Schweizer Paar erlebt Booking-Schock: «Unsere Unterkunft existierte gar nicht»
Eigentlich hatten sie sich auf eine erholsame Zeit in Kanada gefreut. Doch die Ferien begannen mit einer riesigen Enttäuschung: Hans Peter und Nora Putzi aus Chur wollten Ende August ihre Tochter in Quebec besuchen, die dort ein Auslandssemester macht. Drei Nächte hatte das Paar über Booking.com in einem Apartment in der Stadt gebucht, 507 kanadische Dollar kostete die Unterkunft.
Doch als sie am Abend des 30. August mit ihren Koffern vor der angegebenen Adresse standen, gab es keine Booking-Unterkunft – nur einen Wohnblock mit privaten Wohnungen.
Im Inserat war von einer 24-Stunden-Rezeption die Rede, doch an der Tür hing kein Schild, keine Klingel. «Ein Mann sagte uns, er habe von dieser Wohnung noch nie gehört», sagt Hans Peter Putzi zu watson.
Auch der Anbieter war weder telefonisch noch per Booking-Chat erreichbar. Das Ehepaar suchte stundenlang nach einer Lösung und landete schliesslich in einem anderen nahegelegenen Hotel. Kostenpunkt: fast 1000 Dollar zusätzlich.
Booking entschuldigt sich
Noch am selben Abend meldeten sich die Putzis beim Kundendienst von Booking.com. Die Antwort liess auf sich warten. Statt einer Klärung folgten automatisierte Nachrichten. Hans Peter Putzi musste mehrmals rückfragen. In einer E-Mail am 11. September hiess es gar, das Paar werde am 30. August in der gebuchten Unterkunft erwartet, obwohl sie längst wieder zu Hause in der Schweiz waren.
«Wo immer der Kundendienst dieser Plattform ist – für die Kunden ist er zuletzt da», sagt Putzi rückblickend. Wochenlang geschah nichts. Erst Mitte September kam eine Entschuldigung, verbunden mit dem Hinweis, man prüfe den Fall. Das Inserat der Unterkunft blieb zu diesem Zeitpunkt weiterhin aufgeschaltet, allerdings neu mit der kuriosen Zusatzangabe, die Wohnung liege «am Strand und an der Skipiste».
Nach watson-Anfrage teilt Booking.com mit, dass sie die Unterkunft von der Plattform entfernen und die Rückerstattung einleiten werden. Zudem habe man den Kunden angeboten, auch die Mehrkosten der Ersatzunterkunft zu übernehmen.
«Wir bedauern die Erfahrungen, die die Kunden in diesem Fall gemacht haben, und möchten uns für die Verzögerung bei der Bearbeitung des Falls entschuldigen.» Die Plattform verweist zudem auf ihre Sicherheitsmassnahmen. Man arbeite mit KI-Analysen, Big-Data-Modellen und manuellen Prüfungen, um betrügerische Inserate frühzeitig zu erkennen. Meistens gelinge dies. «Probleme mit Unterkünften treten äusserst selten auf», heisst es weiter. Die fragwürdige Unterkunft ist mittlerweile nicht mehr auffindbar.
Im Ausland machtlos
Allein sind die Putzis mit ihrer Erfahrung nicht. Im Frühling berichtete 20 Minuten über eine Gruppe junger Luzerner, die auf Ibiza durch ein Fake-Inserat 7000 Franken verloren. Bereits 2023 zeigte SRF, wie ein Berner Ehepaar monatelang auf eine Rückzahlung wartete, nachdem Booking eine Buchung ohne Information storniert hatte.
Auch der Konsumentenschutz erhält regelmässig Beschwerden wegen Buchungsplattformen. «Wir bekommen wöchentlich mindestens eine Meldung zu Problemen mit Booking oder ähnlichen Portalen, in der Feriensaison auch deutlich mehr», schreibt die Stiftung für Konsumentenschutz auf Anfrage.
Die Stiftung bestätigt, dass Reisende im Konfliktfall oft machtlos seien. «Leider sind Konsumenten hier weitgehend den Entscheiden der Unterkünfte oder der Vermittlungsplattformen ausgeliefert. Greifen weder Versicherung noch Kreditkartenrückbuchung, wird es schwierig. Insbesondere bei Unterkünften im Ausland.» Ein Gerichtsverfahren im Ausland lohne sich laut der Stiftung in den meisten Fällen nicht.
Für Streitfälle innerhalb der Schweiz existiere zwar der Ombudsmann der Reisebranche, doch bei ausländischen Buchungen sei dieser nicht zuständig.
Hoffen auf schnelle Rückzahlung
Für Hans Peter Putzi ist der Ärger damit nicht vergessen, obwohl das Geld für die Fake-Unterkunft mittlerweile rückerstattet wurde. Die Differenz zum Ausweichhotel stehe noch aus. «Vertrauen habe ich keines mehr in die Plattform», sagt er. «Ich werde nicht mehr über Booking buchen, wenn ich es vermeiden kann.»
Dass sich erst nach der Medienanfrage etwas bewegte, empfindet er als bezeichnend: «Erst wenn sich die Medien einschalten, läuft etwas.» Über Jahre habe er sonst mit Booking gute Erfahrungen gemacht.
Trotz allem blickt das Paar heute versöhnlich zurück. «An dem Abend war ich unglaublich genervt», sagt Putzi. «Aber am nächsten Tag habe ich beschlossen, das hinter mir zu lassen und den Rest der Reise zu geniessen.» Zehn Tage blieben sie insgesamt in Kanada. «Die Reise war am Ende trotzdem schön», sagt Putzi. «Aber der Start war ein Schock, den ich nicht vergessen werde.»