Detailhandelsriese Coop verlangt von den Gemüsebauern rückwirkend einen «Bonus» von drei Prozent. Diese sind davon gar nicht begeistert.
«Es sind genau diese kleinen Schritte, die uns in der Existenz bedrohen», meint Peter Herren, Geschäftsführer der Gemüseproduzenten-Vereinigung der Kantone Bern und Freiburg, gegenüber dem Tages-Anzeiger. Bezüglich des neuen «Bonus» von Lieferanten von Gemüse und Früchten habe Herren in den vergangenen Wochen schon einige wütende Bauern am Telefon gehabt, die sich über die Praktik geärgert haben.
Die grossen Detailhändler und Discounter der Schweiz hatten versprochen, den Produzenten trotz der momentanen Tiefpreisstrategie weiterhin die gleichen Abnahmepreise zu vergüten. Doch das Versprechen werde nur teilweise gehalten, meint Herren: «Sie machen Salamitaktik und finden immer wieder andere Kniffe, um die Preise zu drücken.»
Viele alltägliche Kosten wie Miete, Krankenkasse oder Restaurantbesuche gehen in die Höhe, doch bei einigen Lebensmitteln wie Rüebli, Salat oder Gurken sind die Preise deutlich gesunken. Grund dafür ist der seit einigen Jahren herrschende Preiskampf, der sich durch die Tiefstpreis-Strategie der Migros vor einigen Monaten noch verstärkt hat.
Eine Spirale wurde in Gang gesetzt und auch Lidl, Aldi und Denner senkten ihre Preise. Auch Coop will nicht den Kürzeren ziehen und mischt mit seiner Billiglinie Prix Garantie mit. Laut den Detailhändlern finanzieren sie die tieferen Preise über Margeneinbussen. Den neuesten Berichten zufolge erhöhe die Tiefpreisstrategie aber den Druck auf die Produzenten.
Ein Beispiel gibt Coop: Der Konzern versendete Anfang April ein Schreiben an seine Lieferanten von Gemüse und Früchten. Darin forderte er ab Januar 2026 einen «Bonus» von drei Prozent. Genauer stelle dies eine Rückvergütung auf den fakturierten Rechnungswert dar, wonach dem Lieferanten Ende Jahr drei Prozent vom Jahresumsatz abgezogen respektive zurückverlangt wird.
Doch damit hat es sich noch nicht. Produzenten, die an die Coop-Verteilregion Bern liefern, geben jetzt schon einen «Bonus» von einem Prozent. Wie viele Betriebe genau betroffen sind, sagt Coop nicht. Dem «Tages-Anzeiger» liegt jedoch eine Konditionenvereinbarung vor, wo als Empfänger «Coop All» aufgeführt wird. Dies deutet darauf hin, dass viele landwirtschaftliche Produzenten in der ganzen Schweiz betroffen sein dürften.
Für die Produzenten ergibt sich wohl ein finanzieller Schaden von mehreren Millionen Franken pro Jahr. Peter Herren schätzt rund acht Millionen Franken Umsatzverlust für die Schweizer Gemüseproduzenten im Jahr 2026. «Man kann vielleicht sagen, das seien Peanuts, doch unser Geschäft ist sowieso schon engmargig», meint er.
Die betroffenen Produzenten wollen sich aus Angst vor Konsequenzen nicht öffentlich äussern. Da sie ihre Betriebe auf ihre Abnehmer eingerichtet haben, seien sie auf diese angewiesen. Herren meint, die Produzenten müssten die neuen Konditionen wohl oder übel akzeptieren.
Als Stellvertreter für die Betroffenen hat sich nun der Verein Faire Märkte Schweiz eingeschaltet. Er hat faire Preise als Ziel und will den Bauern helfen, die neuen Konditionen von Coop zu bekämpfen. Weil man sich mit Coop nicht einig wurde, wird der Verein am Dienstag eine Anzeige bei der Schweizerischen Wettbewerbskommission (Weko) einreichen wegen Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.
Coop habe die Klauseln einseitig vorgegeben, es handle sich um ein typisches «Take-it-or-leave-it-Szenario», bei dem die Konditionen praktisch vorgegeben werden, heisst es in der Anzeige, die der Zeitung vorliegt. Es sehe so aus, als sei der «Bonus» nicht an eine konkrete betriebswirtschaftliche oder marktverhaltensrelevante Leistung geknüpft, sondern dass «Coop einseitig zur pauschalen Wertabschöpfung diene – ohne dass den meldenden Unternehmen eine nachvollziehbare Kompensation oder ein adäquater Mehrwert geboten wird», heisst es im Text.
Coop erklärt, diese Konditionenvereinbarung sei erforderlich, weil sein neues Bestellsystem die Arbeit der Produzenten erleichtere. So würden die definitiven Bestellungen früher eintreffen, was zu mehr Planungssicherheit führe – das sei effizienter, sagt Sprecher Caspar Frey. Somit brauche es weniger Zwischenlagerungen und das Zeitfenster für die Belieferung der Coop-Verteilzentralen verlängere sich. «Dies ermöglicht es den Produzenten auch, den Warentransport an verkehrsgünstigen Zeiten auszurichten», meint Frey.
Herren ist mit dieser Argumentation unzufrieden: «Das neue System ist nicht besser, sondern schlechter für uns Produzenten.» Da es auf künstlicher Intelligenz aufbaut, sei ein ausgiebigerer Preisvergleich möglich. «Coop kann die Schmerzgrenze noch genauer berechnen, sodass er am Ende tiefere Preise zahlen muss», sagt Herren.
Coop merkt an, sie hätten diese neuen Konditionen unabhängig vom aktuellen Preiskampf gegen die Migros eingeführt. Man sei «kontinuierlich darauf bedacht, Prozesse zu optimieren», um Vorteile bei den Kosten sowohl für die Lieferanten als auch für Coop «im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zu verwirklichen», erklärt Frey. Den Vorwurf, dass schon jahrelang immer ein wenig an der Preisschraube hantiert wurde, weist Coop zurück. Man zahle «faire und marktkonforme Preise», die über die Branchenorganisationen festgelegt werden. Bauern, die bei Bio oder IP Suisse mitmachen, würden entsprechend finanziell profitieren.
Einige Lebensmittelverarbeiter schildern dem «Tages-Anzeiger», dass der Preisdruck nochmals gestiegen sei. Doch auch diese haben vor den Reaktionen ihrer Kunden Angst und möchten nicht zitiert werden. Vor Kurzem erzählte Martin Keller, der abtretende Chef des Landi-Konzerns Fenaco, dass die Luft dünner werde. Die Margen in der Schweizer Lebensmittelindustrie seien stark gesunken. Wenn sich die Spirale fortsetze, würden vor allem kleinere Verarbeiter schliessen müssen. (kek)
Begründung: Diese Konditionsvereinbarung ist erforderlich, weil ich durch das Self-Scanning die Arbeit von Coop erleichtere. Durch das Self-Scanning wird weniger Personal benötigt und weniger Platz für die klassischen Kassensysteme.
Mein KI-Mittelfinger (Messmethode: Anfeuchten und in den Wind halten) hat einen Konditionsabzug von 5% ermittelt.