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Lex Netflix in der Schweiz: Diese Filme und Serien haben profitiert

120 Millionen Franken der «Lex Netflix»: Diese Schweizer Filme und Serien haben profitiert

21 Firmen müssen neu in Filme und Serien investieren. Einige sind stolz auf ihre Investments, andere wollen jedoch nicht genannt werden – wie etwa die Geldgeber beim Credit-Suisse-Film.
09.08.2025, 16:4809.08.2025, 16:48
Florence Vuichard / ch media

Die Rechnung war einfach: Mehr Gelder sollten mehr Filme generieren. Das jedenfalls versprachen sich die Promotoren des neuen Filmgesetzes, über das im Frühjahr 2022 abgestimmt wurde und das per Anfang 2024 in Kraft getreten ist. Seitdem müssen Fernseh- und Streamingdienste mindestens 4 Prozent ihrer Bruttoumsätze ins Schweizer Filmschaffen investieren.

Tschugger
Staffel 2
Regie: David Constantin und Leandro Russo
Produktion: Shining Film AG
Kamera: Rafael Kistler
Drehbuch: David Constantin, Johannes Bachmann, Mats Frey, Rafael Kistler, Leandro Russo ...
Er hat profitiert: Tschugger aka David Constantin konnte mit dem Streamingdienst von Sky zwei Staffeln drehen.Bild: SRF/Dominic Steinmann

Am Rande des Filmfestivals Locarno zieht das Bundesamt für Kultur (BAK) nun eine erste Bilanz zur sogenannten «Lex Netflix». Und die fällt aus dessen Optik durchaus positiv aus: «Es ist ein neue Finanzierungsquelle für Filme und andere audiovisuelle Formate», sagt der Dossierverantwortliche Erdem Karademir im Gespräch. «Und es kommen neue Akteure ins Spiel, die neue Schweizer Inhalte generieren für ihre hiesige Präsenz.»

Über 70 Unternehmen haben sich pflichtbewusst bis zum vorgegebenen Datum per Ende März 2024 registriert. Das Gros der Unternehmen konnte sich aber von der Investitionspflicht befreien lassen, weil sie etwa weniger als 2,5 Millionen Franken Umsatz mit Filmen generieren oder weil sie pro Jahr weniger als 12 Filme zeigen. Zu befreiten Firmen gehören etwa viele kleine Kabelnetzbetreiber.

Ein Roll UP fuer ein Ja zum Filmgesetz fotografiert waehrend einer Medienkonferenz von des ueberparteilichen Ja-Komitees ueber die Aenderung des Filmgesetzes (Lex Netflix), am Donnerstag, 24. Maerz 20 ...
Umstrittene «Lex Netflix»: Im Mai 2022 wurde das Gesetz von der Stimmbevölkerung angenommen.Bild: keystone

Letztlich gibt es heute 21 investitionspflichtige Firmen, wie es beim BAK heisst. Darunter befinden sich natürlich die grossen, international ausgerichteten US-Streamingdienste wie Netflix, Sky oder Disney+, die dem Gesetz seinen Namen gegeben haben. Investitionspflichtig sind aber auch global tätige IT-Unternehmen mit Sitz in Europa und den USA, die als Nebentätigkeit Filme anbieten, wie Apple oder Google, sowie europäische Fernsehsender wie der französische Privatsender TF1. Aber auch Schweizer Firmen müssen neu in Filme und Serien investieren, darunter auch die Swisscom mit ihrer Blue-Gruppe sowie private Sender und Streamingdienste, wie jene des Medienunternehmens CH Media, das auch dieses Portal herausgibt.

Im 2024 wurde nur die Hälfte ausgegeben

Insgesamt haben diese Unternehmen 2024 gemäss BAK-Angaben einen für die Berechnung der Filmfördergelder «massgebenden Umsatz» von 752 Millionen Franken erwirtschaftet. Daraus ergibt sich laut dem BAK eine «Investitions­pflicht» von 30,1 Millionen Franken für das vergangenen Jahr. Bleiben die Umsätze der besagten 21 Unternehmen mehr oder weniger konstant, resultiert für die Vier-Jahres-Periode ein Geldtopf von rund 120 Millionen Franken.

Von den 30,1 Millionen Franken wurden aber bis anhin nur 15,9 Millionen Franken ausgegeben, wie Karademir präzisiert. Davon flossen 9,3 Millionen Franken in die Filmproduktion, das heisst in die Erstellung von Filmprojekten, aber auch in Koproduktionen oder in den Kauf von Lizenzrechten. Weitere 4,9 Millionen Franken wurden von den Fernsehsendern als «Sachleistungen» bezahlt, namentlich mittels der Bewerbung von Filmen. 1,3 Millionen Franken gingen an Filmfestivals zur «Stärkung der Filmkultur», wie es heisst. Und schliesslich wurden 0,4 Millionen Franken für Urheberrechte an Verwertungsgesellschaften ausbezahlt.

Early Birds
Szene aus dem Film «Early Birds» des Schweizer Regisseurs Michael Steiner, der mit Netflix-Geldern mitfinanziert wurde.Bild: Ascot Elite

Mit den Zusatzgeldern wurden mehrheitlich fiktionale Kinofilme wie etwa «Early Birds» des Schweizer Regisseurs Michael Steiner sowie Serien mitfinanziert, wie etwa mehrere Staffeln von «Tschugger». Hier engagierten sich die grossen US-Streamingdienste Netflix respektive Sky. Aktiv ist auch die Swisscom-Tochter Blue, die bei vier der neun Produktionen auf der vom BAK erstellten Liste beteiligt ist.

9 Produktionen profitierten von der Lex Netflix

  • «Alpha», Spielfilm von Jan-Willem van Ewijk, mit Geldern von der Swisscom-Tochter Blue.
  • «Early Birds», Spielfilm von Michael Steiner, mit Geldern von Netflix.
  • «Landesverräter», Spielfilm von Michael Krummenacher, mit Geldern von der Swisscom-Tochter Blue.
  • «Mutterglück», Spielfilm von Johanna Moder, mit Geldern von der Swisscom-Tochter Blue.
  • «Log-out», Fiktionale Serie von Luc Walpoth und Louis Farge, mit Geldern von TF1.
  • «Winter Palace», fiktionale Serie von Pierre Monnard, mit Geldern von Netflix.
  • «Tschugger», Staffel 3 und 4 der fiktionalen Serie von David Constantin, mit Geldern von Sky.
  • «Yopougon», Dokumentarfilm von Alexis Amitirigala, mit Geldern von der Swisscom-Tochter Blue.
  • «Game Over – Der Fall Credit Suisse», Dokumentarfilm und Serie von Simon Helbling und Arthur Rutishauser, mit unbekanntem Geldgeber.

Bei der Kommunikation ist das BAK auf die investitionspflichtigen Unternehmen angewiesen. Wollen sie nicht genannt werden, dann darf das Bundesamt sie auch nicht nennen. So geschehen im Dokumentarfilm «Game Over» zum Ende der Credit Suisse aus dem Medienkonzern TX Group, der neu ins Filmbusiness eingestiegen ist. Das BAK kennt zwar den Namen, darf ihn aber nicht bekannt geben, wie Karademir auf Anfrage sagt. Wie Recherchen zeigen, ist es aber nicht Netflix, auch wenn das immer wieder behauptet wird.

The logo of the Swiss bank UBS on the former main building of Credit Suisse on Paradeplatz in Zurich, Switzerland, 17 January 2025. The headquarters of Credit Suisse was located at Paradeplatz until i ...
«Game Over»: Wer beim Dokfilm über das Ende der Credit Suisse mitbezahlt hat, bleibt im Dunkeln.Bild: KEYSTONE

Aus dem Jahr 2024 bleiben unter dem Strich noch 14,2 Millionen Franken übrig, welche die investitionspflichtigen Unternehmen nicht ausgegeben haben. Das sei kein Problem, sagt Karademir. Die betroffenen Unternehmen seien weitere Verpflichtungen für Filmprojekte eingegangen, die erst in den Folgejahren fällig würden. «Deshalb arbeiten wir mit Vier-Jahres-Perioden.» Doch: Bis spätestens Ende 2027 müssen die rund 120 Millionen Franken ausgegeben sein, sonst müssen die Unternehmen so genannte «Ersatzabgaben» entrichten.

Oder anders gesagt: Die Gelder, welche welche die Unternehmen eigentlich hätten ausgeben müssen, es aber nicht getan haben, fliessen ab 2028 in den Filmförderungstopf des BAK. Dann entscheidet der Staat, welche Filme mit den privaten Geldern gefördert werden. (aargauerzeitung.ch)

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fondue
09.08.2025 20:41registriert Januar 2015
Das Gesetz ist eine Katastrophe, es ist genau das passiert, was ich gedacht habe. Die Streaminganbieter, verkleinern einfach ihr Angebot, damit sie das Gesetz einhalten. Heisst wir bezahlen nun das selbe für ein weit aus kleineres Angebot. Danke für nichts.

Was dachten sich wohl die Verantwortlichen? Das sich Bernerwood bildet und sie unglaublich viele gute Filme in den Markt spülen. Lol. Nope. Wird niemals passieren.
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Mark Twain in der Schweiz
Bis heute gilt Mark Twain (1835–1910) als der bekannteste Humorist der amerikanischen Literatur. Twain, weit gereist und unternehmungslustig, erkundete auf zwei privaten Reisen die Schweiz und verbrachte einige der glücklichsten und eindrucksvollsten Tage seines Lebens am Vierwaldstättersee und in dessen Umgebung.
Geboren als Samuel Langhorne Clemens im Dorf Florida im US-Bundesstaat Missouri, wuchs Twain in Hannibal am Mississippi auf. Nach einer idyllischen Kindheit am Mississippi, wo er spielend erste Abenteuer erlebte, nahm sein Leben zahlreiche Wendungen: Er arbeitete als Schriftsetzer in einer Druckerei, absolvierte eine Lehre als Dampfschifflotse, diente kurzzeitig im Heer der Konföderierten Staaten von Amerika und versuchte sich in Nevada als Goldgräber. Reichtum fand er dort nicht – aber Geschichten.
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