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Comparis vergleicht teilweise nur Anbieter, die bezahlt haben

Comparis vergleicht teilweise nur Anbieter, die bezahlt haben – das steckt dahinter

Der Vergleichsdienst berücksichtigt bei Kombi-Angeboten für Internet, Festnetz und Handy derzeit nur Unternehmen, mit denen eine Partnerschaft besteht.
06.01.2023, 15:41
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Wer eine neue Krankenkasse, Versicherung oder Wohnung sucht, geht auf comparis.ch – in Erwartung, dort eine unabhängige Übersicht über die Angebote zu bekommen.

Das ist, was die Vergleichsplattform auf seiner Website in einer Neutralitätsgarantie verspricht: «Angebote und Produkte werden unabhängig von einer Zusammenarbeit mit comparis.ch in die Vergleiche aufgenommen.»

Comparis
Gewisse Anbieter tauchen bei der Suche nach Kombiangeboten für Internet- und TV-Abo nicht auf.Bild: watson

Das Versprechen scheint Comparis nun gebrochen zu haben. Wie eine Recherche des «Tages-Anzeigers» zeigt, listet das Portal kombinierte Angebote von Internet, Fernsehen und Festnetztelefonie nicht neutral auf, sondern bevorzugt jene Anbieter, die Provisionen bezahlen. Heisst: Wer nicht zahlt, wird nicht angezeigt.

Der «Tages Anzeiger» warf Comparis vor, damit die eigene Neutralitätsgarantie zu letzten. Das Unternehmen antwortete daraufhin, dass sich diese lediglich auf Angebote beziehe, die «ohne Beratungs- und Betreuungsaufwand» zustande gekommen seien.

Nur noch Provider mit Partnerschaft

Als Beispiel bringt der «Tages Anzeiger» den Internetanbieter Solnet mit Sitz in Solothurn. Dieser wird seit Ende Jahr nicht mehr aufgeführt, obwohl er – verglichen mit anderen Anbietern – zwar klein, aber durchaus kostengünstig sein soll.

Die auf der Comparis-Website publizierte Neutralitätsgarantie.
Die auf der Comparis-Website publizierte Neutralitätsgarantie.

Wie es zu diesem Ausschluss gekommen ist, erklärt der «Tages Anzeiger» anhand einer Mailkorrespondenz, die ihm und der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt.

Comparis soll Solnet im August wegen einer Partnerschaft kontaktiert haben, die Provisionen nach sich gezogen hätten. Solnet wollte sich das überlegen. Die Frist war Februar.

Bereits im Dezember bemerkte Solnet, dass seine Angebote bei Comparis nicht mehr angezeigt wurden. Als Solnet nachfragte, erklärte Comparis die Entwicklung damit, dass sie im Internet/TV-Vergleich nur noch Provider präsentieren wolle, mit denen eine Partnerschaft bestehe.

Zu wenig Ressourcen

In einer ersten Stellungnahme gegenüber dem «Tages Anzeiger», schreibt Comparis, dass der Grund für den Rauswurf von Solnet nicht die Provisionen gewesen seien.

Sondern: Solnet fehle die Kapazitäten, viel neue Kundschaft aufzunehmen. Ihr Angebot sei zwar landesweit, konzentriere sich aber vor allem auf die Region Solothurn sowie auf Geschäftskunden. Comparis hingegen wolle sich an ein möglichst breites Publikum richten.

Als der «Tages Anzeiger» daraufhin die ihm vorliegende Mailkorrespondenz erwähnte, fügte Comparis in einem zweiten Schreiben hinzu: «Wir haben zurzeit entschieden, aus Gründen der Fairness vorderhand nur die zahlenden Provider zu listen.» Wobei sich die Fairness auf die zahlenden Vertragspartner bezieht – und nicht auf die Konsumentinnen und Konsumenten.

Auf Anfrage von der Nachrichtenagentur Keystone-SDA schrieb Comparis später, die Zahl an Aufnahmebegehren von Kleinst- und Regionalanbietern sei stark gestiegen. Die Administration sei mit den vorhandenen Ressourcen derzeit nicht mehr zu stemmen.

Es werde aber an einer Lösung gearbeitet, damit die Anbieter ihre Angebote selber aufschalten könnten. «Das Angebot dürfte in einem Zeitraum von zwei bis vier Monaten stehen.»

Nicht das erste Mal

Ob neben Solnet auch andere Anbieter von Ungleichbehandlung betroffen sind, ist unklar. Comparis räumt gegenüber dem «Tages Anzeiger» ein, dass auch die Vermittlung von Hypotheken, Maklern und Umzugsservices auch auf eine Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen beruht. «Bei diesen Partnerservices erhielten die User ausschliesslich Informationen über unsere Partnerunternehmen.»

Das dürfte Konsumentinnen und Konsumenten verunsichern. Es nicht das erste Mal ist, dass die Bevorzugung von Provisionspartnern bei Comparis besprochen wird. Wie die Zeitung weiter schreibt, hätten Nutzerinnen und Nutzer beim Vergleich von Krankenkassen auch in der Vergangenheit bereits Häkchen setzen müssen, um alle Angebote ungefiltert sehen zu können.

(lyn/sda)

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54 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Atavar
06.01.2023 16:12registriert März 2020
Ich dachte das sei längst allgemein bekannt.
Genauso wie Zeitschriften bei Vergleichstest gerne Inseratekunden bevorzugen.
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wipix
06.01.2023 16:03registriert Oktober 2015
wow! Das sind jetzt aber wirklich keine Neuigkeiten!
Wer bei Comparis für KK Kunden werben will, der bezahlt dafür. Wer gewisse Risiken lieber nicht aufnehmen möchte, bezahlt dafür (Filter)…
Das läuft schon Jahrzehnte so. Bei allen Versicherungen (Auto etc.).

Für KK Vergleiche gibts nur eine saubere Adresse:
https://www.priminfo.admin.ch/de/praemien

Alles andere ist gekauft!
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N. Y. P.
06.01.2023 16:36registriert August 2018
Zuerst der Samichlaus.

Und jetzt Comparis.

Ich bin am Boden zerstört. Meine Welt ist jetzt grau.

Gibt es irgendwo etwas, wo wir uns noch festklammern können? Mir fehlt gerade die Orientierung.
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