Trump überzieht die Weltkarte mit Strafzöllen – und die Schweiz trifft es besonders hart: Für Exporte in die USA sollen Schweizer Produkte künftig 31 Prozent teurer werden.
Eine Zahl, die im Bundeshaus für Nervosität sorgt – aber noch keine klare Linie auslöst. Während die EU über Gegenmassnahmen diskutiert und China bereits handelt, setzt der Bundesrat auf Gesprächsbereitschaft. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter sagte am Donnerstag vor den Medien: «Plan A ist, dass es gar keine Zölle mehr gibt – deshalb suchen wir jetzt das Gespräch.»
Wie viel davon Strategie ist – und wie viel nur Hoffnung, darüber stritten sich in der SRF-«Arena» folgende Gäste:
Die Sendung lief erst wenige Minuten, als SP-Nationalrat Jon Pult das tut, was an diesem Abend sonst niemand wagt: den Elefanten im Raum benennen. Auch wenn er es ein bisschen überdreht machte, indem er Trump innert einer Minute als Mafiaboss, Diktator, König und Faschist betitelte. Der Bündner war in Fahrt: «Trumps Zollpolitik ist nicht klassische Wirtschaftspolitik. Das ist imperialistische Grossmachtpolitik mit faschistischen Zügen. Er will die Weltordnung zertrümmern.»
Trump nutze wirtschaftlichen Druck wie ein Mafiaboss: zuerst zuschlagen, dann Verhandlungen anbieten. «Das hat mit Mussolini angefangen – und das sehen wir jetzt wieder – in China, Russland und den USA.»
Für Mitte-Ständerätin Marianne Binder war diese Ausführung jedoch etwas übertrieben. Sie fand, man solle mit dem Begriff Faschismus vorsichtig umgehen. «Die aktuelle US-Politik hat autoritäre und ruinöse Züge – aber man darf Geschichte nicht leichtfertig vermischen», mahnte die Politikerin.
Je weiter rechts der Mitte, desto weniger hat man für Pults Ausführungen übrig. FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt etwa findet, mit «Beschimpfungen kommen wir nicht weiter». Obwohl auch er die US-Administration kritisiere, müsse man mit ihr gemeinsam eine Lösung finden. Das sei der einzig gangbare Weg.
Noch entspannter sieht SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi der Zukunft entgegen: «Donald Trump ist nicht gleich wie Putin oder Xi. Er muss sich wieder den Wahlen in seinem Land stellen. Darum wäre es falsch, jetzt zu übertreiben.» Aeschi ist überzeugt, dass die Strafzölle bis Ende Jahr wieder «weg» seien, da Trump bis zu den Midterm-Wahlen im Herbst 2026 den US-Konsumenten «etwas geben» müsse. Bis dahin: «Die Welt geht nicht unter mit 31 Prozent Strafzöllen in den nächsten Wochen.»
Doch nicht nur Trumps Absichten werden unterschiedlich gelesen – auch über den richtigen Umgang mit dem Zollschock gehen die Meinungen weit auseinander.
Für Andri Silberschmidt ist klar: «Als kleines Land sind wir darauf angewiesen, weltweit unsere Produkte verkaufen zu können.» Die aktuelle Situation zeige, wie wichtig es sei, stabile Beziehungen zu allen Handelspartnern zu pflegen. Entscheidend sei nun: ruhig bleiben, nicht abschotten und Gespräche führen. Gegenmassnahmen prüfen wie die EU möchte er aber nicht.
Rückendeckung erhält er von Marianne Binder. Hektische Reaktionen oder gar eine Kündigung bestehender Verträge mit den USA – etwa im Zusammenhang mit dem F-35-Kampfjet-Deal – seien das Falsche. «Das Dümmste wäre, wenn wir jetzt sagen, ‹wir kaufen die Flieger nicht› – dann haben wir 50 Prozent Zölle.» Vielmehr müsse man nun in den «Markt vor der Haustüre investieren» – also das Rahmenabkommen mit der EU abschliessen.
Bei Thomas Aeschi lösen diese EU-Pläne sofort Alarm aus. Er spricht vom «Unterwerfungsvertrag» und betont: «Wir handeln auch ohne Abkommen. Und dass ohne die Bilateralen alles zusammenbricht, stimmt nicht.» Stattdessen fordert er Freihandelsverträge mit Ländern wie Indien oder Malaysia.
«Aeschis EU-Bashing», wie es Silberschmidt bezeichnet, sei typisch SVP. «Wir können uns nicht einfach irgendwohin exportieren – wir müssen mit unseren Nachbarn zusammenarbeiten», sagt der FDP-Nationalrat.
Jon Pult will noch einen Schritt weiter. Für ihn ist nicht der Handel das Problem – sondern die Illusion, man könne sich aus der Weltpolitik raushalten. Besonders ärgert ihn die Aussage von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter, die Schweiz müsse «zwischen den Blöcken navigieren». «Das funktioniert in dieser Weltunordnung nicht mehr. In Wirtschaft und Sicherheit kommt man nur voran, wenn man Teil eines Blocks ist – und der Einzige, der zu unseren Werten passt, ist die EU.»
Andri Silberschmidt verteidigt Keller-Sutters Kurs und malt das Bild einer Schweiz, die kein festgesetzter Tanker, sondern ein Schnellboot sei und innenpolitisch viel verändern müsse. «Wir müssen beweglich bleiben, Verträge mit verschiedenen Ländern schliessen und gleichzeitig eine stabile Beziehung zur EU pflegen.» Mit den USA sei ein Freihandelsabkommen etwa eine Perspektive.
Doch Pult nennt das «einen Wunschtraum». Ein Freihandelsabkommen werde es mit Trump nicht geben – denn der wolle vor allem eins: «den amerikanischen Agrarsektor dereguliert in die Welt hinaustragen – inklusive Genhühner». Die Schweiz müsse ihre Landwirtschaft verteidigen. In diesem einen Punkt stimmt ihm auch Thomas Aeschi zu: «Wir wollen keine Chlorhühner aus den USA.»
Am Ende war die «Arena» keine Debatte über Zahlen – sondern ein Charaktertest. Und es könnte sein, dass dieser am Ende mehr über die Schweiz verrät als über Trump.
Und Export nach Indien und Malaysia? Organisieren wir dann auch unsere Verteidigung mit Indien und Malaysia? Mittels Luftbrücke? Oder machen wir es wie die Amis, die den Tag im Senat zum Jahr erklären und erklären die Schweiz einfach zum Nachbarland von Malaysia?
Ich könnte verzweifeln ob der schweizer Politik.