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Studie: «Winterthurer Zeitung» steht nach Blocher-Kauf SVP näher

Was (aus Sicht der Kritiker) passiert, wenn Blocher eine Zeitung kauft – eine Studie

22.01.2019, 08:0022.01.2019, 08:15
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Das regionale Wochenblatt «Winterthurer Zeitung» hat nach der Übernahme durch Christoph Blocher einer Studie zufolge seine inhaltliche Ausrichtung stark geändert. Die Gratis-Zeitung berichtet demnach häufiger über Politik und viel mehr über die SVP als vorher.

Zu diesem Schluss kommt eine am Dienstag veröffentlichte Auswertung des der Übernahme kritisch gegenüberstehenden Vereins für Medienvielfalt rund um den emeritierten Zürcher Medienprofessor Heinz Bonfadelli.

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Ist auch Verleger: Christoph Blocher.Bild: KEYSTONE

Der Lokaltitel sei entgegen den Beteuerungen der Zeitungsverantwortlichen durch den Eigentümerwechsel im August 2017 zu einer SVP-Zeitung geworden. Bonfadelli geht davon aus, dass sich auch die weiteren von SVP-Übervater Blocher erworbenen Pressetitel in diese Richtung entwickelt haben.

Konkret analysiert wurden 93 Ausgaben der «Winterthurer Zeitung» von März 2017 bis Dezember 2018. Die Zeitspanne umfasst ein halbes Jahr vor der Übernahme des Titels und sechzehn Monate danach.

Demnach wurde die Zeitung in ihrem redaktionellen Teil deutlich politischer: Von März bis August 2017 waren rund 92 Prozent der Artikel unpolitisch oder politisch neutral gewesen. Zwischen September 2017 und Ende 2018 waren es nur noch 47 Prozent der Beiträge.

Die SVP konnte im Verlauf eine starke Präsenz in der Zeitung aufbauen. Wurde die Partei im halben Jahr vor der Zeitungsübernahme lediglich in vier Prozent der Artikel erwähnt, lag dieser Anteil danach bei 30 Prozent, wobei die SVP kurz vor den Stadt- und Gemeinderatswahlen in Winterthur vom 8. März 2018 mit 62 Prozent Anteil den Spitzenwert erreichte. Ende 2018 lag der Anteil der SVP bei 56 Prozent.

Heinz Bonfadelli, Institut fuer Publizistikwissenschaft und Medienforschung an der Uni Zuerich spricht am Freitag, 3. Maerz 2000 in Bern zum Thema "Wie kuemmern sich die Medien um schweizerische  ...
Medienprofessor Heinz Bonfadelli (Archivbild)Bild: KEYSTONE

Eine von über 30 Blocher-Lokaltiteln

Bonfadelli schreibt, dass das Bild zusätzlich verstärkt werde, wenn die Präsenz der bürgerlichen «Allianz für Winterthur» gesamthaft betrachtet und auch die durch den Hauseigentümer-Verband (HEV) und die KMU-Vereinigung dominierten politischen Beiträge mit einbezogen würden. Nach der Übernahme waren demnach SVP, FDP, CVP und HEV/KMU in 50 Prozent der Beiträge präsent, während die Parteien von Mitte bis Links (EVP, Grüne, SP und AL) lediglich auf elf Prozent kamen. Die GLP war in rund drei Prozent der Beiträge präsent.

Die «Winterthurer Zeitung» erscheint in der sechstgrössten Stadt der Schweiz mit einer Auflage von rund 66'000 Exemplaren. Laut eigenen Angaben hat sie ein «klares redaktionelles Profil».

Das Blatt gehört zum Lokalanzeiger-Verlag Zeitungshaus der Blocher-Beteiligungsfirma Robinvest. Zeitungshaus respektive deren Tochter Swiss Regiomedia gibt 31 Lokalzeitungen in der Ost- und Zentralschweiz sowie in den Kantonen Aargau, Bern, Solothurn und Zürich heraus.

Vor dem Kauf durch Blocher gehörte die «Winterthurer Zeitung» zum Wochenzeitungsverlag der Ostschweizer Verleger-Familie Zehnder. Anfang Jahr übernahm das Blatt den im Werbemarkt konkurrenzierenden «Winterthurer Stadtanzeiger». (sda)

Christoph Blochers Frust

Video: watson/teleblocher
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41 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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En Espresso bitte
22.01.2019 09:13registriert Januar 2019
Wäre ich Eigentümer einer Zeitung, hätte sie politisch doch eher meine Perspektive einzunehmen.

Und genau deshalb ist unabhängiger Journalismus wortwörtlich unbezahlbar. Forza Republik!
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Sergej Fährlich
22.01.2019 08:20registriert März 2017
"Der Lokaltitel sei entgegen den Beteuerungen der Zeitungsverantwortlichen durch den Eigentümerwechsel im August 2017 zu einer SVP-Zeitung geworden."

Damit hat jetzt echt niemand gerechnet. 😱🤦🏻‍♂️
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DieFeuerlilie
22.01.2019 09:02registriert März 2017
Ach, wirklich?
Blocher hat nicht die Wahrheit gesagt?
Wie überraschend..

Von wegen “die politische Berichterstattung hat hier (in Gratiszeitungen) nur einen kleinen Stellenwert.“
Oder “Es kann nicht genügend betont werden, dass diese Redaktionen unabhängig sind.“

Ganz ehrlich?
Mich hätte viel mehr überrascht, wenn er sich an sein Wort gehalten hätte.

Tja.. der Volksdemagoge hat gesprochen.
Und macht anschliessend das Gegenteil.

Nicht wirklich überraschend, wie gesagt.
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