Pat the Rat (das Original)
Aber wenn sie nein sagen, kriegen sie erstmal gar nichts...
Wie war das nochmal mit dem Spatz, der Taube, der Hand und dem Dach?
Was war da los, auf dem Bundesplatz in Bern. 47 Stunden lang besetzte die Klimajugend vergangenen September den Platz. Mitten in der Coronazeit zeigten die Aktivisten, dass sie mit allen politischen Mitteln für ihre Sache kämpfen.
Und was war am Freitag los auf dem Bundesplatz? Wieder war ein Klimastreik angesagt. Es regnete in Strömen - und es geschah in Bern fast nichts. In Kleingruppen schwärmten einige «Streikende» in die Innenstadt aus. Auf dem Bahnhofplatz fanden sich am Mittag zwei Dutzend Personen ein. Gärtnerinnen und Gärtner, den Regen gewohnt, verteilten Pflanzen, um ein Zeichen für Biodiversität zu setzen. Doch von der früheren Euphorie war wenig zu spüren - wie auch an anderen Orten in der Schweiz, wo die Klimastreikenden auf die Strasse gingen.
Das ist erstaunlich. Denn in wenigen Wochen steht die wichtigste klimapolitische Weichenstellung der letzten Jahre an. Am 13. Juni wird über das CO2-Gesetz abgestimmt. Es will den CO2-Ausstoss bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 halbieren. Gerade jetzt hätten die Befürworter den Support der Strasse nötig. Denn laut den letzten Umfragen wird es sehr knapp. Und ein Hauptargument der Befürworter heisst: Das Gesetz ist gerade wegen der kommenden Generationen wichtig. Ihnen soll nicht die Zukunft verbaut werden.
Hinzu kommt: Auch die jüngste Tamedia-Abstimmungsumfrage zeigt nicht unbedingt eine Jugend, die für das Gesetz kämpft, im Gegenteil. Demnach tendieren nur 45 Prozent der 18- bis 34-Jährigen zu einem Ja. In allen anderen Alterskategorien ist die Zustimmung grösser. Am höchsten ist sie bei den über-65-Jährigen mit 57 Prozent.
Auf dem Berner Bahnhofplatz haben sich drei Studierende als Clowns verkleidet. Mit roter Nase verteilen sie Pflänzchen und basteln ein Plakat, auf dem steht: «Ökologie ohne Klassenkampf ist nichts weiter als Gartenarbeit.» Die zwei Tessinerinnen und ihr Kollege sind nach Bern gekommen, weil sich etwas ändern müsse:
Warum das Gesetz bei ihrer Alterskategorie auf Widerstand stösst, können sie sich nicht erklären. Selbstverständlich würden sie am 13. Juni abstimmen gehen - und das würden auch alle ihre Kollegen tun. Und selbstverständlich wollen sie ein Ja einlegen. Keine Option ist für sie ein Nein, wie es in der Klimajugend auch zur Debatte stand. Denn einigen ging das Gesetz zu wenig weit.
Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt kämpft für die Vorlage. «Ich bin dankbar für das Engagement», sagt er.
Bisher habe sich die Bewegung bewusst abseits der bestehenden Strukturen bewegt. Auch weil sie glaube, dass die klassische Politik in der Vergangenheit die nötige Lösung nicht habe erarbeiten können. Der Solothurner mahnt, die Bewegung müsse jetzt über ihren Schatten springen: «Das muss nun sein. Es braucht noch einen grossen Effort für ein Ja.» Denn bisher hätten die Argumente der Gegner gut verfangen, besser als man dachte: «Die Gegner haben eigentlich nur zwei Argumente. Die Schweiz kann alleine nichts ausrichten, und das Gesetz geht ans Portemonnaie», sagt Müller-Altermatt. Die Befürworter hätten unterschätzt, wie diese wirken.
Tatsächlich sind nicht nur die wenig entschlossenen Jungen ein Problem für die Befürworter: Zünglein an der Waage werden die Mitteparteien sein, insbesondere die FDP. Die nationale Partei hat zwar die Ja-Parole herausgegeben. Inzwischen haben aber mehrere Kantonalsektionen ein Nein beschlossen, etwa Aargau und Basel-Stadt. Und laut den Umfragen ist die Basis gespalten; insbesondere der Gewerbeflügel ist gegen die Vorlage.
Parteipräsidentin Petra Gössi hat dies erkannt: Sie hat gegenüber dem «Tages-Anzeiger» angekündigt, die Ja-Kampagne nochmals voranzutreiben. Dabei kämpft sie nicht nur für ein Ja, sondern auch um ihre Rolle innerhalb der Partei: Gössi hat erst die grüne Wende der FDP eingeleitet, die dem Gesetz im Parlament zum Durchbruch verhalf.
Dann, am Nachmittag, gibt es in den Lauben der Bundesstadt doch noch etwas Lärm gegen die Klimaerwärmung: Elf Fünft- und Sechstklässler aus dem Marzilischulhaus laufen mit Transparenten durch die Stadt. «Ich will, dass wir auch später noch Schnee zum Skifahren haben», sagt ein Mädchen. Sie sind voller Elan. Aber zum Abstimmen noch viel zu jung. (aargauerzeitung.ch)