Der Schweizer Medienkonzern Tamedia kündigte am Dienstag einen massiven Stellenabbau an, weil es «nicht mehr möglich sei, drei Druckerei-Betriebe wirtschaftlich» zu führen. Sukzessive sollen daher Druckereien stillgelegt werden: Das Druckzentrum in Bussigny VD werde voraussichtlich Ende März 2025 geschlossen. Die Druckerei in Zürich Ende 2026. Somit bündle sich der Druck im Zentrum in Bern.
Im Druckbereich gebe es wegen den hohen Überkapazitäten Handlungsbedarf, sagte Ursula Nötzli, Kommunikationschefin der TX Group, am Dienstag im Gespräch mit AWP. Die drei Druckzentren seien heute zwischen 30 und über 50 Prozent ausgelastet.
Tamedia beschäftigt zurzeit 1800 Mitarbeitende in der Deutsch- und Westschweiz. Vom Stellenabbau betroffen seien insgesamt 200 Vollzeitstellen in den Druckereien und 90 Stellen in den Redaktionen.
Die umfassende Restrukturierung ist eine Reaktion auf die Situation der Bezahlmedien im Bereich Tamedia. Sie präsentierte sich erneut wenig erfreulich, wie aus der Mitteilung hervorging. Hier ging die bereinigte Marge weiter zurück und betrug noch 2,6 Prozent.
Die TX Group, zu der Tamedia gehört, hielt aber den Umsatz im ersten Halbjahr und arbeitete profitabler. Die in der breiten Öffentlichkeit vor allem für ihre Medienmarken «20 Minuten» oder «Tages-Anzeiger» sowie für die Marktplätze Jobs, Riccardo oder Homegate bekannte Gruppe weist für die ersten sechs Monate 2024 einen gehaltenen Umsatz von 461,0 Millionen Franken aus.
Zu verdanken sei dies insbesondere dem per April 2023 übernommenen Aussenwerbeunternehmen Clear Channel Schweiz, das erstmals für sechs Monate im Abschluss enthalten ist, wie die TX Group schrieb. Organisch verminderte sich der Umsatz um 6,3 Prozent. Rückläufig waren dabei sowohl die Werbeeinnahmen bei Tamedia und 20 Minuten wie auch das Druckgeschäft. Unter dem Strich blieb der TX Group im Halbjahr ein Gewinn von 24,5 Millionen Franken nach 13,7 Millionen in der Vorjahresperiode.
Der Abbau erfolgt unter Vorbehalt eines Konsultationsverfahrens, wie die TX Group in ihrer Medienmitteilung zum Halbjahresabschluss schrieb. Es würden Sozialpläne angewendet. Dazu gehöre auch die Möglichkeit von Frühpensionierungen.
Tamedia rechnet in Zusammenhang mit dem geplanten Abbau von 290 Vollzeitstellen mit Kosten in Millionenhöhe. Der grösste Teil der einmaligen Restrukturierungskosten von 29,9 Millionen Franken dürfte auf den Sozialplan entfallen.
Das Medienhaus will das digitale Angebot auf vier Marken beschränken: «Tages-Anzeiger», «Berner Zeitung», «Basler Zeitung», und in der Westschweiz auf «24 Heures». «Der Bund» und «Tribune de Genève» würden ihren eigenen digitalen Auftritt behalten, schrieb der Konzern. Titel des Medienhauses mit weniger Reichweite sollen in die vier genannten Marken integriert werden. Alle Tamedia-Titel werde es weiterhin als gedruckte Zeitungen geben. Die #12App sowie der «Verkehrsmonitor» werden laut Mitteilung eingestellt.
Nein, der Verlag hatte bereits im Herbst 2023 einen Stellenabbau angekündigt, mit dem 6 Millionen Franken gespart wurden. So wurden angekündigt, in der Westschweiz 28 Stellen zu streichen und in der Deutschschweiz 20 Stellen.
Der Berufsverband von Medienschaffenden der Schweiz, Impressum, hat mit Empörung auf den von Tamedia angekündigten Stellenabbau reagiert. Die «katastrophalen» Abbaumassnahmen seien masslos und ihre Umsetzung überstürzt, teilte der Berufsverband am Dienstag mit.
Insbesondere störte sich Impressum laut Mitteilung an der Auszahlung von Dividenden von 65 Millionen Franken durch die TX Group, Inhaber der Tamedia. Diese Zahlen stammen demnach vom März 2024, als der Konzern zeitgleich über eine Verdreifachung seines Gewinns informiert hatte. Der Berufsverband forderte, dass Gewinne nicht mehr ausgeschüttet werden sollen, solange Restrukturierungen durchgeführt werden oder drohen. Sie sollten eher in Reserven und in den Journalismus investiert werden, um künftige Marktschwankungen oder Entlassungen auffangen zu können, hiess es weiter.
Impressum sprach weiter von einer «selbstzerstörerischen Unternehmensstrategie» und erwähnte dabei die 80 Entlassungen aus dem Jahr 2023. Auf dem Kurznachrichtendienst X schrieb der Verband:
Deutliche Worte fand auch die Gewerkschaft Syndicom, welche die Tamedia in einer Stellungnahme aufforderte, die Unternehmensstrategie zu korrigieren. In den letzten 15 Jahren hätten Aktionärinnen und Aktionäre der TX Group, Inhaberin der Tamedia, bei einem Gewinn von 2,2 Milliarden Franken mehr als 670 Millionen Franken an Dividenden abgeschöpft, zeitgleich habe Tamedia hunderte von Mitarbeitenden entlassen, wird Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin und Leiterin Sektor Medien bei Syndicom in der Mitteilung zitiert.
Die TX Group bleibe höchst rentabel, so Vonarburg, die «Abbaupolitik ohne Rücksicht auf Mitarbeitende» müsse ein Ende haben. Syndicom kündigte des Weiteren an, sich zusammen mit den Personalkommissionen für den Erhalt der Stellen, die Verbesserung des Sozialplans und die Arbeitsbedingungen einzusetzen.
Der Verlegerverband Schweizer Medien reagierte mit der Forderung nach einem Ausbau der indirekten Presseförderung auf die Abbaupläne. Er fordert vom Nationalrat, in der Herbstsession die bestehende Presseförderung auf 45 Millionen Franken auszubauen. (sda/cst/kma)
Wirtschaft ist wirklich nicht mein Ding, aber das klingt doch nach einem vernünftigen Gewinn?