Wiener Burgtheater-Chef Bachmann: «Zürich hasst Theater»
Der Intendant des Wiener Burgtheaters, Stefan Bachmann, schätzt seine neue künstlerische Heimat in Österreich sehr – und fällt ein negatives Urteil über das Zürcher Theaterpublikum.
«Zürich hasst Theater», sagte der Schweizer im Gespräch mit dem Verband der Auslandspresse in Wien. Es sei sehr schwierig, dem dort streng protestantisch geprägten Publikum eine Gemütsregung zu entlocken. «Zürich hat im Kern eine harte Kaufmannsseele.»
Auch das Musiktheater habe es in der Stadt der Banken schwer. Die Menschen in Zürich gingen nicht aus Liebe zum Genre in die Oper, sondern aus rein gesellschaftlichen Gründen.
«Wir sind nicht das bessere Parlament»
Ganz im Gegensatz dazu bekomme das Theater in Österreich eine extreme Aufmerksamkeit. «Theater gehört zum Leben dazu», sagte Bachmann zur Lage in Wien. Vor allem die Schauspieler und Schauspielerinnen stünden im Zentrum der Publikumsgunst, weniger wichtig sei die Regie. «Das ist immer wieder interessant auch zu sehen, zu was für emotionalen Regungen das Publikum in der Lage ist.»
Bachmann wehrt sich im Gegensatz zu seinem Vorgänger Martin Kusej gegen eine politische Positionierung des Burgtheaters. So habe er bewusst darauf verzichtet, die Spielsaisonen unter ein Motto zu stellen, sagte der 59-Jährige, der seit 14 Monaten an der Spitze der im deutschsprachigen Raum herausragenden Bühne steht. «Theater sollte keine Politik machen. (...) Wir sind nicht das bessere Parlament, wir sind Künstler.» Es gebe eine Tendenz im Theater, die Welt mit einem schmalen Fokus wahrzunehmen.
Ensemble zeige «Hochleistungssport artistischer Art»
Mit seiner bisherigen Direktionszeit sei er – auch angesichts der deutlich gestiegenen Auslastung – sehr zufrieden. Das hochkarätige Ensemble aus rund 70 Schauspielerinnen und Schauspielern sei eine grosse Freude. Die extrem vielen Vorstellungen sind laut Bachmann eine spezielle Herausforderung. «Wir sind jeden Abend wirklich gefordert, absolute Spitzenqualität zu leisten. Das ist Hochleistungssport artistischer Art.»
Bachmann, in Zürich geboren, hat von 2013 bis 2024 als Intendant das Schauspiel Köln geleitet. Der mehrfach ausgezeichnete Theaterregisseur war auch Schauspieldirektor in Basel. (sda/dpa)
