Angekündigt hatte der SP-Präsident sein Gesprächsangebot in Sachen Rahmenabkommen (InstA) schon vor zehn Tagen. «Ich mache konkret der FDP und der CVP das Angebot: Reden wir zusammen!», sagte Christian Levrat im «Tages-Anzeiger». Er suchte damit einen Befreiungsschlag, nachdem die SP wegen ihrer kritischen Haltung zum InstA zunehmend unter Druck geraten war. Vor allem, nachdem Ex-Nationalrätin Chantal Galladé zur GLP gewechselt hatte und die FDP Ja zum Rahmenabkommen sagte.
Am Dienstagmorgen war es dann soweit. Christian Levrat unterbreitete seiner Präsidenten-Kollegin der FDP und dem Kollegen der CVP in der Session ein konkretes Angebot: Die drei Parteien der früheren Europa-Koalition arbeiten gemeinsam einen Fragenkatalog an die Regierung aus.
Levrat bestätigt dies. «Das würde Sinn machen. Es geht dabei um reale Fragen, die wir auch im Verlaufe einer Abstimmungs-Kampagne werden beantworten müssen», sagt er. «Es geht nicht um politisch gefärbte Fragen.»
Der SP-Präsident hält fest, dass er aber auch damit leben könnte, wenn die drei Parteien ihre Fragen getrennt dem Bundesrat unterbreiteten. „Damit wird einfach das Risiko grösser, dass wir blinde Flecken haben."
CVP signalisiert EinverständnisBei CVP-Präsident Gerhard Pfister stossen Levrats Avancen auf positives Echo. Er stehe in Kontakt mit anderen Präsidenten in Sachen Rahmenabkommen, sagt er. «Dabei wurde auch die Sache mit möglichen gemeinsamen Fragen besprochen.» Die CVP, die ein «Ja, aber» vertritt gegenüber dem InstA, habe noch in vielen Punkten Klärungsbedarf.
Pfister: „Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass sich die Parteien des bilateralen Wegs auf die Erarbeitung von gemeinsamen offenen und zu diskutierenden Punkten einigen, und deren Klärung vom Bundesrat einfordern.« Die gemeinsamen Fragen seien nicht für die Konsultation des Bundesrats mit den Parteien gedacht, die am Montag stattfindet. „Die Parteien haben bis Ende März Zeit», sagt Pfister, „dem Bundesrat ihre schriftlichen Stellungnahmen abzugeben.“
Auf wenig Gegenliebe stösst Levrats Idee hingegen bei FDP-Präsidentin Petra Gössi. «Die FDP war immer gesprächsbereit, wäre längst an einen runden Tisch gesessen», sagt sie in einem Interview mit der «Schweiz am Wochenende», das am Samstag erscheint.
Die SP solle zuerst «intern aufräumen und ihre Position klären», bevor Gespräche stattfänden. «Wir wollen wissen, wo sie steht», sagt FDP-Präsidentin Gössi.
Atmosphärische Störungen zwischen SP und FDP scheinen bei dieser Absage eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen. Die SP macht die FDP mit Aussenminister Ignazio Cassis und Alt-Bundesrat Johann Schneider-Ammann verantwortlich für die verworrene Situation um das Rahmenabkommen.
«Die FDP ändert ihre Meinung alle paar Monate», sagte Levrat im «Tages-Anzeiger». «Das ist auch logisch, denn ihre Bundesräte haben den ganzen Schlamassel verursacht.» Die FDP ihrerseits ist sauer über die Dauerattacken von Levrat auf ihre Bundesräte.
Die Grünen hingegen werden ihre Fragen mit Sicherheit eigenständig einreichen. Präsidentin Regula Rytz ist in fast täglichem mit den Grünen in Brüssel. Sie sprach auch mehrere Stunden mit Reinhard Bütikofer, Mitglied des europäischen Parlaments und Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei, um sich ein besseres Bild zu den Problemen um das Rahmenabkommen zu verschaffen. „Wir reichen einen Katalog mit ungefähr 20 Fragen ein“, sagt Rytz. „Und wir Grünen fordern Nachverhandlungen.“
Die Grünen-Präsidentin kann nicht verstehen, dass die FDP praktisch vorbehaltlos Ja sagt zum Abkommen. «Mit ihrem bedingungslosen ‹Ja aus Vernunft› gefährdet die FDP den bilateralen Weg», sagt Rytz. «Kommt es zur Abstimmung, müssen die Parteien sagen können, dass sie alles Menschenmögliche versucht haben, um das Maximum herauszuholen. Alles andere ist verantwortungslos.»
Rytz nimmt vor allem den Bundesrat in die Pflicht. «Wir fordern ihn auf, endlich Klarheit zu schaffen.» Bei den Grünen drängt man darauf, dass sich die Regierung in den europäischen Hauptstädten wie Berlin, Paris und Rom für Verbesserungen beim Rahmenabkommen stark macht. «Dort wird die Politik der EU gemacht», sagt Rytz.
Sie fragt sich, ob der Bundesrat den Nachbarländern auch aufzeigt, was auf dem Spiel steht, sollte das Rahmenabkommen scheitern. «Es würde die antieuropäischen Kräfte stärken und die Personenfreizügigkeit gefährden», betont die Präsidentin der Grünen. «Das ist doch der Kern der Diskussion.»
Regula Rytz hegt Zweifel, was die Rolle des Bundesrats betrifft. Am Montag finden ab 11 Uhr bis über den Mittag die Konsultationen der Regierung mit den Parteien in Fraktionsstärke statt. Mit von der Partie sind Bundespräsident Ueli Maurer (SVP), Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP).
Rytz: «Das Dossier ist sozusagen in den Händen der SVP», moniert Regula Rytz – und hält fest: «Wir können nicht erwarten, dass dieses Trio in Brüssel ohne Druck des Parlaments noch etwas herausholt.»