Die SRG betreibt eine Lobbying-Gruppe namens «Trafögl» und nimmt damit den Kampf gegen die «No Billag»-Initiative auf. Das berichtete die «Schweiz am Wochenende» aufgrund eines 15 Seiten umfassenden Papiers, das der Zeitung und auch watson vorliegt. Zitiert wird im Artikel auch FDP-Nationalrat und Direktor des Gewerbeverbands Hans-Ulrich Bigler: «Es fragt sich, wie sichergestellt wird, dass die Gebührenzahler nicht Lobbying-Aktivitäten berappen.»
Nun ist das gebührenfinanzierte Lobbying wieder Hauptthema bei den SRG-Gegnern. «No Billag»-Initiant Olivier Kessler sagte am darauffolgenden Montag in einem Interview mit kleinreport.ch, es sei inakzeptabel, dass die SRG mit unseren Billag-Gebühren Lobbying und Abstimmungskampf betreibe. Die Weltwoche legt in ihrer neuesten Ausgabe am Donnerstag nach und schreibt, es wäre skandalös, wenn Gebührengelder für einen Abstimmungskampf zweckentfremdet würden.
Nur einer geht in der SRG-Lobby-Offensive vergessen: Der Steuerzahler... https://t.co/yykjUCKcXH
— Natalie Rickli (@NatalieRickli) 25. März 2017
Tatsächlich ist der Vorwurf nicht neu: Bereits bei der «Pro Service Public»-Initiative warf SVP-Nationalrat Gregor Rutz im Blick der SRG vor, Lobbying auf Kosten der Gebührenzahler zu betreiben. Doch wird die Kampagne der SRG auch wirklich mit Gebührengeldern finanziert?
«Es ist nicht klar, ob das Geld tatsächlich aus dem Gebührentopf stammt oder aus den Werbeeinnahmen», sagt Linards Udris vom Forschungsinstitut für Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich. Im SRG-Papier zur Kampagne gegen die «No Billag»-Initiative steht sogar ausdrücklich «Finanzierung ohne Gelder aus den Gebühreneinnahmen.»
In diesem Fall ist ein Abstimmungskampf von Seiten der SRG gegen die «No Billag»-Initiative zulässig. «Gemeinden dürfen in den Abstimmungskampf eingreifen, wenn sie selbst direkt vom Ausgang betroffen sind. Ich sehe nicht, warum das bei der SRG anders sein soll», sagt Medienrechtsexperte Urs Saxer.
Auch Medienrechtler und Rechtsanwalt Martin Steiger sieht darin kein Problem: «Ich gehe davon aus, dass die SRG einen solchen Abstimmungskampf führen darf.» Da die SRG privatrechtlich organisiert sei, verstosse die Gründung und Finanzierung der «Trafögl»-Gruppe nicht gegen geltendes Recht. Auch dann grundsätzlich nicht, wenn dieses Geld aus der Mediensteuer stammt und im Rahmen des Leistungsauftrages verwendet wird.
Denn die SRG darf zwar keine Werbung zu Themen schalten, die Gegenstand von Volksabstimmungen sind, doch sie darf um ihren Erhalt kämpfen. Befürchtet sie also, dass sie durch die «No Billag»-Initiative als Unternehmen gefährdet ist, darf sie gegen die Initiative lobbyieren, auch mit Gebührengeldern. So steht es im RTVG:
Saxer weist aber darauf hin, dass dieser Absatz nicht explizit für diesen Fall erstellt wurde: «Der Artikel dient der Organisation des finanziellen Haushaltes in der SRG selbst.»
Die 515'000 Franken, die laut dem Bericht der «Schweiz am Wochenende» für die Lobbying-Aktivitäten des Dossiers «Brenn- und Treffpunkt Service Public» veranschlagt sind, könnten aber locker mit den Werbeeinnahmen gedeckt werden.
Diese belaufen sich auf fast 250 Millionen Schweizer Franken. Grundsätzlich steht dieses Geld nicht unter den Einschränkungen des Leistungsauftrags oder des RTVGs. «Im RTVG gibt es also keinen Passus, der es der SRG verbieten würde, gegen die No Billag-Initiative zu kämpfen», sagt Udris. Der Verein sei sogar gesetzlich verpflichtet, die Debatte zu führen.
Weiter müsse die SRG die Höhe der Kosten für Lobbying-Tätigkeiten im Geschäftsbericht klar ausweisen. Was sie auch seit Jahren tut. «Damit unterscheidet sie sich von Kampagnen-Akteuren, bei denen niemand überprüfen kann, wie viel Geld sie tatsächlich ausgeben und von wem das Geld stammt», sagt Udris.
Anderer Meinung ist Andreas Kleeb, Medienverantwortlicher der «No Billag»-Initiative: «Die SRG konnte bis heute nicht transparent machen, welche Teile ihrer Ausgaben durch Gebührengeldern und welche durch Werbeeinnahmen gedeckt werden.» Daher gehe man davon aus, dass für die Kampagne auch Gebührengelder verwendet werden. «Das ist eine Schweinerei», sagt Kleeb.