Schweiz
Migration

Schlepper in Nidwalden: Die wichtigsten 7 Fragen und Antworten

Auch in der Schweiz kommt es immer wieder zu Schlepper-Fällen. (Symbolbild)
Auch in der Schweiz kommt es immer wieder zu Schlepper-Fällen. (Symbolbild)bild: shutterstock

Polizei entdeckt 23 Flüchtlinge in Transporter – das ist nur die Spitze des Eisbergs

Am Montag wurden in Nidwalden 23 Flüchtlinge aus einem massiv überfüllten Lieferwagen befreit. Der mutmassliche Schlepper befindet sich in Untersuchungshaft. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Menschenschmuggel-Szene in der Schweiz.
06.09.2022, 18:3706.09.2022, 19:36
Mehr «Schweiz»

Es sind Horrorszenarien, die niemand erleben will. Flüchtlinge, die ihr Leben einem Schlepper anvertrauen, riskieren alles, um zu ihrem Zielort zu kommen – meist unter prekären Verhältnissen. Der neuste Vorfall in Nidwalden hat viele schockiert, doch es ist längst kein Einzelfall.

Was ist in Nidwalden passiert?

Die Kantonspolizei stoppte am Montagmorgen einen mutmasslichen Schlepper, der mit seinem Lieferwagen 23 Flüchtlinge in die Schweiz schmuggelte. Der Schlepper wurde festgenommen, er ist nicht geständig.

Wie geht es den Flüchtlingen?

Während Stunden mussten die 23 Menschen auf engsten Verhältnissen stehend im Lieferwagen ausharren. «Der gesundheitliche Zustand der Personen ist zum Glück stabil», sagt Senad Sakic-Fanger, Chef der Kriminalpolizei Nidwalden. Der Transport sei jedoch menschenunwürdig und habe sicherlich eine psychische und physische Belastung mit sich gebracht. «Nach der Befreiung durch die Polizei waren die 23 Personen erleichtert, aber natürlich auch etwas verängstigt.»

HANDOUT - Im Rahmen einer Schwerverkehrskontrolle auf der Autobahn A2 in Buochs hat die Kantonspolizei Nidwalden in 236 Fl�chtlinge aus einem Lieferwagen befreit. Ein mutmasslicher Schlepper wurde fes ...
Menschenschmuggel: In diesem Fahrzeug wurden am Montagmorgen 23 Flüchtlinge entdeckt.Bild: keystone

Wohin wollte der Schlepper mit dem Lieferwagen?

Laut dem Chef der Kriminalpolizei Nidwalden ist der Lieferwagen in Italien mit den 23 Flüchtlingen gestartet. «Das Ziel war, nach Basel zu fahren. Dort hätte ein neuer Schlepper übernehmen sollen, um die Menschen nach Frankreich und weiter bis nach Deutschland und Grossbritannien zu schmuggeln», sagt Sakic-Fanger.

Was passiert jetzt mit den Flüchtlingen?

Diese wurden in einer Flüchtlingsunterkunft in Stansstad untergebracht. Die Personen werden bei einer Asylgesuchstellung dem nächsten Bundesasylzentrum zugeführt. Falls kein Asylgesuch gestellt wird, werden die Personen je nach Situation an die zuständigen Behörden übergeben oder aus der Schweiz weggewiesen.

Welche Strafen drohen für Menschenschmuggel?

Schleppertätigkeiten können Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren nach sich ziehen. Das Strafmass kommt auf den Tatbestand an. Wer Menschen schmuggelt, macht sich oft aus mehreren Gründen strafbar. Verboten ist auch, Menschen auf Ladeflächen zu transportieren. Oder wenn die Flüchtlinge aussteigen wollen und selber keine Tür öffnen können, macht sich der Schlepper der Freiheitsentziehung strafbar. Gibt es einen Unfall oder leiden die Flüchtlinge gesundheitlich unter der Fahrt, ist auch der Tatbestand der fahrlässigen oder vorsätzlichen Körperverletzung gegeben. Ebenfalls strafbar ist, wenn Flüchtlinge gedrängt werden, in einem gefährlichen Transportmittel mitzufahren. Dies erfüllt den Tatbestand der Nötigung.

Ist die Schweiz ein beliebtes Land für Menschenschmuggel?

Neben den kantonalen Polizeistellen ist vor allem das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) fast täglich mit Schlepperfällen konfrontiert. Meist handelt es sich jedoch um Fälle, bei denen bloss einige wenige Personen mit einem Schlepper unterwegs sind. Aufgrund der geografischen Lage ist die Durchreise durch die Schweiz eine der kürzesten Verbindungen von Süden nach Norden und daher für Schlepper interessant.

Die Kantonspolizei Nidwalden hat am 5. September 2022 in Hergiswil 23 Flüchtlinge aus einem überfüllten Lieferwagen befreit. Ein mutmasslicher Schlepper konnte festgenommen werden.
In diesem kleinen Laderaum harrten die 23 Menschen mehrere Stunden lang stehend und ohne Pause aus, bis das Fahrzeug von der Kantonspolizei kontrolliert wurde. Bild: kapo Nidwalden

Wie viele Schlepper-Fälle gibt es jährlich in der Schweiz?

Die jährlichen Verdachtsfälle für Schleppertätigkeiten nehmen seit der Coronapandemie wieder zu. Letztes Jahr wurde mit knapp 480 mutmasslichen Schleppern ein neuer Rekord gebrochen. Sogar die Flüchtlingswelle von 2015 ergab mit 464 Verdachtsfällen weniger. Die Dunkelziffer dürfte aber massiv höher sein, schätzten Experten.

Soll die Schweiz Schlepper noch härter bestrafen?
An dieser Umfrage haben insgesamt 1935 Personen teilgenommen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Anni Lanz – die älteste Schlepperin der Schweiz
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
32 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
RayS
07.09.2022 05:12registriert März 2017
“Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Menschenschmuggel-Szene in der Schweiz” also das liefert der Artikel also nun wirklich nicht ;) der Inhalt fällt einiges flacher aus als in der Einleitung angepriesen. Das ist bei Euch häufiger der Fall, schade eigentlich.
503
Melden
Zum Kommentar
32
Bundesrat könnte den Schweizer Goldhandel für Trump-Deal opfern – die Sonntagsnews
Das Telefonat von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter mit US-Präsident Donald Trump, Gold als möglicher Verhandlungshebel und die Rolle der Wirtschaftsverbände bei der Ukraine-Hilfe: Das und mehr findet sich in den Sonntagszeitungen.
Wird der Goldhandel bei Verhandlungen mit den USA in die Waagschale geworfen? Dem Vernehmen nach ist man gemäss der «SonntagsZeitung» in Bern bereit, das Goldschmelzen zu opfern, wenn es dadurch einfacher wird, mit den USA zu einem Deal zu kommen. Der Goldhandel sei für einen grossen Teil des Handelsbilanz-Defizits verantwortlich, bringe der Schweiz aber eigentlich nicht viel, schrieb die Zeitung. Hierzulande werde Gold nur umgegossen, damit es in das Unzen-basierte Gewichtssystem der USA passe. Der Goldhandel mit den USA breche derzeit alle Rekorde. Grund seien gerade die US-Importzölle. Grossinverstoren würden sich vor Einfuhrzöllen und fürchten und das Edelmetall deshalb ins Land holen, schrieb die «Sonntagszeitung». Auch blick.ch erwähnte Gold als möglichen Verhandlungshebel.
Zur Story