Die Erhöhung der Kinderabzüge in der direkten Bundessteuer ist das «Mauerblümchen» unter den fünf nationalen Vorlagen, über die am 27. September abgestimmt wird. In den Medien fand sie laut einer Analyse der Universität Bern die geringste Beachtung. Die SP hat das Referendum ergriffen, sie spricht von einem «Steuergeschenk» für die Reichen.
Ob sie damit durchkommt, bleibt eine Woche vor dem Abstimmungstermin offen. In den am Mittwoch erschienenen letzten Umfragen von Tamedia und SRG hat sich der Nein-Trend verstärkt, dennoch kommen sie zu unterschiedlichen Ergebnissen: Bei Tamedia sagen 51 Prozent Ja und 46 Prozent Nein, bei der SRG sind es 43 Prozent Ja und 52 Prozent Nein.
Diese Diskrepanz deutet darauf hin, dass viele Stimmberechtigte sich wohl erst beim Ausfüllen des Zettels definitiv entscheiden. Das erstaunt wenig. Gerade Wählerinnen und Wähler linker und grüner Parteien mit höheren Einkommen stecken im Dilemma: Wollen sie sich am eigenen Portemonnaie orientieren oder am «Gemeinwohl»?
Die SP ist längst keine reine Büezer-Partei mehr. In ihrer Wählerschaft finden sich viele Besserverdienende. In der zweiten Tamedia-Umfrage im August sagten 55 Prozent der SP-Basis Ja oder eher Ja zu den Kinderabzügen. Eine Zusatzauswertung zeigte, dass die Zustimmung in allen Parteien parallel zum Einkommen anstieg, auch bei SP und Grünen.
«Dies lässt sich als Zeichen dafür deuten, dass Besserverdienende, auch linke, selber auf einen steuerlichen Vorteil hoffen», schrieben die Tamedia-Zeitungen. Der Aargauer SP-Nationalrat und wahrscheinliche künftige Co-Parteipräsident Cédric Wermuth zeigt sich darüber nicht überrascht: «Auf den ersten Blick wirkt die Vorlage sehr sympathisch.»
Man habe viel gearbeitet, um die Meinungsbildung in die richtige Richtung zu lenken, sagt Wermuth im Gespräch. Tatsächlich ist der Ja-Anteil beim SP-Anhang seit August deutlich gesunken. «Unsere Message scheint angekommen zu sein», freut sich Wermuth. Aber: Nach wie vor tendiert rund ein Drittel der SP-Sympathisanten zum Ja.
Cédric Wermuth weist die Vermutung zurück, diese hätten nur ihre eigenen Interessen vor Augen: «Das ist eine abenteuerliche Interpretation.» Er räumt aber ein, dass der zweite Teil der Vorlage, die höheren Abzüge für auswärtige Kinderbetreuung, einen Reiz für linke Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hat: «Damit hätten wir leben können.»
Man werde in der Schlussphase des Abstimmungskampfes nochmals einen Effort machen, kündigt Wermuth an. Handlungsbedarf besteht nicht nur bei der SP. Sorgen bereiten die Umfragen auch den Grünliberalen: Die Partei hat die Nein-Parole beschlossen, die Hälfte ihrer Wählerschaft will jedoch der Vorlage zustimmen. Bei den Grünen sieht es ähnlich aus.
Die Grün-Parteien werden mehr noch als die SP von Leuten mit höheren Einkommen gewählt. Die «Rettung» für Mitte-links könnte ausgerechnet von der SVP kommen. Während die Partei ein Ja empfiehlt, gibt es an der Basis einen hohen Nein-Anteil. Die Wählerinnen und Wähler der SVP scheinen zu realisieren, dass die Vorlage ihnen kaum etwas bringt.
«Von der Kinderabzug-Erhöhung profitieren vor allem Gutverdiener und nicht der Mittelstand», begründete der Zuger SVP-Finanzdirektor Heinz Tännler sein Nein im «Blick» mit fast schon «linkem» Vokabular. SVP-Finanzminister Ueli Maurer boykottiert die Vorlage regelrecht. Sie würde ein Loch von 370 Millionen Franken in die Bundeskasse reissen.
Die Initiative nützt den 6% Reichsten Haushalten in der Schweiz...
Man kann über Steuererleichterungen (auch für Reiche) diskutieren: Dann aber bitte offen und ehrlich und nicht mit einer solchen Mogelpackung.
Klares Nein.