Für Fans der Nachtzüge gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Die SBB sind weit fortgeschritten in Gesprächen um neue Verbindungen von Zürich nach Rom und Barcelona.
Bereits nächstes oder übernächstes Jahr könnten die ersten Züge fahren, sagte SBB-Chef Vincent Ducrot am Samstag dem SRF – «plus, minus ein Jahr». Die italienische Bahn habe Rollmaterial beschafft, das genutzt werden könne. Für die Strecke nach Barcelona seien die SBB in Gesprächen etwa mit der französischen Bahn.
Die schlechte Nachricht: Ohne Subventionen geht der Plan nicht auf. Genau diese werden nun infrage gestellt. Die Expertengruppe, die im Auftrag des Bundes nach Sparmöglichkeiten suchte, stellt die vorgesehene finanzielle Förderung infrage – und damit auch Bestimmungen des revidierten CO2-Gesetzes, das am 1. Januar 2025 in Kraft tritt.
Maximal 30 Millionen Franken pro Jahr können für die Förderung internationaler Züge eingesetzt werden, insbesondere für Nachtzüge, heisst es im Gesetz. Finanziert werden soll die Massnahme mit Erlösen aus der Versteigerung von Emissionsrechten der Luftfahrt. Allerdings ist die Nachtzug-Passage im Gesetz als Kann-Bestimmung formuliert, der Bund muss die Massnahme also nicht zwingend umsetzen.
Die Expertengruppe befürchtet, dass die Anschubfinanzierung zur Dauersubvention wird und bezweifelt, dass sie einen relevanten Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leistet. So steht es im Anfang Monat veröffentlichten Bericht. Für SBB-Chef Ducrot aber ist klar: Sollten die versprochenen Subventionen wegfallen, wird es die neuen Nachtzüge nicht geben. Sie seien ein Verlustgeschäft, das die SBB nicht aus eigener Kraft decken könnten.
Die bestehenden Nachtzüge aus und in die Schweiz sind gut gebucht. Mit täglichen Verbindungen von Zürich etwa nach Berlin, Hamburg, Wien, Graz, Amsterdam, Budapest, Zagreb und Prag ist das Angebot gross. Die Verbindungen werden von den SBB in Zusammenarbeit mit Partnerbahnen betrieben. Bei den Nachtzügen der Marke «Nightjet» ist die österreichische Bahn ÖBB hauptsächlich verantwortlich.
Doch die Nachtzüge sind ein Nischenprodukt – und ökonomisch ein schwieriges Unterfangen. Selbst bei der Vorreiterin ÖBB sind sie nur knapp profitabel, und die Bahn erhält für inländische Teilstrecken Zuschüsse vom Staat. Für die wirtschaftlich schwierige Situation gibt es mehrere Gründe. Betten, Liegen und sanitäre Anlagen brauchen mehr Platz als Sitzplätze in Tageszügen. Die maximale Zahl der zu verkaufenden Tickets pro Zug ist darum kleiner. Meist kann auch nur ein Ticket pro Bett und Nacht verkauft werden kann, während Tageszüge auf verschiedenen Teilstrecken von mehreren Passagieren benutzt werden.
Während Tageszüge gut und gerne 18 Stunden pro Tag im Einsatz sind, steht ein Nachtzug längere Zeit unproduktiv herum. Und: Für Nachtzüge fallen mehr personalintensive Rangier- und Servicearbeiten an, etwa wenn Züge in der Nacht neu zusammengestellt werden müssen. Kritiker von Nachtzügen, wozu auch der frühere SBB-Chef Benedikt Weibel gehört, stellen zudem die Klimawirkung infrage. Zur Erreichung der Klimaziele würden Nachtzüge nichts beitragen, sagte Weibel dem «Tages-Anzeiger».
Unterstützer der Nachtzüge monieren, dass es sich um eine isolierte Betrachtungsweise handelt. Wer etwa mit dem Nachtzug in die Ferien fahre, nutze oft auch vor Ort den öffentlichen Verkehr und reise vielleicht mit einem Tageszug zurück. Der Nachtzug könne so für das gesamte ÖV-System neue Reisende anlocken. So argumentiert auch SBB-Chef Ducrot.
Eine Hoffnung gibt es, falls der Bund die eigentlich versprochenen Subventionen streichen sollte. Kantone oder Städte, die Interesse an einer guten Nachtzug-Anbindung haben, könnten einspringen. Das Thema beschäftigte bereits mehrere Parlamente.
So stimmte das Berner Kantonsparlament im Jahr 2020 gegen den Willen der Regierungsrat einem Vorstoss zu, wonach der Kanton Bern keine Leistungsvereinbarung mit dem Flughafen Bern abschliessen, sondern einen Investitionsbeitrag von 2 Millionen Franken für neue Nachtzüge einsetzen soll. Allerdings wurde die Forderung nur als Postulat, nicht als verbindliche Motion überwiesen.
In Zürich fordern Politiker, dass die Stadt selbst drei Nachtzug-Kompositionen kauft und diese «zu sehr günstigen Konditionen» an einen Betreiber abgibt. Die Initianten rechnen mit Kosten von insgesamt 60 Millionen Franken.
Das entspreche ungefähr den Einnahmen, welche die Stadt zwischen 2012 und 2022 mit den Dividenden und Zusatzdividenden aus ihrer Beteiligung am Flughafen Zürich erzielt habe. Die Stadtregierung will von der Forderung allerdings nichts wissen, wie sie in ihrer soeben veröffentlichten Antwort bekannt gab. Es fehle eine Rechtsgrundlage, und mit der Abgabe von Kompositionen an einen einzigen Betreiber würde der Wettbewerb verzerrt. Wann die Motion im städtischen Parlament behandelt wird, ist noch nicht klar.
Die SBB gehen derweil auf Tauchstation. Bevor nicht alles «in trockenen Tüchern» sei, könne die Bahn keine Fragen zu den neuen Verbindungen beantworten, sagt ein Sprecher. Wann das der Fall sei, wisse sie noch nicht. (aargauerzeitung.ch)
Oder wie steht es z.B. der finanzielle ROI der F35?