Mailand, Hamburg, Stuttgart, Paris: Diese Destinationen mit dem Zug anzufahren, wird diesen Sommer beschwerlich bis unmöglich. Der Grund ist überall derselbe: Baustellen. In der Schweiz werden Unterhaltsarbeiten in der Nacht getätigt, um den Taktfahrplan aufrechtzuerhalten. In Nachbarländern wie Deutschland werden dazu Strecken geschlossen. Diesen Sommer sind gleich einige betroffen, in allen Nachbarländern. Für besonderen Aufruhr sorgte allerdings die Unterbrechung Bern-Mailand.
Vom 9. Juni bis 8. September wird in Italien ein Teil der Linie für den Zugverkehr gesperrt. Dass zwischen Bern und Mailand auf der italienischen Seite Sanierungsarbeiten stattfinden werden, wurde letzten August kommuniziert. Während der drei Monate werden auf der Strecke Ersatzbusse verkehren. Diese verfügen aber über geringere Kapazität und die Fahrzeit wird länger dauern, wie die SBB schreiben. Dass die Strecke für den Zugverkehr drei Monate komplett gesperrt werden soll, erfuhr der Tessiner Nationalrat Bruno Storni (SP) erst vor wenigen Tagen. Daraufhin legte er der Verkehrskommission einen Brief an den Bundesrat vor.
Er fordert darin, die Verbindung Bern-Brig-Mailand mit dem Bahnverkehr aufrechtzuerhalten. Diese Möglichkeit gäbe es. «Die Züge könnten via Borgomanero und Novara fahren», schlägt Storni vor. Diese Stecke sei nicht überlastet. Ein paar Verbindungen am Morgen und am Abend einzuführen, sollte möglich sein.
Eine Mehrheit in der Verkehrskommission befand heute, es sei zu spät, so kurzfristig zu handeln. «Peinlich», kommentiert Storni den Entscheid. Als im Gotthard-Basistunnel vergangenen August der Güterzug entgleiste, seien die SBB innert dreier Tage fähig gewesen, den Verkehr umzudisponieren. Die Verantwortung liege zwar nicht bei den SBB. Der betroffene Streckenabschnitt betreibt die Trenitalia. Das Problem sei, dass die SBB die Schliessung der Strecke wohl bereits vor dem Unfall im Gotthard-Basistunnel geplant hätten: «Via Zürich nach Mailand zu fahren, hätte man den Fahrgästen zumuten können», sagt Storni. Das hätte eine Stunde zusätzliche Fahrzeit bedeutet.
Die Fahrt über die Gotthard-Panoramastrecke dauert nun aber fast zwei Stunden länger. Der Tessiner befürchtet, dass dann noch mehr Leute mit dem Auto durch den Gotthard wollen - und die Fahrzeugkolonnen vor dem Gotthard noch länger werden.
Auch der Urner Nationalrat Simon Stadler (Mitte) sympathisiert mit dem internationalen Trend, den Verkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlegen. Doch sei die Schweiz bei internationalen Bahnverbindungen sehr abhängig vom Ausland. Die Bauarbeiten auf der Strecke Bern-Mailand liegen in der Verantwortung von Italien. «Der Handlungsspielraum der Schweiz ist da sehr eingeschränkt», sagt Stadler. Die wegfallende Verbindung kann für seinen Kanton eine Mehrbelastung bedeuten. Staus sind im Kanton Uri allerdings ein altbekanntes Problem. Die Massnahmen, die der Kanton zur Bewirtschaftung der Autobahnausfahrten ergriffen habe, würden langsam Wirkung zeigen.
Eine alternative Route nach Mailand gibt es für die Reisenden aus Lausanne und Genf. Dreimal täglich wird via den Grossen Sankt Bernhard ein Ersatzbus zwischen Genf und Mailand verkehren, mit Halt in Lausanne. Reservieren ist Pflicht, die Platzzahl beschränkt. Wie der Mediensprecher der SBB, Martin Meier, schreibt, wird die Fahrzeit um rund eine Stunde verlängert. Im August sei aufgrund kumulierter Bauarbeiten eine zusätzliche Verlängerung der Reisezeit möglich.
Keinen Ersatz gibt es für jene, die mit der Bahn in den deutschsprachigen Raum reisen wollen. Die Züge von Basel nach Hamburg fallen vom 15. Juli bis 14. Dezember aus. Auch die Strecke Zürich-Stuttgart wird zwischen dem 3. August und dem 6. September nicht durchgehend bedient. Richtung Österreich müssen Reisende eigene Lösungen suchen, wenn vom 10. August bis 9. September die Strecke zwischen Buchs SG und Feldkirch gesperrt ist. Ein Ersatzkonzept steht derzeit noch in Arbeit. (aargauerzeitung.ch/lyn)
Appelle an uns Konsumenten auf die Bahn umzusteigen wirken derzeit wie ein schlechter Witz.
Mühsam wird es im August mit der Sperrung in Rastatt.