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Du willst nur das Beste? Voilà:
Die SVP und ihr
Vordenker Christoph Blocher berufen sich gerne auf das «Volk». An
diesem denkwürdigen Sonntag zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass
die Schweiz kein einig Volk von Brüdern und Schwestern mehr ist
(wenn sie es denn jemals war). Die nationalen Wahlen 2015 haben
eine abgrundtiefe Kluft zwischen der ruralen und der urbanen Schweiz aufgerissen. Die SVP hat die Landschaft regelrecht abgegrast und Sitz
um Sitz abgeräumt.
Beispielhaft dafür
ist der einstige Durchschnittskanton Aargau, der seit Jahren immer
mehr nach rechts abdriftet. Nun hat sich dieser Trend verstärkt. Es ist der Lohn der Angst, den die «Volks»-Partei
kassiert hat. Die Hüslischweiz fürchtet den Verlust ihrer Idylle
aufgrund der starken Zuwanderung und der grossen Flüchtlingstrecks.
Die Aussicht hat genügt, dass die Syrer, Iraker und Afghanen
auf der Balkanroute an unseren Grenzen auftauchen könnten.
Die Flüchtlingskrise
in Europa war Wasser auf die Mühlen der SVP. Bis vor wenigen Monaten
sah es so aus, als ob die SVP stagnieren oder gar leicht verlieren
würde. Ihr zunehmend radikales Gebaren hatte Teile ihrer Basis ins
Grübeln gebracht. Die FDP schien davon profitieren zu können. Nun
haben die Freisinnigen zugelegt, aber nicht so stark wie das «Original».
Hätte die Dampfwalze gestoppt werden können? «Die Stärke der SVP
basiert auch auf der Schwäche der Konkurrenz», habe ich in meinem
Porträt der Partei geschrieben. Das hat sich im Wahlkampf erneut
bewahrheitet. Warum haben die anderen Parteien keine Kampagne
gestartet, um das SVP-Referendum gegen das revidierte Asylgesetz
anzuprangern? Sie hätten aufzeigen können, dass die SVP an echter
Problemlösung nicht interessiert ist.
Ob es etwas genützt
hätte, ist eine andere Frage. Gegen Emotionen haben Fakten einen
schweren Stand. Und Mässigung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Die
Provokateure Christoph Mörgeli und Hans Fehr müssen zwar
unfreiwillig den Hut nehmen, sie haben mit Roger Köppel und Andreas
Glarner aber mehr als adäquaten Ersatz erhalten. Auch von den
anderen «Neuen» ist zu erwarten, dass sie auf Konfrontation und
nicht auf Kompromiss geeicht sind.
Es sind düstere
Perspektiven für die Schweiz, denn gleichzeitig hat die Linke ihre
Vormachtstellung in den städtischen Gebieten zementiert. Dort ist
seit längerem eine zunehmend aggressive Stimmung gegenüber der SVP
erkennbar. Die Aversionen zwischen der städtischen und der
ländlichen Schweiz werden besonders im deutschsprachigen Landesteil
zunehmen. Und damit auch die Entfremdung zwischen den
unterschiedlichen Lebensrealitäten.
Das macht das
Politisieren in den nächsten Jahren zur Herausforderung. Im
Nationalrat werden SVP und FDP fast die Hälfte der 200 Sitze
einnehmen, im Ständerat dagegen dürften die Verhältnisse stabil
bleiben. Grosse Reformen lassen sich damit nur schwer durchbringen.
Klar sind dafür die Verhältnisse im Bundesrat. Der Sitz von Eveline
Widmer-Schlumpf lässt sich mit noch so viel Haarspalterei nicht
länger rechtfertigen. Die SVP muss in die Pflicht genommen werden.
Wo führt das alles
hin? Die Herausforderungen für die Schweiz werden nicht kleiner, im
Gegenteil. Die nächsten Jahre dürften stürmisch werden. Das
betrifft nur schon unser ungeklärtes Verhältnis zur Europäischen
Union, wo eine heftige Auseinandersetzung absehbar ist. Ein
polarisiertes Land mit einem dysfunktionalen Parlament sind dafür
eine denkbar schlechte Voraussetzung.
Vermutlich muss uns das Ausland noch einige Male einen Tritt in die Weichteile geben, wie beim Bankgeheimnis oder zuletzt im FIFA-Skandal. Erst dann lernen wir vielleicht, dass wir uns nicht ins Schneckenhüsli verkriechen und von der bösen Welt abschotten können.
Aber eben nur vielleicht.