multiple Sklerose, Leukämien oder Asthma und Heuschnupfen auslösen. Alle diese Behauptungen wurden jedoch durch Studien widerlegt. Auch die Annahme, der Impfstoff könne die tödliche Langzeitfolge der subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) auslösen, ist falsch: Die gefürchtete Krankheit trifft nur Menschen, bei denen die Impfung nicht angeschlagen hatte (vor allem aber Ungeimpfte), doch in allen diesen Fällen wurden im Gehirn normale Masern-Viren gefunden und nicht das abgeschwächte Impf-Virus.
Obwohl die MMR-Impfung sehr gut vertragen wird und das Immunsystem nicht überlastet, können – wie bei jeder anderen Impfung auch – tatsächlich Nebenwirkungen auftreten. So kann es an der Einstichstelle zu schmerzhaften Rötungen oder Schwellungen kommen. Zudem kann bei ungefähr 1 von 10 Geimpften vorübergehend Fieber, eine Schwellung der Speicheldrüsen und/oder ein masernähnlicher Ausschlag vorkommen. Diese sogenannten Impfmasern, die bei rund 5 Prozent der Geimpften etwa 7 bis 10 Tage nach der Impfung auftreten und nach 1 bis 3 Tagen wieder abklingen, sind aber nicht ansteckend – auch nicht für Menschen mit einer Immunschwäche.
Wenn das Fieber sehr hoch ist, kann dies bei Kleinkindern einen Fieberkrampf zur Folge haben. Das ist bei 1 von 3000 Kindern der Fall. Fieberkrämpfe sind nicht lebensbedrohlich und laufen in der Regel unkompliziert und unproblematisch ab. Eine weitere seltene Komplikation bei der MMR-Impfung besteht in einer vorübergehenden Senkung der Blutplättchen, die wiederum ein erhöhtes Blutungsrisiko zur Folge hat. Sie tritt nur bei 1 von 30'000 geimpften Personen auf und damit bedeutend seltener als bei einer Infektion mit Masern oder Röteln. Schwere Nebenwirkungen der MMR-Impfung sind mit weniger als 1 pro Million extrem selten.
Impfen dient zuerst einmal dem Schutz der geimpften Person. Doch darüber hinaus hat die Impfquote, also die Anzahl der Geimpften einer Gruppe im Verhältnis zur Gesamtgrösse der Gruppe, auch Auswirkungen, die über das Individuelle hinausgehen: Ist sie hoch, sorgt sie für die Unterbrechung der Infektionsketten und trägt damit zur Eindämmung der Virus-Zirkulation bei. Sind etwa 95 Prozent der Bevölkerung immun – sei es durch Impfung oder infolge einer durchgemachten Infektion –, werden auch Personen geschützt, die nicht oder noch nicht geimpft werden können – zum Beispiel Säuglinge, Personen mit einer Immunschwäche oder ungeschützte schwangere Frauen. Haben genügend Individuen einer Population («Herde») durch Impfung oder durchlaufene Krankheit eine Immunität gegen die Ansteckung entwickelt, sodass die Übertragung des Erregers zum Erliegen kommt, redet man von sogenannter «Herdenimmunität».
Hinzu kommt, dass eine hohe Impfquote in der Schweiz das Risiko vermindert, in anderen Ländern mit niedrigeren Impfquoten einen Masern-Ausbruch zu verursachen. Nach wie vor ist die Impfquote in der Schweiz – sie liegt bei rund 90 Prozent – aber nicht ausreichend. Es besteht daher immer noch ein beträchtliches Risiko, dass ungeimpfte Personen an Masern erkranken.
Wie bei anderen Impfungen auch gibt es Personengruppen, die sich nicht impfen lassen dürfen. Dazu gehören:
Dass das im ersten Augenblicklich erschrecken kann, kann ich sogar irgendwie nachvollziehen aber mit etwas Recherche sollte wirklich klar sein, wofür man sich entscheidet.
Unsere Nachbarin hatte Kinderlähmung & ist ihr ganzes Leben gezeichnet. Man sieht die Gefahren vom Nichtimpfen nicht mehr, deshalb empfinden es manche als den gesünderen Weg.