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SVP-Ständerat Schwander demonstriert mit rechtsextremer «Junge Tat»

SVP-Ständerat Pirmin Schwander spricht an einer Demonstation gegen das Bundesasylzentrum Buosingen in der Gemeinde Arth. Die Demonstration wurde vom Aktionsbündnis Urkantone organisiert und von der Ju ...
Pirmin Schwander am Rednerpult am Samstag, 28. September, an einer Kundgebung gegen das Bundesasylzentrum Buosingen in Schwyz.Bild: screenshot instagram (aktionsbündnis urkantone)

SVP-Ständerat demonstriert Seite an Seite mit der rechtsextremen «Jungen Tat»

Die rechtsextreme «Junge Tat» unterwanderte am Samstag eine Demonstration gegen das geplante Bundesasylzentrum Buosingen im Kanton Schwyz. Diese Aktion war absehbar gewesen. Trotzdem trat SVP-Ständerat Pirmin Schwander als Redner neben Plakaten auf, die «Remigration» forderten.
02.10.2024, 12:0113.01.2025, 13:39
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Es sind schockierende Bilder, die Tobias Lingg an diesem Wochenende in einem Video auf Instagram teilte. Der junge Mann ist einer der führenden Köpfe der rechtsextremen Gruppierung «Junge Tat».

Selbstbewusst und mit festem Blick in die Kamera sagt er im Video: «Wir sind hier in Schwyz und werden den lokalen Widerstand gegen das Bundesasylzentrum in Buosingen unterstützen. Wie man es sich von uns gewohnt ist, werden wir ihn [den Widerstand] ästhetisch aufwerten und dem Ganzen eine andere Note verleihen.»

Dieses Video postete die «Junge Tat»:

Video: watson

Diese «andere Note» bedeutet: rechtsextreme Parolen. Das Video zeigt Freiheitstrychler, die ihre Glocken klingen lassen. Junge Menschen – vor allem Männer –, die zusammen «Remigration jetzt» skandieren. Eine Menschenmenge, die eine Demonstration mit Transparenten anführt, auf denen steht: «Wir fordern Remigration! Nein zum Bundesasylzentrum!», «Abschieben rettet Leben!», «Schweiz zuerst!»

Junge Tat skandiert in Schwyz für Remigration
Ausschnitt aus dem Video der rechtsextremen «Jungen Tat» von der Kundgebung.Bild: screenshot instagram

Über 250 Likes erntete der Post mit dem Video. Darunter schrieb Lingg: «Trotz des Regens sind rund 40 Aktivisten und Sympathisanten der ‹Jungen Tat› in Schwyz zusammengekommen, um den lokalen Widerstand gegen das Bundesasylheim zu unterstützen. Wir, die Schweizer Jugend, fordern das Einzige, was unsere Zukunft retten kann: Remigration!» Vor und hinter das Wort «Remigration» hat Lingg zwei Flugzeug-Emojis eingefügt.

Zum Begriff «Remigration»
«Remigration» kommt ursprünglich aus der Geschichtswissenschaft. Im Zusammenhang mit Migrationsströmen nutzten Historikerinnen und Historiker den Begriff, um die Rückkehr von Migrierten in ihre einstige Heimat zu beschreiben. Inzwischen haben sich Rechtsextreme in Europa den Begriff angeeignet.
Wenn Rechtsextreme «Remigration» fordern, meinen sie damit die Deportation von Millionen von Menschen, wie der deutsche Extremismus- und Terrorismusforscher Felix Neumann in einem Interview mit watson erklärte. Welche Personen aus Sicht der Rechtsextremen deportiert werden sollen, basiert auf rassistischen, antisemitischen und islamfeindlichen Weltanschauungen.

Aufgenommen hat die «Junge Tat» das Video diesen Samstag an einer Demonstration in Schwyz, an der laut Kantonspolizei 250 Personen teilnahmen. Inmitten der Rechtsextremen und der «Remigration!»-Schilder befand sich auch ein Politiker von nationaler Bedeutung: der Schwyzer SVP-Ständerat Pirmin Schwander.

Nähe zu Corona-Massnahmen-Kritikern

Pirmin Schwander gelang 2023 der Sprung vom National- in den Ständerat. Zu verdanken haben könnte er dies unter anderem dem «Aktionsbündnis Urkantone». Diese Gruppierung ist 2020 aus Corona-Massnahmen-Gegnerinnen und -Gegnern erwachsen. Während der Pandemie trat Schwander immer wieder als Redner an Demonstrationen des «Aktionsbündnis Urkantone» auf. Das verschaffte ihm in der Szene Bekannt- und Beliebtheit.

Nationalrat Pirmin Schwander klagt an einer Versammlung gegen die Corona Massnahmen von Bund und Kanton am Samstag, 21. November 2020 in Lachen. (KEYSTONE/Ennio Leanza).
Pirmin Schwander sprach am 21. November 2020 an einer Versammlung gegen die «Corona-Diktatur» in Lachen (SZ), genauso wie der Satiriker Andreas Thiel, der den AfD-nahen Radiosender «Kontrafunk» betreibt.Bild: KEYSTONE

Seine Nähe zum «Aktionsbündnis Urkantone» behielt Schwander seither bei. Dies zeigte sich auch am vergangenen Samstag.

Nicht die «Junge Tat», sondern das «Aktionsbündnis Urkantone» rief zur Demonstration auf. Weil die Gemeinde Arth, der Bund und die Kantonsregierung – in der sich auch drei SVP-Vertreter befinden – beschlossen hatten, dass in Buosingen auf einem verlassenen Campingplatz ein Bundesasylzentrum entstehen soll. Als Redner kündigte das «Aktionsbündnis Urkantone» Pirmin Schwander an.

Wie der Bote der Urschweiz berichtete, war Schwander der einzige bekannte SVP-Politiker an der Kundgebung am Samstag. Andere SVP-Mitglieder hätten sich wohl an die Weisung der Schwyzer Parteileitung gehalten.

Pirmin Schwander, SVP-SZ, spricht zur Initiative "Fuer Freiheit und koerperliche Unversehrtheit" an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 31. Mai 2023 im Nationalrat in  ...
Pirmin Schwander sass bereits 20 Jahre für den Kanton Schwyz im Nationalrat, als ihn das Stimmvolk 2023 in den Ständerat wählte.Bild: KEYSTONE

Die SVP Schwyz hat zwar selbst im August bekannt gegeben, eine Initiative gegen Asylzentren im Kanton zu lancieren. In dieser fordert sie «eine gesetzliche Verankerung des Grundsatzes, dass sich der Kanton Schwyz im Rahmen der Konsultation nach Asylgesetz zur Erstellung von Bundesasylzentren ablehnend zu äussern hat». SVP-Schwyz-Präsident und Nationalrat Roman Bürgi stellte im Voraus allerdings klar, dass seine Fraktion nichts mit der Demonstration vom Samstag zu tun hat.

Diese Distanz wahrte die SVP Schwyz wohl aus gutem Grund. Denn: Dass die «Junge Tat» die Demonstration unterwandern wollte, dafür gab es bereits im Vorfeld klare Anzeichen.

Vorangehende Störaktionen der «Jungen Tat»

Im Februar fanden die Anwohnerinnen und Anwohner von Arth aussergewöhnliche Flyer in ihren Briefkästen, wie 20 Minuten berichtete. Diese erweckten den Eindruck, von der Gemeinde verteilt worden zu sein. Der Titel: «Das neue Bundesasylzentrum Arth-Goldau».

Auf den Flyern zu lesen waren Sätze wie: «Die Gemeinde verkündet mit vollem Stolz, 2024 den ersten Spatenstich für das neue Bundesasylzentrum in Ihrer Nähe zu setzen.» Eine Aussage, die nicht stimmt. Der Bau des Asylzentrums für auszuweisende Asylsuchende in Buosingen hat noch gar nicht begonnen.

Doch um die Wahrheit ging es den Urhebern der Flyer nicht. Sondern darum, die Menschen zu verunsichern. So war auf dem Flyer auch zu lesen: «Durch den hohen Anteil an Muslimen bei den Migrant*innen, werden wir schon bald den Islam als Religion des Friedens bei uns begrüssen dürfen.»

Der Flyer rief die Leserinnen und Leser dazu auf, sich mit ihrem Feedback bei der Gemeindeverwaltung zu melden. Per Telefon, E-Mail oder gleich mit einem «persönlichen Besuch». Die Aktion sorgte in Arth für Unruhe. Im April bekannte sich die «Junge Tat» dazu, ihn verfasst zu haben. Die Flyer seien Teil ihrer Kampagne «Vision Remigration».

Junge Tat skandiert in Schwyz für Remigration
Auch am Samstag machte die «Junge Tat» Werbung für ihre Kampagne.Bild: screenshot instagram

Zu dieser Kampagne gehören auch andere Störaktionen im Zusammenhang mit dem geplanten Bundesasylzentrum in Buosingen. So kaperten Anhänger der «Jungen Tat» im April eine Informationsveranstaltung der Gemeinde Arth und des Staatssekretariats für Migration (SEM).

Der Anlass war eigentlich zur Klärung von Fragen aus der lokalen Bevölkerung vorgesehen gewesen. Doch mitten in der Veranstaltung lief gemäss Schilderungen vom Bote der Urschweiz ein junger Mann nach vorne, zur SEM-Vorsteherin Christine Schraner Burgener, und überreichte ihr einen «Pokal». Genauer: einen Gesslerhut.

Diese Geste könnte man als Anspielung auf die Legende von Wilhelm Tell verstehen. In Friedrich Schillers Erzählung zwingt der Habsburger Vogt Gessler das Volk dazu, seinen aufgestellten Hut zu grüssen. Ähnliche Aktionen gab es auch unter den Nationalsozialisten. So liess der SA-Kommandeur Hermann Göring im Konzentrationslager Dachau eine Art Gesslerhut errichten, dem Häftlinge beim Vorbeimarschieren mit dem Hitlergruss salutieren mussten.

Den meisten Leuten an der Infoveranstaltung wird diese Verbindung wohl nicht klar gewesen sein. Ebenso wenig, dass gerade Mitglieder einer Gruppierung das Wort ergriffen, die es im jüngsten Sicherheitsbericht des Bundes in die Kategorie «Rechtsextremismus» geschafft hat. Die Anhänger der «Jungen Tat» ernteten für ihre Aktion Applaus und Gejohle.

Kein Kommentar von Schwander und SVP

Dass die «Junge Tat» die Demonstration des «Aktionsbündnis Urkantone» am Samstag unterwandern würde, darauf hätte man also kommen können. Auf seinem Instagram-Kanal distanziert sich das «Aktionsbündnis Urkantone» jedoch nicht von den Rechtsextremen. Stattdessen postete es feierlich einen Zusammenschnitt aus Bildern und Videos der Demonstration.

Auf diesen zu sehen sind eindeutig auch die Transparente der «Jungen Tat», die «Remigration» fordern, sowie SVP-Nationalrat Pirmin Schwander, wie er auf der Bühne ins Mikrofon spricht.

watson hat sowohl Schwander als auch Nationalrat Roman Bürgi, der die SVP Schwyz präsidiert, mit der Frage konfrontiert, weshalb ein Schwyzer SVP-Ständerat an einer Kundgebung teilnimmt, an der er Seite an Seite mit Rechtsextremen demonstriert. Bis Redaktionsschluss hat keiner der beiden dazu Stellung genommen.

Der Schwyzer Nationalratskandidat, Roman Buergi posiert dem Fotografen anlaesslich einer Delegiertenversammlung der SVP vom Samstag, 1. Juli 2023 in Kuessnacht am Rigi. (KEYSTONE/Urs Flueeler).
Roman Bürgi, Nationalrat und Präsident der SVP Schwyz, distanzierte sich in der Vergangenheit nicht klar von Rechtsextremen.Bild: KEYSTONE

Roman Bürgi hat in der Vergangenheit allerdings Sympathie mit der «Jungen Tat» geäussert. Im Mai sagte er gegenüber SRF, dass er es «lustig» gefunden habe, dass die «Junge Tat» die Infoveranstaltung der Gemeinde Arth im April gestört habe. Weiter sagte er wörtlich: «Ich fand das eine gute Sache. Es ist eine Auflockerung in dieser ernsten Veranstaltung. Es hat in diesem Moment keiner gewusst, wer da spricht.» Nach Kritik krebste Bürgi zurück und betonte, dass das Wort «Remigration» nicht in seinem Wortschatz existiere.

Auch den SVP-Präsidenten und Schwyzer Nationalrat Marcel Dettling hat watson um eine Stellungnahme gebeten, bis Redaktionsschluss allerdings nicht erhalten. Im März hat er sich von den Forderungen der «Jungen Tat» nach «Remigration» distanziert. Zu 20 Minuten sagte Dettling: «Den Begriff Remigration verwende ich nicht und er hat keinen Platz in unserem Programm.»

Parteipraesident Marcel Dettling, SZ, spricht zu den Delegierten, an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz, am Samstag, 17. August 2024 in Leuk. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Der Schwyzer Nationalrat und Bauer Marcel Dettling ist seit Frühling Präsident der SVP.Bild: keystone

Anlass für dieses Statement war damals ein Video, das das «Aktionsbündnis Urkantone» auf Instagram teilte, um abermals gegen das geplante Bundesasylzentrum in Buosingen zu mobilisieren. Darin zu sehen ist unter anderem ein Plakat, auf dem zu lesen ist: «Wir fordern Remigration. Nein zum Bundesasylzentrum.» In demselben Video kommt ein Schwyzer SVP-Mitglied sehr prominent vor: Patrick Aschwanden, Gemeinderat von Lauerz.

Patrick Aschwander im Video des Aktionsbündnis Urkantone.
Patrick Aschwander im Video des Aktionsbündnis Urkantone.Bild: screenshot instagram

In die linke Ecke des Videos hat das «Aktionsbündnis Urkantone» zudem das Parteilogo der SVP eingefügt. Ganz zum Missfallen Dettlings: «Das Parteilogo im entsprechenden Video wurde ohne Bewilligung gebraucht, davon distanziere ich mich.» Das Video samt SVP-Parteilogo findet sich allerdings nach wie vor auf dem Instagram-Profil des «Aktionsbündnis Urkantone».

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273 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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inVain
02.10.2024 12:25registriert Mai 2017
Was mir am meisten Angst macht: Bis vor ein paar Jahren wäre ein solcher Auftritt Seite an Seite mit Rechtsextremen ein Grund gewesen für einen sofortigen Rücktritt aus allen politischen Ämtern. Heutzutage wirkt dies schon so normalisiert. Und trotzdem wird von rechts gejammert, dass man ja nichts mehr sagen dürfe. So verschiebt sich der Diskurs komplett nach rechts. Juhee!
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Mocking Bert
02.10.2024 12:12registriert Februar 2022
Die Junge Tat passt halt mir ihrem Weltbild ins SVP Konzept. Feindbild schaffen, Ängste schüren um damit Politik für die reichsten 10% zu machen.

Scheinbar haben das fast 30% der Wählenden immer noch nicht begriffen.
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Chuchichäschtli
02.10.2024 12:31registriert März 2022
Warum von etwas distanzieren was ja schon lange offensichtlich ist?
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